Die Geschichte Großbritanniens

Kelten, Römer und Angelsachsen

Ab 900 v. Chr. besiedelten Stämme der Kelten von Frankreich aus die Britischen Inseln. Nach heftigem Widerstand der Kelten eroberten dann römische Legionen Großbritannien. Sie gründeten die römische Provinz Britannia, die England, Wales und den Süden Schottlands umfasste. Nach Norden begrenzten die Römer die eroberten Gebiete durch den noch heute sichtbaren Hadrianswall. Nachdem die Römer ihre Provinz im 5. Jahrhundert aufgegeben hatten, gründeten eingewanderte Angelsachsen im 10. Jahrhundert die ersten englischen Königreiche.

Normannen und die ersten englischen Dynastien

Im Jahre 1066 landete der normannische Herzog WILHELM mit seinem Heer in England. In der Schlacht bei Hastings schlug er die Angelsachsen und ließ sich als WILHELM DER EROBERER zum englischen König krönen. Nach dem Aussterben der normannischen Dynastie regierten bis ins 15. Jahrhundert englische Herrscherdynastien, u. a. das Haus Lancaster, auf dem Königsthron.

Im 13. Jahrhundert setzte die Parlamentisierung ein, als der Adel den König in der Magna Charta libertatum zur Anerkennung adliger Rechte zwang. Dazu gehörten z. B. die Mitsprache bei der Steuerfestlegung, größere Freiheiten für die Städte und die Einschränkung der königlichen Rechtsprechung. Eine Kopie der Magna Charta befindet sich in der im 14. Jahrhundert fertiggestellten Kathedrale von Salisbury.
Als Organ der Mitsprache des Adels, der Geistlichkeit und der reichen Bürgerschaft entstand im 14. Jahrhundert das Parlament mit seinen beiden noch heute existierenden Kammern:

  • Dem Oberhaus (House of Lords) gehörten Vertreter des Adels und der Geistlichkeit an.
  • Im Unterhaus (House of Commons) saßen die Vertreter der Grafschaften und Städte.

Die Parlamentarisierung stärkte das Königreich England und seine Expansionsbestrebungen auf dem europäischen Festland. Im Hundertjährigen Krieg setzte sich England ab 1337 mit Frankreich auseinander. Nach anfängliche Erfolgen ging jedoch der gesamte Kolonialbesitz der englischen Krone an Frankreich verloren. Diese Niederlage führte Ende des 15. Jahrhunderts in England zum Ausbruch eines Bürgerkriegs. Aus den so genannten Rosenkriegen, in denen mehrere Adelshäuser um die Krone stritten, ging das Geschlecht der Tudor siegreich hervor.

Religiöse Konflikte und Sturz der Monarchie

König HEINRICH VIII. aus dem Hause Tudor führte mehrere Kriege zur endgültigen Unterwerfung Schottlands und Irlands. Als er wegen der Scheidung von einer seiner Frauen in Konflikt mit der römisch-katholischen Kirche geriet, gründete HEINRICH 1534 die anglikanische Kirche und ernannte sich zu deren Oberhaupt. Mit den Reichtümern der Kirche finanzierte er seine Feldzüge. Die Loslösung von Rom hatte besonders den Konflikt mit dem katholischen Spanien, der stärksten Großmacht im 16. Jahrhundert, verschärft. Die Spanier scheiterten 1588 beim Versuch, mit ihrer Großen Armada auf den Britischen Inseln zu landen.

HEINRICH VIII. von England (1509 bis 1547) – Gemälde von HANS HOLBEIN dem Jüngeren.

HEINRICH VIII. von England (1509 bis 1547) – Gemälde von HANS HOLBEIN dem Jüngeren.

Die Geschichte Großbritanniens - Gemälde Heinrich VII.

Die Vernichtung der spanischen Flotte leitete zugleich den Aufstieg Englands zur Seemacht ein, der besonders von ELISABETH I. (1558–1603), einer Tochter HEINRICHS, forciert wurde. In diese Zeit fällt auch die Gründung der ersten englischen Siedlung in Nordamerika. Nach dem Tod ELISABETHS erbte das schottisch-katholische Haus Stuart den Thron. Die Stuarts versuchten, den Einfluss des Parlamentes zurückzudrängen und lösten dadurch einen Bürgerkrieg aus.
Den Sieg trugen die Parlamentsanhänger unter OLIVER CROMWELL davon. Sie beseitigten 1646 mit der Hinrichtung des Königs KARL I. erstmals die Monarchie in Großbritannien.

Aufstieg Großbritanniens zur Großmacht

Die Spannungen zwischen den Verfechtern des Parlamentarismus und der englischen Krone wurden 1688 endgültig in der Glorious Revolution beigelegt. Das Parlament erklärte den König für abgesetzt und erließ u. a. mit der Bill of Rights neue Gesetze. Diese schrieben wichtige Grundrechte fest, z. B. die Presse- und Meinungsfreiheit, die freie Wahl des Parlaments und die Unabhängigkeit der Justiz. Damit wurde zugleich der Wandel zur konstitutionellen Monarchie eingeläutet. Im Jahr 1707 vereinigten sich zudem die Parlamente von England und Schottland. Der neue Staat hieß fortan Großbritannien.

Erneute Auseinandersetzungen mit der konkurrierenden Großmacht Frankreich prägten die britische Geschichte des 18. Jahrhunderts:
Der Sieg über Frankreich im Siebenjährigen Krieg zwischen 1756 und 1763 festigte die Vorherrschaft auf den Weltmeeren und allen Kontinenten. Frankreich musste seine Kolonien in Nordamerika abtreten und die Vorrangstellung Großbritanniens in Indien anerkennen. Indien wurde zur wichtigsten Kolonie, nachdem die britischen Kolonien in Nordamerika im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775–1783) ihre Freiheit errungen hatten.

Die letzten Waffengänge zwischen Großbritannien und Frankreich brachen nach der Französischen Revolution aus. Ab 1792 eroberten die französischen Revolutionsheere unter NAPOLEON große Teile Europas und brachten Großbritannien in erhebliche Bedrängnis. Im Bündnis mit Preußen und Österreich gelang es den Briten jedoch, die Gefahr abzuwenden und Frankreich niederzuwerfen.

ELISABETH I. von England (1533 bis 1603)

ELISABETH I. von England (1533 bis 1603)

Geschichte Großbritanniens - Gemälde Elisabeth I.

Industrielle Revolution, Weltmachtstellung und soziale Probleme

Schon im 18. Jahrhundert hatte in Großbritannien die industrielle Revolution begonnen. Eine Vielzahl von Erfindungen und Neuerungen hatten das Land zur „Werkstatt der Welt“ gemacht. In Verbindung mit der Vormachtstellung zur See und dem gewaltigen Kolonialbesitz entwickelte sich Großbritannien im 19. Jahrhundert zur führenden Militärmacht und Handelsnation der Welt. Die Kriegsschiffe der übermächtigen britischen Flotte waren auf allen Weltmeeren präsent. Immer weitere Kolonien in Afrika und Asien fungierten als Rohstofflieferanten und Absatzmärkte für die stürmisch wachsende britische Industrie.

Die Insellage Großbritanniens war in Verbindung mit seiner Stellung als Seemacht Garant gegen militärische Bedrohungen. Deshalb musste das Land auch zunächst keine Bündnisse mit anderen Großmächten eingehen. Diese Situation änderte sich erst, als das Deutsche Kaiserreich an der Schwelle zum 20. Jahrhundert mit dem Bau einer mächtigen Kriegsflotte die britische Vormachtstellung auf See erschüttern wollte. Großbritannien ging von da an Bündnisse mit Japan (1902), Frankreich (1904) und Russland (1907) ein.

In Großbritannien selbst waren mit der Industrialisierung erhebliche soziale Konflikte entstanden. Hauptursachen waren die menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen der Masse der Industriearbeiter. Die Arbeiter organisierten sich in mächtigen Gewerkschaften und fanden politische Fürsprecher. Als 1905 die bürgerliche Partei der Liberalen die Parlamentswahlen gewann, setzte auch in Großbritannien eine umfangreiche Sozial- und Arbeitsschutzgesetzgebung ein.

Die Zeit der Weltkriege und die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kolonien
Erster Weltkrieg

Großbritannien trat 1914 an der Seite seiner Verbündeten Russland und Frankreich in den Ersten Weltkrieg ein. Mit Unterstützung der USA konnte dieser Krieg gegen Deutschland und Österreich-Ungarn vier Jahre später gewonnen werden. Großbritannien ging gestärkt aus dem Krieg hervor. So ging ein Teil der deutschen Kolonien in Afrika und Asien in britischen Besitz über. Auch für Teile des auseinander gebrochenen Osmanischen Reichs wurde die Verwaltung übernommen. Damit erreichte die Ausdehnung des British Empire ihren Höhepunkt. Die Flagge Großbritanniens (Union Jack) wehte über einem Viertel der Landmasse der Erde.

Nach dem Ersten Weltkrieg erstarkten aber auch die Unabhängigkeitsbewegungen. So erlangte Irland nach jahrhundertelanger englischer Herrschaft 1921/22 seine Unabhängigkeit. Nur seine nördlichste Provinz Ulster verblieb unter britischer Herrschaft. Großbritannien reagierte auf die wachsenden Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Kolonien mit dem Westminster-Statut von 1931. Dieses leitete die Umwandlung des British Empire in den Commonwealth of Nations ein.

Zweiter Weltkrieg

In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts unterschätzte die britische Regierung zunächst die Gefahr für den Weltfrieden, die vom Nationalsozialismus in Deutschland ausging. Unter Premierminister CHAMBERLAIN (1937–1940) verfolgte sie eine Politik des Appeasement (Beschwichtigung).

Selbst nach Kriegsbeginn blieb man zunächst passiv und beschränkte sich mit dem verbündeten Frankreich auf den passiven „Sitzkrieg“. Erst unter WINSTON CHURCHILL bildete Großbritannien gemeinsam mit der UdSSR, den USA und der französischen Exilregierung den Kern der Antihitlerkoalition, die Deutschland und seine Verbündeten bezwang.

Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschleunigte sich die Auflösung des britischen Kolonialreichs. Im Jahre 1947 erlangte Indien, die wichtigste britische Kolonie, seine Unabhängigkeit. Bis 1963 musste auch den meisten kolonialen Besitzungen in Afrika die Unabhängigkeit gewährt werden. Allein 1962, im so genannten „Afrikanischen Jahr“, erhielten der Sudan, Ghana, Nigeria, Somalia, Tansania, Uganda, Kenia und Sierra Leone die staatliche Souveränität. Die Entkolonialisierung setzte sich, u. a. 1997 mit Hongkong, bis in die jüngste Vergangenheit fort.

Durch die Auflösung des Empire erlitt die Wirtschaftsmacht Großbritannien erhebliche Einbrüche. Die Verluste wichtiger Rohstoffquellen und Absatzmärkte in den ehemaligen Kolonien konnten auch durch den Beitritt zur EG nicht ausgeglichen werden. Die britische Wirtschaft rutschte bis in die siebziger Jahre in eine permanente Wirtschaftskrise ab.

An der Regierung lösten die politischen Hauptkräfte, die Labour Party und die konservativen Tories, einander ab. Unterschiedliche Rezepte sollten die Krise bewältigen:

  • Die der Arbeiterschaft näher stehende Labour Party versuchte der Wirtschaftskrise durch Verstaatlichungen und staatliche Wirtschaftslenkung Herr zu werden.
  • Die bürgerlichen Tories wiederum setzten auf Marktwirtschaft, reduzierten die Sozialausgaben und suchten die Gewerkschaften zurückzudrängen.

Unter der Premierministerin MARGARET THATCHER erreichte die konservative Politik ihren Höhepunkt. THATCHER verfolgte eine harte Linie gegen die Gewerkschaften, führte 1982 Krieg gegen Argentinien um die Falklandinseln und vertrat eine reservierte Haltung gegenüber der europäischen Einigung. Das trug ihr den Beinamen „Eiserne Lady“ ein.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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