Laplace-Experimente

Zufallsexperimente, bei denen sinnvollerweise angenommen werden kann, dass jedes seiner Ergebnisse mit der gleichen Wahrscheinlichkeit eintritt, wurden insbesondere von dem französischen Mathematiker PIERRE SIMON DE LAPLACE (1749 bis 1827) untersucht. Ihm zu Ehren tragen sie daher seinen Namen.

Pierre Simon de Laplace (1749 bis 1827)

Pierre Simon de Laplace (1749 bis 1827)

Für jedes LAPLACE-Experiment gilt, dass jedes Ergebnis e i ( m i t i { 1 ; 2 ; ... ; n } ) mit der Wahrscheinlichkeit P ( { e i } ) = 1 | Ω | = 1 n eintritt.

Bei LAPLACE-Experimenten berechnet man die Wahrscheinlichkeiten zusammengesetzter Ereignisse A Ω nach der sogenannten LAPLACE-Regel:
P ( A ) = | A | | Ω |

Die Wahrscheinlichkeitsverteilung eines LAPLACE-Experiments heißt Gleichverteilung.

Beispiele für LAPLACE-Experimente sind etwa die folgenden Zufallsversuche:

  • Beispiel 1: Beim einmaligen Drehen eines idealen Glücksrades mit zehn gleich großen Sektoren, wird jeder dieser zehn Sektoren mit der gleichen Wahrscheinlichkeit 1 10 erdreht.
  • Beispiel 2: Beim zweimaligen Werfen eines fairen Tetraeders, dessen Seitenflächen mit 1 bis 4 durchnummeriert sind, fällt jedes der insgesamt 16 Augenzahlpaare mit der gleichen Wahrscheinlichkeit 1 16 .

Die Modellannahme LAPLACE-Experiment kann mit sehr unterschiedlichen sprachlichen Wendungen „signalisiert“ werden, beispielsweise durch die folgenden:

  1. Man kann auf jedes Ergebnis des Zufallsexperiments mit der gleichen Chance setzen.
  2. Keines der möglichen Ergebnisse des Zufallsexperiments ist hinsichtlich seines Eintretens bevorzugt.
  3. Es wird mit einem idealen (symmetrischen, fairen, einwandfreien, ungezinkten, homogenen, nicht manipulierten) Würfel geworfen.
  4. Vier äußerlich gleiche Kugeln werden auf gut Glück (blind, rein zufällig, wahllos) einer Urne entnommen.

Schon LAPLACE bewegte die Frage, wie man die angenommene Gleichwahrscheinlichkeit der atomaren Ereignisse überprüfen kann. Er formulierte in diesem Zusammenhang das sogenannte Prinzip des unzureichenden Grundes.

Danach könne man von der Gültigkeit der LAPLACE-Annahme ausgehen, wenn man keinen Grund hat, das Eintreten irgendeines der Ergebnisse des Zufallsexperiments für wahrscheinlicher als das der jeweiligen anderen zu halten.

Dieses Prinzip kann bei der Modellfindung hilfreich sein, wenn es Anregung ist, die konkreten Bedingungen des entsprechenden Zufallsexperiments möglichst umfassend zu hinterfragen. Ziel ist es dabei, das Prinzip des unzureichenden Grundes durch geometrische, physikalische, biologische oder andere Überlegungen zu objektivieren.

Als Beispiel betrachten wir dazu das folgende:

  • Beispiel 3: Um die Anzahl der Karpfen in einem Teich zu bestimmen, fängt man 100 Karpfen, markiert diese und setzt sie danach wieder in den Teich aus. Nach einiger Zeit werden erneut 100 Karpfen gefangen. Aus dem Verhältnis der Anzahl von unmarkierten zur Anzahl der markierten Karpfen möchte man auf die Gesamtanzahl der Karpfen im Teich schließen.

Das setzt voraus, dass die LAPLACE-Annahme gilt. Sie kann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn zwischen den beiden Fangvorgängen hinreichend viel Zeit vergangen ist, sodass sich die markierten Karpfen im Teich gut verteilen konnten und wenn es für markierte Karpfen keine verhaltensbiologischen Besonderheiten gibt.

Das Prinzip des unzureichenden Grundes hat in der Geschichte der Wahrscheinlichkeitsrechnung und ihrer Anwendung auch zu mancher Fehldeutung geführt. Wenn man z.B. keinen Grund haben als keine Information über die Ergebnisse haben interpretiert, dann müsste man aus einem absoluten Nichtwissen über ein Zufallsexperiment auf das Vorliegen einer Gleichverteilung schließen.

Entsprechende Fehldeutungen gab es schon vor LAPLACE. Da die Mechanismen bei der Befruchtung der weiblichen Eizelle unbekannt waren, ging z.B. der schottische Arzt JOHN ARBUTHNOT (1667 bis 1735), der auch als politischer Satiriker und Schöpfer der Figur des John Bull bekannt wurde, davon aus, dass eine Jungengeburt und eine Mädchengeburt gleichwahrscheinlich seien. Andererseits hatte er 1710 herausgefunden, dass nach der Londoner Geburtenstatistik der vergangenen 80 Jahre in allen Jahren mehr Jungen als Mädchen zur Welt gekommen waren. Dies sah er als einen Beweis für die Existenz Gottes an, denn wenn dieser nicht existierte, gäbe es keinen Grund für die Begünstigung von Jungen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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