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- 5 Literatur und Medien
- 5.2 Abriss der Literaturgeschichte
- 5.2.3 Literatur des Barock
- Regelpoetik des deutschen Barock
MARTIN OPITZ (1597–1639) reformierte die deutschsprachige Literatur mit seiner Regelpoetik des deutschen Barock grundlegend. Über ein Jahrhundert hinweg war er der einflussreichste Dichtungstheoretiker im Land. Erst GOTTSCHED und später LESSING hatten einen ähnlichen Einfluss auf die Dichtungstheorie. In OPITZ’ Tradition standen auch seine Zeitgenossen, die ebenfalls Poetiken schrieben:
GEORG PHILIPP HARSDÖRFFER (1607–1658), Poetischer Trichter, die teutsche Dicht- u. Reimkunst ohne Behuf der ist. Sprache in 6 Stunden einzugießen, 3 Bde., 1648-53; SIGMUND VON BIRKEN (1626–1681) Teutsche Rede-bind- und Dicht-Kunst, Poetik, 1679 Die Bedeutung MARTIN OPITZ’ in seiner Zeit aber mag ein Gedicht von SIMON DACH (1605– 1659) verdeutlichen:
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Nach dem Vorbild des italienischen Dichtungstheoretikers JULIUS CAESAR SCALIGER (1484–1558) schuf OPITZ sein „ Buch von der Deutschen Poeterey “, wobei er dessen Erkenntnisse auf die deutsche Sprache projizierte.
Zwei Schwerpunkte sind dabei von besonderem Interesse:
OPITZ lehnte den sogenannten unreinen Reim ab. Auch sollten keine unschönen Wortverkürzungen im Gedicht auftreten. Als Reim fasste er den Wortgleichklang von der letzten betonten Silbe an auf. Dabei ging er vom Hochdeutschen als Ideal aus, wissend, dass die Muttersprache sich keineswegs in allen Landesteilen nach dem Meißnerischen orientierte.
OPITZ grenzt die deutsche Sprache vom Griechischen und vom Lateinischen ab. Für ihn gibt es keine langen und kurzen Sprechsilben, sondern zwei Akzente , danach unterscheidet er, „welche sylbe hoch vnnd welche niedrig“ ist. Diesem Gedanken weist er die Versfüße zu, wobei er auch hier nur den Jambus und den Trochäus gelten lässt:
„Nachmals ist auch ein jeder verß entweder ein iambicus oder trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grösse der sylben können inn acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen / welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzet soll werden.“
(Opitz, Martin: Jugendschriften vor 1619. Faksimileausgabe des Janus Gruter gewidmeten Sammelbandes mit den handschriftlichen Ergänzungen und Berichtigungen des Verfassers. Stuttgart 1970; S. 84)
Das heißt, dass es nur alternierende, also regelmäßig hebende und senkende Sprechsilben gibt. Damit ist er der erste Deutsche, der den Charakter der Sprache als alternierendes akzentuierendes System erkannte. Dieses nennt man auch prosodisches System (von Prosodie, griech.: pros und ode = eigentlich das Hinzugesungene, Zugesang, meint Wortakzent, Silbenbetonung).
OPITZ beschäftigte sich nicht nur mit der Lyrik, sondern wies auch der Dramatik ihre Regeln zu. Tragödie ist für ihn:
„Die Tragedie ist an der maiestet dem Heroischen getichte gemeße / ohne das sie selten leidet / das man geringen standes personen vnd schlechte sachen einführe: weil sie nur von Königlichem willen / Todtschlägen / verzweiffelungen / Kinder- vnd Vatermorden / brande / blutschanden / kriege vnd auffruhr / klagen / heulen / seuffzen vnd dergleichen handelt. Vor derer zugehör schreibet vornehmlich Aristoteles / vnd etwas weitleufftiger Daniel Heinsius; die man lesen kan.“
(Martin Opitz: Buch von der Deutschen Poeterey. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1966)
Dagegen besteht die Komödie
„in schlechtem wesen vnnd personen: redet von hochzeiten / gastgeboten / spielen / betrug vnd schalckheit der knechte / ruhmrätigen Landtsknechten / buhlersachen/ leichtfertigkeit der jugend / geitze des alters / kupplerey vnd solchen sachen / die täglich vnter gemeinen Leuten vorlauffen. Haben derowegen die / welche heutiges tages Comedien geschrieben / weit geirret / die Keyser vnd Potentaten eingeführet; weil solches den regeln der Comedien schnurstracks zuewieder laufft.“
(ebenda)
OPITZ übernimmt also im Wesentlichen die Regelpoetik des ARISTOTELES.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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