Dokumente der Katastrophe

Statistik des Mordes

Die Katastrophe des Jahres 1945 endete in Deutschland politisch mit der bedingungslosen Kapitulation, die am 7. Mai vom Oberkommando der Wehrmacht unterzeichnet wurde.

Das Ausmaß der äußeren und inneren Zerstörung, die Krieg, Völkermord und Größenwahn der nationalsozialistischen Diktatur hinterlassen hatten, war verheerend.

Die Fischer Chronik Deutschland 1949–1999 bilanziert:

„Historiker schätzen, dass durch Kriegshandlungen weltweit 60 Mio. Menschen getötet wurden. Allein die Sowjetunion verlor mehr als 25 Mio. Bürger. In Polen starben fast 6 Mio. Menschen. In den Konzentrationslagern wurden 6 Mio. Menschen ermordet. Deutschland bezahlt die Entfesselung des Krieges mit über 4 Mio. Toten. Bei Kriegsende geht die Zahl der Vertriebenen, Umgesiedelten und Displaced Persons (DPs) in die Millionen: Hierzu zählen Kriegsgefangene, Fremdarbeiter, befreite Insassen der Konzentrationslager, wegen des Bombenkriegs Evakuierte sowie Flüchtlinge und Vertriebene aus den Staaten Ost- und Südeuropas sowie den ehemaligen deutschen Ostgebieten.“
(Die Fischer Chronik, Ereignisse Personen Daten, Deutschland 1949–1999, Frankfurt a. M. 1999, Sp. 14).

Kunst während der Unterdrückung

Kunst geriet im Verlauf dieses Exodus zum aussagekräftigen Dokument der zerstörerischen Ereignisse und für den einzelnen Künstler zuweilen zum Überlebensmittel.

So sind in allen großen Konzentrationslagern des NS-Regimes Kunstwerke entstanden. Im KZ Buchenwald bei Weimar beispielsweise schufen Gefangene unter schwierigsten Bedingungen Bilder von großer Intensität. Der bei Erfurt geborene KARL SCHULZ (1901–1972) porträtierte Lagerinsassen. HERBERT SANDBERG (1908–1991), der später in der DDR als Zeichner, Grafiker, Bühnenbildner und Illustrator arbeitete und an mehreren wichtigen Veröffentlichungen mitwirkte, zeichnete Szenen des Lagerlebens.

Eine besondere Gruppe künstlerischer Dokumente stellen die Zeichnungen des „kindlichen Historikers“ THOMAS GEVE (geb. 1929) dar, der als 15-Jähriger die Befreiung Buchenwalds erlebte und seine Haft in einem Zyklus von 79 Zeichnungen festgehalten hat.

Auch in anderen Lagern, wie Theresienstadt, belegen Kinderzeichnungen die Gräuel nationalsozialistischer Gewalt.

Im Begleitheft der ständigen Kunstausstellung in Buchenwald erläutert die Autorin URSULA HÄRTL den dokumentarischen und gesellschaftlichen Wert der Kunst aus Konzentrationslagern („Überlebensmittel Zeugnis Kunstwerk Bildgedächtnis“, Weimar 2003, S. 7):

„Die Arbeiten, die unter diesen Bedingungen entstanden sind, gehen im Begriff des Kunstwerks allein nicht auf. Sie sind zugleich Ausdruck des Selbstbehauptungswillens und der Resistenz. Sie sind Zeugnisse, Beweise, Anklagen. Sie sind Erinnerungsspuren und Totengedächtnis. Sie beharren auf der Würde der Entwürdigten. Sie stehen für haarfeine Risse im Ordnungssystem des Terrors.“

Eine ganze Reihe von Künstlern dokumentierte die infernalischen Zustände in den vom Bombenkrieg heimgesuchten Städten, die Ruinenlandschaften, die von Entsetzen, Trauer und Verzweiflung gepeinigten Menschen, die Haltlosigkeit im Angesicht des Todes.

So ist der umfassende Zyklus von Federzeichnungen und Holzschnitten des Malers, Grafikers und Zeichners WILHELM RUDOLPH (1889–1982) eine wertvolle Quelle über die Zerstörung Dresdens nach der Bombardierung in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett).

Andere Künstler, die die Erfahrungen des letzten Kriegsjahres unmittelbar künstlerisch umsetzten, sind: MAX BECKMANN (1884–1950) „Abtransport der Sphinxe“, 1945; WILHELM LACHNIT (1899–1962) „Der Tod von Dresden“, 1945; HERMANN BRUSE (1904–1953) „Hungermarsch“, 1945. Viele andere Künstler setzten sich in den folgenden, ersten Nachkriegsjahren mit diesem Themengebiet auseinander.

Für die vielen Künstler, die sich in anderen europäischen Ländern mit dem Elend des Zweiten Weltkrieges beschäftigten, seien stellvertretend erwähnt: HENRY MOORE (1898–1986), „Shelter-Zeichnungen“, 1941; FRANS MASEREEL (1889–1972) „Danse macabre“, 1941; TADEUSZ KULISIEWICZ (1899–1988), „Warschau 1945“, 1945.

Zur Ikone der Kriege im 20. Jahrhundert wurde PABLO PICASSOs (1881–1993) Ölgemälde „Guernica“ von 1937 (Museo del Prado, Madrid), in dem er seiner Empörung über die Auswirkungen und die menschlichen Tragödien während des Spanischen Bürgerkrieges Ausdruck verlieh.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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