Meier Helmbrecht

Die Verserzählung „Meier Helmbrecht“ gehört zu den kleineren, aber künstlerisch bedeutsamen Dichtungen des Spätmittelalters. Der Gattung nach kann sie innerhalb der Versepen des 13. und 14. Jahrhunderts am ehesten den moralischen Exempeldichtungen zugeordnet werden. Das nur etwa 2 000 Verse umfassende Werk ist auch in heutiger Zeit von sprachwissenschaftlichem und literarischem Interesse. Das belegen die zahlreichen Forschungen, die nach wie vor hierzu betrieben werden.

Weder die Lebenszeit WERNHERS DES GARTENAERES noch die Entstehungszeit der Dichtung lassen sich genau feststellen. Als zeitlicher Rahmen werden der Tod NEIDHARTS, auf den der Dichter andeutungsweise eingeht, und die in anderen Dichtungen festgestellten Bezugnahmen auf die Helmbrecht-Erzählung betrachtet. Auch inhaltliche Bezüge aus dem Werk, zum Beispiel die Blütezeit des Raubrittertums, sind zur zeitlichen Einordnung herangezogen worden. Davon ausgehend wird die Entstehungszeit der Verserzählung heute zumeist um das Jahr 1280 datiert. Wahrscheinlich entstand sie, als WERNHER DER GARTENAERE als fahrender Dichter im Donauraum unterwegs war.

Zu Inhalt und Sprache

Entgegen der im Mittelalter eher typischen ritterlichen Standesdichtung wird im „Meier Helmbrecht“ der Bauernstand in das Zentrum der Handlung gerückt. Die Erzählung ist die erste überlieferte Dorfgeschichte.
Erzählt wird von einem ungehorsamen Bauern- bzw. Meiersohn, der Ritter werden wollte, aber als Räuber endet. Gefasst, zunächst gerichtlich verurteilt, verstümmelt und verstoßen, wird er schließlich von anderen Bauern gehenkt.
Wie den Schlussversen zu entnehmen ist, hat die Erzählung ein pädagogisches Anliegen, eine Lehre. WERNHER DER GARTENAERE sagt hier, dass die Geschichte eigenwilligen jungen Leuten erzählt werde und ihnen als abschreckendes Beispiel dienen solle:

Swâ noch selpherrischiu kint
bî vater unde muoter sint,
die sîn gewarnet hie mite.
begânt sie Helmbrehtes site,
ich erteile in daz mit rehte,
in geschehe als Helmbrehte.
ûf den strâzen und ûf den wegen
was diu wagenvart gelegen:
die varent alle nû mit fride,
sît Helmbreht ist an der wide.

Nû seht ûf und umbe:
râte iu wol ein tumbe,
dem volgt und ouch des wîsen rât.
waz ob Helmbreht noch hât
etewâ junge knehtel?
die werdent ouch Helmbrehtel.
vor den gib ich iu niht fride,
si komen ouch danne an die wide.

(Verse 1913 bis 1930)

Die Verserzählung „Meier Helmbrecht“ von WERNHER DEM GARTENAERE ist eine der bedeutendsten sprachlichen Überlieferungen des Mittelhochdeutschen.
Sowohl die morphologisch und syntaktisch typischen Entwicklungen wie auch die phonologischen Merkmale der mittelhochdeutschen Sprache sind hier belegbar (vgl. beispielsweise Verse 1913 bis 1930):

• Verwendung des Artikels
den strâzen, dem volgt, die wide
• Verwendung von Subjektpronomen
ich erteile, si komen
• Verwendung des Passivs
die sîn gewarnet hie mite

 

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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