Staatsbürger: Rechte und Pflichten

Bürger

Staat, Nation und Volk bestehen aus Mitgliedschaften von Menschen, die wechselseitige Verantwortung tragen. Diese werden Bürger genannt. Die Gesamtheit aller in Deutschland lebenden Personen werden als Einwohner, Bewohner oder Bevölkerung bezeichnet.

Die Mitgliedschaften vereinen in landestypischer Weise objektive Merkmale wie

  • Territorium,
  • Herrschaft,
  • Religion,
  • Abstammung

mit subjektivem Gemeinschaftsgefühl (Wir-Gefühl, National-Gefühl). 

Ihren politischen Ausdruck finden sie in den Bürgerrechten.

Deutsche

sind Angehörige des deutschen Volkes;
im Sinne des Grundgesetzes ist Deutscher,

„wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat.“ (Art. 116 GG)

Volk

verschiedene, wenig abgrenzbare
Bedeutungen:

  • ideelle Einheit einer Gemeinschaft auf Grundlage von gemeinsamer Herkunft, Sprache, Kultur, zum Teil auch Religion;
     
  • Ethnie;
     
  • „breite Masse“ der Gesellschaft
Staatsvolkin einer Demokratie:
Inhaber der Souveränität (Volkssouveränität)

Bürger – Staatsbürger

Bürger und Bürgertum umfassen

  • ökonomische,
  • politische und
  • kulturelle Merkmale.

Bürger waren früher zumeist nur die freien, vollberechtigten Stadteinwohner, ihre Bürgerrechte erwerb- und verleihbar. In den Städten des 15. und 16. Jh. entwickelte sich das unternehmerische Bürgertum (Frühkapitalismus) mit

  • „bürgerlicher Weltanschauung“ und
  • „bürgerlichen Tugenden“, wie Fleiß und Sparsamkeit.

Politische Freiheiten waren gegen Feudalismus und Obrigkeitsstaat durchzusetzen.
Mit der Französischen Revolution verbreitete sich die römisch-republikanische Bürgertradition des citoyens. Im Bourgeois wurde der Kapitalseigner gesehen. Bürgerrechte sollten im Sinne von Menschenrechten nunmehr für jedermann gelten.
Der deutsche Sprachgebrauch ist seitdem uneinheitlich. Es gilt

  • ein umfassender Bürgerbegriff, der z. B. für Bürgerbewegungen und -initiativen steht und
  • die französische Unterscheidung, die den konkurrierenden Bezeichnungen Zivil- oder Bürgergesellschaft zugrunde liegt …

Staatsangehörige sind Mitglieder des Staates. Ihr rechtlich-politisches Verhältnis zum Staat regelt die Staatsbürgerschaft.
Die Staatsbürgerschaft kann durch

  • Geburt oder
  • Einbürgerung

erworben werden. Ihr Erwerb folgt

  • entweder dem Abstammungsprinzip (ius sanguinis) oder
  • dem Territorialprinzip (ius soli),

also mit vorrangigem Bezug entweder zum Staatsvolk oder zum Staatsgebiet.

Europäische Staaten, in denen vorrangig das ius-sanguinis-Prinzip gilt, sind:

  • Deutschland,
  • Österreich,
  • Polen und
  • die skandinavischen Länder.

Mischformen beider Prinzipien praktizieren:

  • Großbritannien,
  • Irland, Niederlande,
  • Italien.

Im klassischen Einwanderungsland Frankreich gilt das ius-soli-Prinzip.
Zur mehrfachen Staatsangehörigkeit kommt es, wenn jemand die Voraussetzungen in mehreren Ländern erfüllt. Erfüllt er sie in keinem Land, ist er Staatenloser.

Die Staatsbürgerschaft ist nicht viel älter als 200 Jahre. Bis dahin waren die Menschen Untertanen des Herrschers, auf dessen Gebiet sie lebten. In Deutschland gilt gemäß Staatsangehörigengesetz von 1913 die Abstammung als Hauptkriterium. In der Reichstagsdebatte am 28. Mai 1913 ging es um die „Erhaltung des Deutschtums im Ausland“ und um ein Bollwerk gegen die befürchtete „Flut aus dem Osten“. Diese Regelung wurde 1999 um Territorialaspekte ergänzt.

Im Mittelpunkt der Staatsbürgerschaft stehen politische Rechte und Pflichten, nicht aber Klassen-, Berufs- oder Religionszugehörigkeit.

RechtePflichten
  • Wahlrecht
     
  • Aufnahme in den öffentlichen Dienst
     
  • Mindestsicherung im Inland
     
  • diplomatischer Schutz im Ausland
     
  • Recht auf Rückkehr aus dem Ausland
     
  • Bildung politischer Parteien
  • Wehrpflicht
     
  • öffentliche Ehrenämter (Schöffen)
     
  • Steuer- und Abgabepflichten sowie Schulpflicht (beziehen sich auf den Wohnsitz)


In Deutschland leben Inländer (Deutsche) und Ausländer. Ausländer umfassen drei Gruppen:

  • EU-Ausländer (Staatsangehörige eines Mitgliedslandes der EU),
  • Arbeitsmigranten,
  • Flüchtlinge.

Als Flüchtlinge gelten:

  • Asylsuchende und politisch Verfolgte,
  • Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge,
  • Konventionsflüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention,
  • Kontingentflüchtlinge im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen.

Nationale Identität

Die Grenzziehung zwischen In- und Ausländern ist eine der Quellen der deutschen Identität. Wie schon die Staatsbürgerschaft die völkische Abstammung betont, wird die Nation als ethisch-kulturelle Gemeinschaft verstanden. Dagegen stehen verschiedene Ansichten.
So wird die Nation auf der Basis der Verfassung als politische Gemeinschaft gesehen (Verfassungspatriotismus).

„Im republikanischen Verfassungsstaat gibt es keinen ’nationalen’ Geschmack, keine ’nationale’ Kunst oder Religion“ (JÜRGEN HABERMAS, 1994).

Eine zweite Strömung sieht Nation als liberale multikulturelle (Einwanderungs-) Gesellschaft mit einer

„Kombination von Identität und Vielfalt, die das Herzstück von zivilisierter Gesellschaft ausmachen“ (RALF DAHRENDORF, 1995).

Mit voranschreitender europäischer Integration und weltweiter Globalisierung bilden sich oberhalb und unterhalb der nationalstaatlichen Ebene neue Identitäten, die die Bevölkerung in eine geschichtete, multiple Identität versetzen. Darin dominiert die nationale Identität weiterhin.

nationale Identität oder multiple Identität
  • Nur über die deutsche Staatsbürger-
    schaft
    ist es möglich, sich an der politischen Willensbildung und Entscheidung,
    damit an der Volkssouveränität zu beteiligen.
     
  • Die verantwortliche Rolle Deutschlands für zwei Weltkriege und für den Holocaust des vergangenen Jahrhunderts bestärkt die „nationale Schicksals-
    gemeinschaft“
    auch für nachfolgende Generationen.
  • Als Vorstufe einer sich ausbreitenden europäischen Identität nimmt die Bevölkerung seit den 1990er-Jahren ihre europäischen Nachbarn kaum noch als die „anderen“ wahr.
     
  • Die EU errichtet eine Unions-
    bürgerschaft
    für die Bevölkerungen der Mitgliedsländer.
     
  • Neue internationale Orientierungen nach der Ost-West-Konfrontation hin zur multilateralen Friedenspolitik, zur Global Governance im Rahmen der Vereinten Nationen zeichnen sich ab.
     
  • Das wird von Trends zur stärkeren lokalen und regionalen Identitätsbildung („lokal und global“) begleitet.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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