Der französische Philosoph und Historiker MICHEL FOUCAULT wurde am 15.10.1926 in Poitiers, Vienne, als Sohn des Chirurgen und Universitätsprofessors der Anatomie PAUL-ANDRÉ FOUCAULT und dessen Frau ANNE-MARIE FOUCAULT, geborene MALAPERT geboren. Sein Lebensgefährte seit etwa 1960 war DANIEL DEFERT.
FOUCAULT starb am 25.06.1984 in Paris an Aids.
Kindheit und Jugend: Von 1936 bis 1940 besuchte MICHEL FOUCAULT das Lycée de Poitiers und von 1940 bis 1945 das Jesuiten Collège Saint Stanislas, 1942 bis 1943 als Baccalauréats. Der Versuch, in die École Normale Supérieure aufgenommen zu werden scheiterte, deshalb ging er 1945–1946 auf das Lycée Henry-Quartre in Paris. 1946–1950 studierte FOUCAULT Philosophie und Psychologie an der École Normale Supérieure in Paris (1948 License de Philosophie, 1949 License de Psychologie). 1950 bis 1953 war FOUCAULT Mitglied der „Partie Communiste de France“. Er trat als bekennender Homosexueller unter anderem wegen der Haltung der Kommunisten zur Homosexualität aus der Partei aus.
Professuren: 1960–1968 war er Professor für Philosophie in Clermont-Ferrand, 1968–1970 an der Universität Paris-VIII (Vincennes), seit 1970 Inhaber des Lehrstuhls für die Geschichte der Denksysteme am Collège de France.
FOUCAULT vereinigt in seinem Denken Elemente des Strukturalismus (zeitweise Mitarbeit in der Tel-Quel-Gruppe) mit hermeneutischen Ansätzen. Er untersuchte die historischen Diskursformen, die zur Ausprägung des modernen Subjekts geführt haben.
Der Diskurs [lat.] bedeutet alltagssprachlich „Rede” oder „Gespräch”. In der Sprachwissenschaft meint man damit den aktuelle Vollzug von Sprache. Die Diskursanalyse erfolgt auf verschiedenen Ebenen; so werden in der Gesprächsforschung die intonatorischen, stilistischen, aber auch die außersprachlichen Verständigungsmittel über den reinen Sinnzusammenhang hinaus untersucht. Mithilfe der Diskursanalyse kann die soziale Wirklichkeit als ein Effekt von Diskursen herausgestellt werden. Dabei kommt es besonders auf das Be- und Ergründen von Normen bzw. Normalität an. Nach FOUCAULT müssen 1. „die Oberflächen des Auftauchens“ diskursiver Gegenstände gefunden werden (Art und Weise des Auftauchens des diskursiven Gegenstandes in sozialen Milieus), 2. die „Instanzen der Abgrenzung“ bekannt sein (gesellschaftliche Instanzen: Kirche, Staat, Berufsgruppe) und 3. die „Spezifikationsraster“ der Gegenstände analysiert werden (Abgrenzung von Ähnlichem, Betrachtung des Speziellen). Diskurs nach dem Verständnis von FOUCAULT ist „[als eine Gesamtheit von] Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen.“ (Foucault, Michel: Archäologie des Wissens. Übers. von Ulrich Köppen. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1981, S. 73)
Nach FOUCAULT kann man die Methoden der Diskursanalyse wie folgt zusammenfassen:
Dieses an FRIEDRICH NIETZSCHEs Genealogie orientierte Unternehmen bezeichnete FOUCAULT als „Archäologie“. Seine Analysen beschränken sich jedoch nicht auf erkenntnistheoretische Aspekte, im Vordergrund stehen vielmehr die Macht-, Ausgrenzungs- und Disziplinierungstechniken, die mit den Diskursen einhergehen.
FOUCAULT setzte sich in seinen Werken mit den Bedingungen für das Zustandekommen von Aussagen und Diskursen auseinander. Indem er über die „Beschreibung der diskursiven Ereignisse“ nachdenkt, provoziert er die Frage, warum „eine bestimmte Aussage erschienen ist und keine andere an ihrer Stelle?.“ (Foucault, Michel: Archäologie des Wissens. Frankfurt/Main, 1973, S. 20)
Sprache sei „stets ein System für mögliche Aussagen: es ist eine endliche Menge von Regeln, die eine unendliche Zahl von Performanzen gestattet.“ (Foucault, Michel: Archäologie des Wissens. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1973, S.42)
Er setzt allerdings dagegen, dass das „Feld der diskursiven Ereignisse [...] die stets endliche [...] Menge von allein den linguistischen Sequenzen [sei], die formuliert worden sind [...]. (ebenda).
FOUCAULT beschäftigte sich ferner mit der Genese des Gesundheitswesens, des Strafvollzugs und der Sexualität („L'histoire de la sexualité“, 3 Bände; deutsch „Die Geschichte der Sexualität“). Im ersten Band „La volonté de savoir“ (1976; deutsch „Der Wille zum Wissen“) definiert FOUCAULT die Macht, die sich durch die und in der Sexualität manifestiere, im Gegensatz zum Marxismus nicht als lokale Instanz, sondern als diffuses, die gesamte Gesellschaft durchziehendes Kräftespiel. In den beiden letzten Bänden „L'usage des plaisirs“ (1984; deutsch „Der Gebrauch der Lüste“) und „Le souci de soi“ (1984; deutsch „Die Sorge um sich“) werden die zuvor analysierten Wissensformationen und Machtsysteme ergänzt durch Formen der Subjektbildung, die auch so etwas wie Lebenskunst zulassen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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