Euripides

Der griechische Dichter EURIPIDES gehörte mit AISCHYLOS und SOPHOKLES zu den herausragendsten altgriechischen Tragöden. Sie alle lebten im 5. Jahrhundert v. Chr. EURIPIDES war der jüngste der drei antiken Tragiker.

Während AISCHYLOS den zweiten und SOPHOKLES den dritten Schauspieler einführte, handelten bei EURIPIDES erstmals menschliche Figuren anstelle griechischer Götter oder Helden.
Zu den von EURIPIDES behandelten Themen gehörten die Kritik an der untergeordneten Rolle der Frau im damaligen Athen, an der diskriminierenden Behandlung nichtehelicher Kinder und an der Verherrlichung des Krieges.

EURIPIDES beeinflusste mit seinen Tragödien besonders das attische und römische Drama (ARISTOPHANES, SENECA), darüber hinaus aber auch die gesamte Entwicklung der abendländischen Tragödie und die Dichter kommender Epochen, u. a. das klassizistische französische Drama. In Deutschland reichte sein Einfluss bis hin zu KLINGER, WIELAND, LESSING, SCHILLER, GOETHE und GRILLPARZER.

Lebensgeschichte

Zur Lebensgeschichte von EURIPIDES ist nur wenig bekannt. Er wurde 485 oder 484 v. Chr wahrscheinlich auf Salamis geboren. Es gibt keinerlei sichere Überlieferungen zu seinen Familienverhältnissen; er muss jedoch eine sehr gute Erziehung und Ausbildung erhalten haben.
EURIPIDES interessierte sich außer für Philosophie und Naturwissenschaften sehr stark für das Schauspiel. In Athen wurden regelmäßig Dichterwettbewerbe veranstaltet, die sogenanntenAgonen. Hier wurden seine Werke ab 454 v. Chr. aufgeführt und 442 v. Chr. wurde EURIPIDES zum ersten Mal Wettbewerbssieger. Drei weitere Siege folgten.
Insgesamt waren EURIPIDES' Stücke zwar weithin bekannt, allerdings nicht sehr erfolgreich. Das wird darauf zurückgeführt, dass die nahe der Sophistik angesiedelte kritisch-rationalistische Haltung des EURIPIDES unter seinen Zeitgenossen auf allgemeine Kritik und teilweise sogar auf Spott stieß, wie die Werke verschiedener attischer Komödiendichter zeigen. EURIPIDES fühlte sich von seinen Zeitgenossen zumeist unverstanden. Vermutlich aufgrund seiner Enttäuschung über seine Misserfolge verließ er Athen und ging nach Makedonien. Man nimmt an, dass er dort am Hof von König ARCHELAOS in Pella starb. Sein Todesjahr wird mit 407 oder 406 v. Chr. angegeben.

Literarisches Schaffen

Das literarische Schaffen des EURIPIDES unterlag den verschiedenartigsten Einflüssen.
Wie auch andere griechische Dramatiker bezog EURIPIDES den Inhalt seiner Stücke zunächst vor allem aus der griechischen Mythologie, z. B. aus dem klassischen Sagenkreis um THESEUS. Seine Tragödien spiegeln jedoch bald den Wandel wider, der sich gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. (zur Zeit der Peloponnesischen Kriege) in Athen auf moralischer, gesellschaftlicher und politischer Ebene vollzog. An dieser Stelle unterscheiden sich die Stücke des EURIPIDES von denen des AISCHYLOS und des SOPHOKLES.


Im 5. Jahrhundert v. Chr. erlebten die Naturwissenschaften in Athen einen Aufschwung; ein bis dahin nicht dagewesenes Streben nach Wissen setzte ein und führte zu neuen Erkenntnissen in allen Wissensgebieten. Es kam generell zu einer Säkularisierung (Verweltlichung) des Denkens. So beschrieb beispielsweise der Naturphilosoph ANAXAGORAS die Sonne als eine glühende Steinmasse und leugnete damit ihre Göttlichkeit. Dieses neue Bewusstsein führte EURIPIDES in seine Tragödien ein, in seinen Werken finden sich nachweisbar Einflüsse des ANAXAGORAS und auch des SOKRATES. Im Mittelpunkt der Dramen des EURIPIDES stehen bald menschliche Figuren mit all ihrer Leidenschaft und Widersprüchlichkeit und verdrängen damit die bis dahin agierenden Figuren aus der griechischen Götterwelt und Heldengeschichte.

EURIPIDES selbst war kein Anhänger einer speziellen philosophischen Schule. Neben den Einflüssen aus der Naturphilosophie finden sich in seinen Stücken jedoch vor allem die der Sophisten (insbesondere PROTAGORAS). Außerdem spiegeln seine Schriften seine ausgeprägte Haltung als Rationalist und Skeptiker wider.

Ein Kritikpunkt, der den Tragödien des EURIPIDES immer wieder entgegengebracht wurde, war der der formalen Nachlässigkeit. Ihm wurde vorgeworfen, einzelne Teile des Dramas zu betonen, statt auf den inneren Gesamtzusammenhang und eine allmähliche Entwicklung der Fabel zu achten. So ließ er u. a. den Chor autonom (unabhängig von der Haupthandlung), fast in Form eigenständiger Lieder, agieren und setzte den Prolog auf übertriebene Weise ein, überladen mit nicht endenden Erläuterungen zu den im Drama agierenden Figuren. Letzteres wurde besonders heftig von ARISTOPHANES kritisiert.
Auch die Kritiker des EURIPIDES mussten jedoch zugeben, dass er ein Meister der dramatischen Mittel des Monologs und der analytischen Streitrede (agon) war. Euripides wurde außerdem besonders bekannt durch den Einsatz eines ungewöhnlichen dramatischen Mittels: des Deus ex machina (latein.: Gott aus der Maschine). Losgelöst vom Handlungszusammenhang tritt ein Gott auf, um den dramatischen Konflikt zu lösen.

Werke

Die Anzahl der Werke, die EURIPIDES zugeschrieben werden, wird mit etwa 92 Stücken angegeben. Von 75 Stücken ist der Titel bekannt; leider sind nur 17 Tragödien und das Satyrspiel Kyklops erhalten. Insgesamt 22 Tetralogien (Folgen von vier eine Einheit bildenden Dichtwerken) sollen aufgeführt worden sein. Untenstehend ist eine Übersicht über dieHauptwerke aufgeführt. Sind Jahreszahlen angegeben, handelt es sich um das Entstehungs- oder Aufführungsjahr; ist kein Jahr angegeben, ist das Entstehungsdatum unbekannt.

  • Alkestis (438 v. Chr.)
  • Medeia (431 v. Chr., Medea)
  • Hippolytos stephanephoros (428 v. Chr., Der bekränzte Hippolytos)
  • Troades (415 v. Chr., Die Troerinnen)
  • Orestes (408 v. Chr., Orest)
  • Iphigeneia he en Aulidi (aufgeführt 405 v. Chr., Iphigenie in Aulis, siehe PDF "Euripides - Iphigenie auf Aulis", übersetzt von SCHILLER)
  • Bakchai (aufgeführt 405 v. Chr, Die Bakchen)
  • Helene (412 v. Chr., Helena, siehe PDF "Euripides - Helena")
  • Andromache
  • Herakleidai (Die Herakliden)
  • Hekabe
  • Hiketides (Die Schutzflehenden)
  • Elektra
  • Herakles (Der wütende Herakles)
  • Iphigeneia he en Taurois (Iphigenie bei den Taurern)
  • Ion und Phoinissai (Die Phönikierinnen)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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