Punktrichtungsgleichung einer Geraden
Die Betrachtung eines Anwendungsbeispiels führt zur Punktrichtungsgleichung einer Geraden in der Ebene. Aus der Parameterform der Punktrichtungsgleichung einer Geraden wird anschließend eine parameterfreie Gleichung ermittelt.
Ein Auto möge auf einer geradlinigen Straße mit konstanter Geschwindigkeit fahren. Dann gilt , wobei s den zurückgelegten Weg und t die dazu benötigte Zeit angibt.
Unter den genannten Randbedingungen (geradlinige Straße, konstante Geschwindigkeit) kann man die Entfernung vom Ausgangspunkt der Messung zu einem Punkt berechnen, wenn das Auto für diese Strecke eine Zeit t = 20 s benötigt hat, es gilt:
Auf die gleiche Weise lässt sich der zurückgelegte Weg auch für jede andere Zeit t (aus dem betrachteten Zeitintervall) ermitteln. Die Zeit t übernimmt hier die Rolle eines (reellen) Parameters, während die Geschwindigkeit v eine konstante Größe ist.
Im Unterschied zur Zeit, die allein durch ihren Betrag eindeutig beschrieben ist, sind Geschwindigkeit und Weg vektorielle Größen. Wir bezeichnen sie deshalb mit .
Betrachtet man nun die Straße mit dem Auto aus „genügend großer“ Entfernung, dann lässt sich die geradlinige Straße als Stück einer Geraden und das Auto als Punkt X auffassen, der sich von einem Punkt zu einem Punkt mit konstanter Geschwindigkeit bewegt.
Für das Auto X kann zu jedem Zeitpunkt t (reeller Parameter) die Position auf der Geraden als Entfernung zum Punkt angegeben werden: Es gilt , wobei jetzt die Koordinaten des Punktes X bezüglich des gewählten Koordinatensystems angibt.
Abstrahiert man nun von den konkreten Gegebenheiten und betrachtet einen Punkt und einen Vektor in der Ebene oder im Raum, so wird dadurch diejenige Gerade g eindeutig bestimmt, die durch geht und die Richtung von hat.
Der Vektor heißt dementsprechend Richtungsvektor der Geraden g. Den Punkt nennt man Stützpunkt (oder auch Trägerpunkt) von g und den zugehörigen Ortsvektor dann Stützvektor der Geraden g.
Der Ortsvektor zu einem beliebigen Punkt X auf g lässt sich unter Verwendung der obigen Überlegungen durch die folgende Gleichung beschreiben:
In dieser Formel finden die Vektoraddition und die Vervielfachung eines Vektors mit einer reellen Zahl (einem Parameter) Anwendung. Zusammengefasst lässt sich feststellen:
- Punktrichtungsgleichung einer Geraden (Vektorform):
Die Gerade g, die durch den Stützpunkt mit dem Ortsvektor und den Richtungsvektor () eindeutig bestimmt ist, kann durch die Gleichung beschrieben werden.
Anmerkung: In Vektorform angegebene Gleichungen werden mitunter auch als vektorielle Gleichungen, Vektorgleichung oder als Gleichungen in Parameterform bezeichnet.
Durch die Wahl von beliebigen reellen Zahlen für den Parameter t erhält man jeweils die Beschreibung eines Punktes der Geraden g durch seine jeweiligen Koordinaten.
Umgekehrt lässt sich aus den Koordinaten eines beliebigen Punktes P von g der zugehörige Parameter t berechnen.
Um für eine Gerade der Ebene aus der obigen Punktrichtungsgleichung in Vektorform eine parameterfreie Gleichung (eine Gleichung in Koordinatenschreibweise ) zu erhalten, betrachten wir nun allgemein eine Gerade g, die durch einen Punkt und einen Richtungsvektor
bestimmt sei.
Die Gerade g hat die Gleichung
.
Wenn X(x; y) einen beliebigen Punkt von g bezeichnet, so gilt dann
,
woraus sich mithilfe der Rechenregeln für Vektoren ergibt:
.
Durch Anwendung des Prinzips des Koordinatenvergleichs erhält man zwei Gleichungen:
Löst man beispielsweise die zweite Gleichung nach t auf und setzt in die erste Gleichung ein, so erhält man nach Umformung:
Hierbei handelt es sich um eine Punktrichtungsgleichung der Geraden g, die keinen Parameter t mehr enthält, die also eine parameterfreie Form dieser Geradengleichung ist.
- Punktrichtungsgleichung einer Geraden in der Ebene (Koordinatenschreibweise): Die Gerade g der Ebene, die durch den Punkt und den Richtungsvektor
bestimmt ist, lässt sich durch die folgende parameterfreie Gleichung beschreiben:
Falls die Gerade g nicht parallel zur y-Achse verläuft, d.h., wenn ist, nimmt diese Gleichung die Form
an.
Dabei ist der Anstieg der Geraden.