Jakob Bernoulli

JAKOB (auch Jacob bzw. Jacques) BERNOULLI wurde am 27. Dezember 1654 in Basel geboren. Das Geburtsdatum ist nach dem seinerzeit in der Schweiz noch gültigen julianischen Kalender angegeben, es entspricht dem 6. Januar 1655 des gregorianischen Kalenders.

Sein Vater NIKOLAUS BERNOULLI (1623 bis 1708) war Kaufmann und Ratsherr in Basel – er gilt als „Stammvater“ der Gelehrtenfamilie BERNOULLI. Die Mutter entstammte einer angesehenen Kaufmannsfamilie. Auf Wunsch der Eltern studierte Jakob in seiner Geburtsstadt Philosophie (Magister-Abschluss 1671) und Theologie. Bereits in dieser Zeit beschäftigte er sich als Autodidakt mit Mathematik und Astronomie.

Nach dem erfolgreichen Abschluss seiner theologischen Studien im Jahre 1676 unternahm JAKOB BERNOULLI Reisen durch mehrere europäische Länder, zunächst durch die Schweiz und Frankreich. Seinen Lebensunterhalt verdiente er dabei als Haus- bzw. Privatlehrer; er nutzte die Zeit aber auch zu umfangreichen Literaturstudien auf physikalischem und mathematischem Gebiet sowie zur Erweiterung seiner Sprachkenntnisse. Schon im Jahre 1677 begann er, ein wissenschaftliches Tagebuch zu führen. Dieses enthält alle wesentlichen Entdeckungen im Entwurf und gibt damit Aufschluss über das Entstehen wichtiger mathematischer Ideen.

Während einer größeren Reise, die ihn im Frühjahr 1681 in die Niederlande und nach England führte, lernte er einige der bedeutenden Naturforscher der damaligen Zeit, wie etwa ROBERT BOYLE (1627 bis 1691) und ROBERT HOOKE (1635 bis 1703), persönlich kennen. Aus diesen Kontakten heraus entwickelte sich eine über viele Jahre gehende umfangreiche wissenschaftliche Korrespondenz mit angesehenen europäischen Gelehrten.

1682 kehrte JAKOB BERNOULLI nach Basel zurück, wo er zwei Jahre später JUDITH STUPAN heiratete. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder (ein Sohn und eine Tochter) hervor. Von 1683 an hielt JAKOB BERNOULLI an der Baseler Universität private Vorlesungen über Experimentalphysik, insbesondere über die Mechanik fester und flüssiger Körper. Im Jahre 1687 übertrug man ihm dann den Lehrstuhl für Mathematik, den er bis zu seinem Tode am 16. April 1705 innehatte.

Zu wissenschaftlichen Leistungen JAKOB BERNOULLIS

JAKOB BERNOULLI ist – ebenso wie sein jüngerer Bruder JOHANN BERNOULLI (1667 bis 1748) – zu den bedeutendsten Mathematikern seiner Zeit zu zählen. Allerdings gelangen ihm die ersten eigenen wissenschaftlichen Entdeckungen nicht in der Mathematik, sondern auf astronomischem Gebiet. Speziell beschäftigte er sich mit der Kometentheorie und veröffentlichte hierzu im Jahre 1682 seine erste wissenschaftliche Arbeit.

Das Studium mathematischer Literatur, u.a. der „Geometrie“ von RENÉ DESCARTES (1596 bis 1650), regte JAKOB BERNOULLI zur intensiven Auseinandersetzung mit Mathematik an. Er beschäftigte sich vor allem mit der Infinitesimalrechnung und der Reihenlehre, aber auch mit dem isoperimetrischen Problem (der Untersuchung umfangsgleicher Flächen bzw. von Körpern mit gleicher Oberfläche) sowie mit der Kettenlinie.

Schon Mitte der 80er Jahre gelang es ihm, Wesen und Methode des Beweisverfahrens der vollständigen Induktion zu erfassen. Mit dessen Hilfe bewies er u.a., dass für alle reellen Zahlen a (mit a > 0 ) und alle natürlichen Zahlen n (mit n 2 ) die folgende Beziehung (heute unter dem Namen bernoullische Ungleichung bekannt) gilt:
( 1 + a ) n > 1 + n a

Gemeinsam mit seinem Bruder Johann studierte er die schwer verständliche Abhandlung von GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ (1646 bis 1716) zur Infinitesimalrechnung. In den folgenden Jahrzehnten gelang es den Brüdern, diese (vor allem durch intensiven brieflichen Gedankenaustausch mit LEIBNIZ) weiterzuentwickeln. So geht beispielsweise die Bezeichnung Integral auf JAKOB BERNOULLI zurück.

Etwa von 1685 an beschäftigte sich JAKOB BERNOULLI mit Fragen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Insbesondere ging er der Frage nach, wie man die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses aus der Häufigkeit seines Eintretens in einer langen Folge unabhängiger Beobachtungen des Vorgangs bestimmen kann.

In JAKOB BERNOULLIS Nachlass befand sich ein Manuskript, das im Jahre 1713 von seinem Neffen DANIEL BERNOULLI (1700 bis 1782) als vier Teile umfassendes Buch unter dem Titel „Ars conjectandi“ („Die Kunst des Vermutens“) herausgegeben wurde und die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung der damaligen Zeit enthält.

Der erste Teil des Buches, der von CHRISTIAAN HUYGENS (1629 bis 1695) verfasst worden war und von JAKOB BERNOULLI mit wertvollen Randbemerkungen versehen wurde, handelt von Glücksspielen. Im zweiten Teil sind die Regeln der Kombinatorik zusammengestellt, während die folgenden Teile deren Anwendung auf Glücks- und Würfelspiele bzw. gesellschaftliche Probleme beschreiben.

Enthalten sind im Buch die bernoullischen Zahlen sowie das nach JAKOB BERNOULLI benannte und von ihm bewiesene (schwache) Gesetz der großen Zahlen. Dieses besagt etwa Folgendes:

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei n unabhängigen Wiederholungen eines Zufallsexperiments die relative Häufigkeit eines Ergebnisses (bzw. Erfolges) um mehr als eine beliebig vorgegebene reelle Zahl ε (mit ε > 0 ) abweicht, strebt mit wachsendem n gegen null.

Auch die heute bei der Untersuchung von Binomialverteilungen verwendeten Bezeichnungen BERNOULLI-Größe, BERNOULLI-Experiment und BERNOULLI-Kette wurden zu Ehren JAKOB BERNOULLIS gewählt.

Die Gelehrtenfamilie BERNOULLI

Zur Gelehrtenfamilie BERNOULLI, deren protestantischen Vorfahren im 15. Jahrhundert in Antwerpen ansässig waren, gehört eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten. Die bekanntesten sind wohl die Brüder Jakob und Johann. Ihr Lebenswerk war durch die Arbeit an gleichen mathematischen Gegenständen eng miteinander verflochten, wenngleich ihr persönliches Verhältnis meist ein sehr gespanntes gewesen sein soll. Auch DANIEL BERNOULLI, einer der Söhne Johanns, ist zu den bedeutenden Mathematikern zu zählen.

Allein acht Familienmitglieder waren Professoren der Mathematik, der Physik oder anderer naturwissenschaftlicher Zweige. Insbesondere der Lehrstuhl für Mathematik an der Baseler Universität befand sich 105 Jahre gewissermaßen im „Familienbesitz“. Andere BERNOULLIS wiederum wandten sich erfolgreich den Gesellschaftswissenschaften bzw. der Kunst zu.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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