Rechtfertigungsslehre

Rechtfertigung und Prädestination – Gegensätze?

„Die Lehre von der Rechtfertigung des Sünders durch Gottes Gnade um Christi Willen allein aus Glauben, wie sie Paulus in seinen Briefen, vor allem im Galaterbrief und Römerbrief vertritt, ist wohl die theologisch am weitesten greifende Interpretation des Vorgangs der Heilsaneignung, die das frühe Christentum hervorgebracht hat.“ (Reclams Bibellexikon)

Im späten Mittelalter wurde die Notwendigkeit von guten Werken des Menschen immer stärker durch die katholische Kirche in den Mittelpunkt der Gnadenlehre gestellt. Symbol dafür war der ausgeprägte Ablasshandel, wo man sich gegen verbriefte Geldleistungen an die Kirche Freiheit von Strafe für Sünden kaufen konnte. Diese Auswüchse waren ein wesentlicher Grund für den schnellen breiten Erfolg der Reformation und ihre anderen Ansichten in dieser Frage.
1513 erkannte bereits MARTIN LUTHER beim Studium des Römerbriefes, dass die Rechtfertigung allein aus Glaube, allein aus Gnade erfolgt.

Die Rechtfertigungslehre wurde zum zentralen Bekenntnis der Reformation. PHILIPP MELANCHTHON hatte in der Schrift „Hauptpunkte“ LUTHERS Rechtfertigungslehre zusammenfassend dargestellt.
Für JOHANNES CALVIN war die Rechtfertigung des Menschen im Zusammenhang mit der Prädestination gesehen. Darin unterschied er sich von LUTHER. Denn Rechtfertigung sah er schon im Erfolg, den ein Mensch in seinem Leben erzielen kann. Hier wurde Gottes Gnade sichtbar und erfahrbar. Die Freiheit und Initiative des Menschen kann nicht eingeschränkt werden. Aus diesem Gedanken entstand ein starker Impuls für die kapitalistische Wirtschaft.

Unter Prädestination wird allgemein die Vorbestimmung allen Geschehens in Natur und Geschichte durch einen von Anfang an bestehenden göttlichen Plan verstanden. Im Neuen Testament wird die Prädestination als Grund heilvoller Gewissheit für die Glaubenden gesehen.
Das Konzil von Trient wandte sich gegen diese reformatorischen Lehren und hielt an der traditionellen Gnadenlehre fest.
In der lutherischen Reformation wurde die Rechtfertigungslehre als Zentrum des Evangeliums erkannt und herausgestellt, was zur Folge hatte, dass der konfessionelle Streit der Neuzeit weiterhin ein Streit um die Rechtfertigung war. Gegenwärtig bahnt sich jedoch gerade an diesem Punkt eine Gemeinsamkeit zwischen evangelischen und katholischen Christen an. Lehrgespräche zwischen der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund brachten im Jahr 1999 ein Dokument eines gemeinsamen Verständnisses von der Rechtfertigungslehre zustande, mit dem die Spaltungen der Reformation theologisch überwunden werden könnten.

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