Ästhetik

BAUMGARTEN bezeichnete die Ästhetik als Wissenschaft sinnlicher Erkenntnis und rechnete sie als dem der Vernunft analogen Denken zu. Er behauptete, dass die ungeordneten Sinneseindrücke durch die Ästhetik zur Wahrheit würden und erst die Vervollkommnung der sinnlichen Erkenntnis wäre Schönheit. Dazu müssten die Ordnung der Dinge und die Ordnung der Zeichen (in den Gedanken) übereinstimmen.

BAUMGARTEN unterschied deshalb zwischen

  • angeborener Ästhetik (Sinneswahrnehmungen, Phantasievermögen, natürliche Veranlagung Gedächtnis, dichterische Anlage, Veranlagung zum guten Geschmack, seherische Fähigkeiten)
  • erworbener Ästhetik (Training der angeborenen Fähigkeiten).

BAUMGARTEN hat bei seinen Zeitgenossen einen bleibenden Eindruck hinterlassen JOHANN WILHELM LUDWIG GLEIM widmete ihm sogar ein Gedicht:

An Alexander Gottlieb Baumgarten.

Lehrer, der mit Licht und Leben
Und mit freundlichen Beweisen
Tugend, Witz und Wahrheit stiftet,
O, wie stark sind deine Lehren! –
Zweifler sah' ich ohne Schlüsse,
Wahrheitsspötter ohne Galle,
Wahrheitsfeinde ohne Waffen:
Welche Siege deiner Lehren! –
O, wie schafft man seinen Worten
Solche Kräfte, solchen Segen?
Weiser, wenn du mich es lehrest,
Dann so will ich alle Mädchen,
Mich zu lieben, wohl noch zwingen!

Während BAUMGARTEN unter Ästhetik das Schöne, Vollkommene verstand,

„Das Ziel der Ästhetik ist die Vollkommenheit der sinnlichen Erkenntnis als solcher. Entsprechend ist die Unvollkommenheit der sinnlichen Erkenntnis, gemeint ist die Häßlichkeit zu meiden.“

führten die Romantiker die Ästhetik des Hässlichen ein.

FRIEDRICH SCHLEGEL plädierte in der frühromantischen Zeitschrift „Athenäum“ gegen die klassische Formel vom „Guten, Wahren, Schönen“ und schrieb, wenn die Kunst die „absolute Anschauung“ vermittle, dann könne ihr Feld nicht nur die Schönheit sein, denn das Absolute schließe auch den Gegenentwurf ein, das Böse, das Schlechte, das Unvollkommene, Torsohafte, Ruinöse, mit einem Wort: das Hässliche.

SCHLEGEL trat für eine „Ästhetik der Ehrlichkeit“ ein. Die „Interessantheit“ und die „interessant machende“ Hässlichkeit wurden so zu wichtigen ästhetischen Leitideen neben der Phantasie. In diesem Sinne kann man die Frühromantik avantgardistisch nennen und ihre Ästhetik als modern.

Auch spätere Theoretiker und Schriftsteller beschäftigten sich mit diesen avantgardistischen Haltungen.

KARL ROSENKRANZ begründete die „Ästhetik des Hässlichen“ in seiner gleichnamigen Arbeit von 1853:

„Das Unvollkommene im positiven Sinn entbehrt nur der weiteren Gestaltung, sich ganz als das zu zeigen, was es an sich schon ist.“ Aufgabe der Kunst sei es: „... uns das Häßliche in der ganzen Schärfe seines Unwesens vorzuführen,...“

Die Gattungen der Kunst werden von ROSENKRANZ in einer Art Werteskala betrachtet: Die Poesie wird von ihm zur höchsten Gattung gerechnet. Die restlichen Gattungen sind Musik, Malerei, Skulptur und zuletzt Architektur.

Die Ästhetik ist die Theorie der sinnlichen Wahrnehmung und befasst sich mit dem subjektiven Geschmacksurteil. Sie ist somit die Theorie u.a.

  • des Schönen,
  • des Erhabenen und
  • des Hässlichen.

Die Ästhetik untersucht, wie Kunstwerke entstehen, wie sie wahrgenommen werden, welche Strukturen sie haben, und fragt nach dem Verhältnis von Kunst und Wirklichkeit.

Danach kann man die Ästhetik einteilen in

  • normative Ästhetik (Gesetze, die erfahrungsunabhängig sind)
  • deskriptive Ästhetik (Ableiten von Gesetzen aus den Kunstwerken selbst)
  • Objektästhetik (das Kunstwerk und seine Strukturen)
  • Subjektästhetik (Wirkung des Kunstwerkes auf den Betrachter, Bedingungen der Kunstwahrnehmung).

Hinsichtlich der immer weiter wachsebnden Bedeutung der (elektronischen) Medien hat sich eine Theorie der Medienästhetik herausgebildet.

Bereits FRIEDRICH NIETZSCHE äußerte:

„Unser Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken.“

Wie sehr die Medienwelt Einzug in unsere Gedankenwelt gehalten hat, wird erst deutlich, wenn man sich dieser audiovisuellen Wahrnehmung als einer spezifischen Form ästhetischer Wahrnehmung bewusst entzieht:

  • Radio
  • Fernsehen
  • Video
  • Internet
  • virtuelle Computerwelt
  • CD-ROM Lexika
  • Computerkunst
  • Computerspiele
  • Telefon (Handy: SMS, Handy-Spiele)
  • Musik (Compact Disc, Live-Konzert, Videoclip)
  • Kino (Film)

Das Buch wird immer stärker durch audiovisuelle Medien verdrängt.

BERTOLT BRECHT konstatierte:

„Die alten Formen der Übermittlung nämlich bleiben durch neu auftauchende nicht unverändert und nicht neben ihnen bestehen [...]. Die Technifizierung der literarischen Produktion ist nicht mehr rückgängig zu machen.“

Zudem spielen Werbung und Produktdesign eine immer größere Rolle. Neue Codes und Subcodes werden in audiovisuellen Medien verarbeitet. Codes aus Werbung / Gameshow / Boulevardmagazin gelangen in Spielfilme, Satiren (Maren Giltzer, „Naddel“, Verona Feldbusch als Codes für einen bestimmten Frauentyp) und bis hinein in den Alltagsbereich. Kunst verändert sich (Code: Sladko, Big Brother), wird zu etwas, was scheinbar alle können.

Es wird über die Medien eine neuartige Ästhetik des Alltags (Ästhetik der Belanglosigkeit) geschaffen, in der nur bestimmte Generationen existieren. Das Schöne wird idealisiert, das Hässliche in seinen Extremvarianten akzeptiert (Horror, Science-fiction, Zeichentrick) und ebenso idealisiert. Der Alltag gerät außerhalb der Betrachtungsweise („Spaßgesellschaft“).

Letzten Endes läuft diese neuartige Ästhetik lediglich auf Konsum hinaus: Die Werbung zeigt, was „angesagt“ (Kleidung, fast food, Musik, life style) ist.

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Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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