Militärische Aktionen der Konterrevolution in Deutschland nach 1848

Das Scheitern der Revolution

Mit der Zurückweisung der deutschen Kaiserkrone und der Ablehnung der Reichsverfassung, die einen Katalog von Grundrechten für das Volk enthielt, durch den preußischen König WILHELM IV. wurde das Scheitern der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 zur Gewissheit. Wilhelm IV. hatte in Briefen verächtlich geäußert, die Krone trage den „Ludergeruch der Revolution“ und sei ein „Hundehalsband, mit dem man mich an die Revolution von 1848 anketten will“.
Diese letzte Phase der Revolution war 1849 vom verzweifelten Aufbäumen radikaler Demokraten gekennzeichnet. Diese versuchten in einigen deutschen Regionen, u. a. in Sachsen, in Baden und in der bayerischen Pfalz, die Reichsverfassung der Frankfurter Nationalversammlung mit Gewalt durchzusetzen. Andererseits war das Jahr 1849 durch das harte Zurückschlagen der Konterrevolution der deutschen Fürsten gekennzeichnet. Deren wichtigstes „Instrument“ waren preußische Truppen. Sie konnten in allen Fällen die revolutionären Erhebungen niederschlagen. Am härtesten schlug die Konterrevolution in Baden zurück.

Die Revolution in Baden von 1849

Die Revolution in Baden war zunächst recht erfolgreich. Das hing vor allem damit zusammen, dass die Linientruppen der herzoglichen Regierung zum größten Teil zu den Aufständischen überliefen. Großherzog LEOPOLD musste deshalb aus seiner Residenz Karlsruhe fliehen. Von Frankfurt aus rief er dann jedoch preußische Truppen zu Hilfe.
Am 12. Juni 1849 trafen die Truppen unter dem Befehl des Prinzen WILHELM VON PREUßEN, des späteren Kaisers WILHELM I., in Mainz ein. Der „Kartätschenprinz“, wie er genannt wurde, weil er 1848 in Berlin Aufständische und völlig Unbeteiligte mit Kanonen zusammenschießen lassen hatte, war Oberbefehlshaber aller in Baden und der bayerischen Pfalz eingesetzten Truppen. Deren Stärke belief sich auf rund 71 000 Mann. Den Truppen der Konterrevolution standen mit etwa 16 bis 18 000 Mann weit unterlegene revolutionäre Truppen gegenüber. Oberbefehlshaber der Revolutionsarmee war ein Pole, LOUIS VON MIEROSLAWSKI. Sein fähigster General war Deutscher, FRANZ SIGEL.
Noch am 12. Juni hielt WILHELM in Mainz Kriegsrat, auf dem das weitere Vorgehen gegen die Revolutionsarmee festgelegt wurde: Die bereits begonnene Besetzung der Pfalz sollte zügig fortgesetzt werden, um den Aufstand rasch niederzuschlagen.
Der umfassende Angriff gegen Baden sollte dagegen erst am 21. Juni nach folgender Strategie beginnen:

  • Ein preußisches Korps sollte bei Germersheim über den Rhein setzen, um so die badischen Revolutionstruppen im Rücken anzugreifen. Das andere Korps sollte am gleichen Tag die Neckarlinie bei Ladenburg, Heidelberg und Mannheim überschreiten.
  • Das an der Bergstraße versammelte 8. Bundeskorps des Deutschen Bundes sollte bis zum preußischen Angriff alle Gefechte vermeiden, dann aber bei Hirschhorn den Neckar überqueren und in der Rheinebene bis Durlach vorrücken.

Durch diese Strategie wollte WILHELM das badische Heer nach der Niederschlagung des pfälzischen Aufstands durch eine weiträumige Umfassungsbewegung einschließen. Tatsächlich brachte der 21. Juni auch eine Entscheidung, aber in anderer Weise als von den Preußen zunächst geplant:
Bereits einige Tage vorher war eines ihrer Korps in Gefechte mit badischen Truppen verwickelt worden. Der mecklenburgische Oberst VON WITZLEBEN hatte dabei am 15. Juni in einem Handstreich Ladenburg am Neckar eingenommen. Nachdem die dortigen badischen Revolutionstruppen jedoch Unterstützung bekommen hatten, musste VON WITZLEBEN die Stadt in der gleichen Nacht wieder räumen. Bei diesem Gefecht geriet außerdem der Chef des Generalstabes der konterrevolutionären Truppen in badische Gefangenschaft. Die badischen Revolutionstruppen konnten nach diesem Tag den moralischen Erfolg verbuchen, die übermächtigen Gegner vertrieben zu haben.

Niederschlagung

Der strategische Erfolg lag aber dennoch auf der preußischen Seite. Die Bundestruppen hatten nämlich die Aufständischen am Neckar so stark beschäftigt, dass ein preußisches Kontingent unbemerkt von ihnen über Worms und Frankenthal an den Rhein ziehen und Ludwigshafen besetzen konnte. Die Revolutionstruppen schossen daraufhin von Mannheim aus die Stadt mit schweren Geschützen in Brand.
Am 20. Juni konnten preußische Truppen dann die Rheinbrücke von Germersheim unzerstört einnehmen. Die Badener mussten sich deshalb nach Weingarten zurückziehen, während die Preußen weiter nach Süden gegen Bruchsal vorrückten.
Eine Divison in Stärke von 5000 Mann sollte am nächsten Morgen, dem 21. Juni, auf der Rheinstraße gegen die Ortschaft Waghäusel marschieren. Da aber bei diesem Ort die Hauptstreitmacht der Aufständischen konzentriert war, kam es hier zum Entscheidungskampf, der den gesamtem Feldzug entschied:

Die Preußen mussten nach erbitterten Kämpfen, die den ganzen Morgen angedauert hatten, Waghäusel zunächst räumen und sich nach Philippsburg zurückziehen. Eine zur Unterstützung herbeieilende preußische Divison stieß im Nachbarort auf die Revolutionstruppen. Es entbrannte ein heftiges Infanteriegefecht, das schließlich die preußische Artillerie entschied. Die Revolutionstruppen flüchteten in völliger Auflösung.
Die zur gleichen Zeit in Richtung Sinsheim vorrückende Neckararmee stieß deshalb auf keinen nennenswerten Widerstand mehr. Bald wurde überall den vorrückenden Preußen kaum noch Widerstand entgegengesetzt.
Die flüchtenden badischen Truppen versammelten sich noch einmal bei Rastatt am Rand des Schwarzwaldes. Etwa 6000 Mann blieben in der Festung zurück, um diese zu verteidigen. Der Rest zog weiter Richtung Süden. Am 29. Juni wurden diese Truppen bei Gernsbach an der Murg angegriffen und zersprengt.
Die Reste des badischen Heeres befanden sich nun in Selbstauflösung. Nur wenigen Kämpfern und einigen Führern der revolutionären Regierung gelang jedoch die Flucht in die Schweiz.

Seit dem 1. Juli war auch die Festung Rastatt von preußischen Truppen eingeschlossen. Die Preußen spielten zunächst auf Zeit, da sie wussten, dass die Vorräte in der Festung knapp waren. Erst am 8. Juli begannen sie mit der Beschießung der Festung.
Die Belagerten hofften noch immer auf Entsatz durch die badische Revolutionsarmee. Der Kommandant der Preußen machte der Besatzung deshalb den Vorschlag, dass sich eine Abordnung unter preußischem Geleit davon überzeugen könne, dass ganz Baden in der Hand der Sieger sei. Nachdem die Eingeschlossenen den Vorschlag angenommen und sich von der aussichtslosen Situation überzeugt hatten, beschloss der Kriegsrat die Übergabe der Festung. Diese erfolgte am 23. Juli. Etwa 5 600 Revolutionsteilnehmer wurden als Gefangene in die Festung, die sie zuvor verteidigt hatten, zurückgebracht und erwarteten dort ihr Schicksal. Damit war der Aufstand in Baden beendet.

Die Rache der Sieger

Nun begann die Abrechnung der Konterrevolution mit den Aufständischen. Dutzende Todesurteile wurden von Kriegsgerichten gefällt und mit standrechtlicher Erschießung vollzogen. Tausende wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Fast 80 000 Menschen flüchteten aus Baden. Davon wanderten viele nach Amerika aus. Unter ihnen war auch GUSTAV STRUVE, einer der Führer der Revolution in Baden, der im Amerikanischen Bürgerkrieg dann auf Seiten der Nordstaaten kämpfte.
Ein Großteil der badischen Soldaten wurde in Strafkompanien versetzt. Eine Kriegssteuer, Einquartierungskosten und „freiwillige“ Zwangsanleihen wurden von der Bevölkerung erhoben. Alle Männer über 21 Jahre mussten in Kirchen den Huldigungseid auf den Großherzog leisten. Auch die Justiz und die Verwaltung wurden gründlich gesäubert. Am 18. August 1849 schließlich kehrte Großherzog LEOPOLD endgültig wieder in seine Residenz Karlsruhe zurück.
Unter dem Schutz der preußischen Armee herrschte in Baden wieder die Reaktion, deren Bestreben die Wiederherstellung und der Erhalt der vorrevolutionären Verhältnisse war.

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