Ägyptische Architektur

Die Architektur Ägyptens

Ägyptische Architektur war vor allem Grab- und Sakralarchitektur. Die profanen Bauten, wie Königspaläste, Priester- und Beamtenwohnungen, stellte man aus vergänglichen Materialien, aus Nilschlammziegeln, Schilfmatten und Holz her. Die dauerhafte Steinarchitektur blieb den „Häusern für die Ewigkeit“ vorbehalten, denn sie sollten unzerstörbar sein. So entstanden bereits in der 1. und 2. Dynastie steinerne Grabbauten – die sogenannten Mastabas¹.

Ägypten – Kunst der Pharaonen
2620 v. Chr. –395 n. Chr.

Altes Reich (2700–2160 v. Chr.)
  • Mastabas mit Reliefkunst
  • Stufenpyramide in Sakkara, um 2620 v. Chr.
  • Klassische Pyramiden in Giseh, um 2550–2470 v. Chr.
  • Sphingen; Grabstatuen
Mittleres Reich (2040–1797 v. Chr.)
  • Mastabas der königlichen Würdenträger
  • freiplastische Statuen (ohne Rückenplatte),
  • lebendige Alltagsszenen bei kleinfigurigen Grabbeigaben,
  • Wandmalerei in Gräbern, die das Leben der Adligen darstellen

Neues Reich (1543–1075 v. Chr.)

  • Tempel von Karnak, um 2000–ca. 100 v. Chr.
  • Felsengräber mit Malerei: Tal der Könige,
    um 1550–1075 v. Chr.
  • Felsentempel von Abu Simbel, um 1250 v. Chr.
  • Kolossalstatuen: Ramses II., um 1279–1212 v. Chr.
  • Amarnakunst, um 1356–1340 v. Chr.

Spätzeit, Griechisch-Römische Zeit
(1075 v.Chr.–395 n.Chr.)

  • Tempel von Philae, Kom Ombo, Edfu (um 300 v. Chr.)
  • versenkte Reliefs an den Tempelfassaden
  • Rückgriff auf traditionelle Kunst

¹ Mastaba arab. „Bank“: altägyptischer Grabtyp mit rechteckigem, flachen Oberbau aus Ziegeln oder Stein mit leicht geböschten Wänden, errichtet über unterirdischen Anlagen (Sargkammer, Vorratsräume). Im späteren Alten Reich wurden dem Oberbau reich geschmückte Kulträume eingefügt. Mastabas blieben bis ins Mittlere Reich als Bestattungsbau für Wesire, andere Beamte und deren Frauen bzw. Kinder aktuell.

Der Pyramidenbau

Seit König DJOSER (3. Dynastie) entwickelte sich der Pyramidenbau. Seine anfänglich 9-m-hohe Mastaba wurde mehrmals verbreitert und diente schließlich als Sockel einer sechsstufigen Pyramide. Die 60 m hohe Stufenpyramide war der Ausdruck eines höheren Monumentalanspruchs des Pharaos und lag im Zentrum eines vollständig in Stein ausgeführten „Jenseitsbezirkes“. Eine 544 m lange und 10,50 m hohe Umfassungsmauer schloss Höfe, verschiedene Gebäude und unterirdische Kammern ein. Damit trennte sie den Grabbezirk von der Außenwelt. Erstmalig wurde der Namen des genialen Baumeisters IMHOTEP nachgewiesen.

Über die Zwischenformen der Pyramiden des Königs SNORFU in Meidum und Dahschur entwickelte man für die Königsgräber des Alten Reiches die klassische Form der auf quadratischem Grundriss erbauten Pyramiden von Giseh.

Mit den Pyramiden des CHEOPS (Seitenlänge 230 m, Höhe 146 m), CHEPHREN (215 m, 143 m) und MYKERINOS (105 m, 66 m) erfolgte um 2550–2470 v. Chr. rein äußerlich die Abstraktion von einem scheinbar organisch gewachsenen Hügel (Mastaba) in eine mathematisch-abstrakte Form. Die monumentale Übersteigerung betonte die besondere Bedeutung als schräg ansteigende „Himmelsrampe“, die direkt zu Re, dem Sonnengott, führte und die jede Nacht erfolgte Neubelebung des Toten und damit seine Unsterblichkeit garantierte.

Da die Chephrenpyramide auf einem höheren Felsplateau steht, wirkt sie scheinbar größer und mächtiger als die Cheopspyramide, für die schätzungsweise 2,5 Millionen Steinblöcke verarbeitet wurden. An der Spitze ist noch ein Teil der ehemaligen Verkleidung aus geschliffenen Kalksteinplatten zu sehen. Der pyramidenförmige Schlussstein (Pyramidion) soll vergoldet gewesen sein.

Rätselhaft bleibt bis heute, wie diese tonnenschweren Steinquader bei wachsender Bauhöhe nach oben befördert wurden. Alle Annahmen, wie der Gebrauch von Hebebalken und Spiralrampen, ließen sich nicht belegen.

Der zur Chephrenpyramide gehörende Grabkomplex ist am besten erhalten. An der Ostseite der Pyramide liegt der sogenannte Pyramidentempel – auch Totentempel oder „Verehrungstempel“ genannt. Fünf Kapellen, ein geräumiger Statuenhof und Magazinräume dienten dem religiösen Totenopfer. Ein 494 m langer, überdachter Steingang, der sogenannte „Aufweg“, verbindet den Pyramidentempel mit dem sogenannten Taltempel. Dieser war den kultischen Handlungen, die den Statuen des Pharaos galten, vorbehalten.

Während des Neuen Reiches bestattete man die Pharaonen ausschließlich in Felsengräbern. Diese Entwicklung in der Königsbestattung muss mit entscheidenden Veränderungen des Jenseitsbildes verbunden gewesen sein. Nach diesen Vorstellungen – so die Deutung – stieg der Pharao nun nicht mehr über die monumentale Himmelsleiter der Pyramiden ins Jenseits, sondern ging über ein tief liegendes Grab im Fels in die Unterwelt ein.

Grabtempel und Göttertempel

Der „Friedhof“ (Nekropole) dieser Zeit, das Tal der Könige in Theben West, lag weit ab vom Niltal. Die zugehörigen Tempelanlagen für den Totenkult (z. B. Terrassentempel der Hatschepsut, Ramesseum, Medinet Habu) lagen nun in größerer Entfernung von den eigentlichen Gräbern. Bisher sind 64 Pharaonengräber bekannt, die sich trotz vieler Besonderheiten im architektonischen Grundschema ähneln. Treppen, abfallende Korridore, von denen aus sich Hallen öffnen, und die Grabkammer für den Sarkophag blieben notwendige Elemente. Am spektakulärsten war wohl die Entdeckung des unberührten Grabes von TUTANCHAMUN.

Im Jahr 1922 gelang es HOWARD CARTER nach vielen vergeblichen Suchaktionen, das Grab des jung verstorbenen Pharaos aufzufinden. Dieses einzige nicht geplünderte Königsgrab war eine der bedeutendsten archäologischen Entdeckungen in der Ägyptologie. TUTANCHAMUN, der 1333 v.Chr. den Thron bestieg, war der Sohn ECHNATONs. Nach seiner Inthronisation hatte er im Unterschied zu seinem Vater die alten, traditionellen Götter wieder eingeführt. Die Spekulationen im Zusammenhang mit seinem frühen Tod im Alter von 19 Jahren und ein mysteriöses Loch im Kopf der Königsmumie sind noch ungeklärt.

Die Grabarchitektur weist den typischen Grundriss der Gräber der 18. Dynastie auf. Am Ende der Eingangstreppe führt ein kurzer Gang in die rechteckige Vorkammer mit kleinem Anbau. Rechtwinklig dazu liegt die Grabkammer mit angrenzender Schatzkammer. In der Grabkammer verbarg ein großer gelber Quarzitsarkophag drei menschenförmige Innensarkophage – davon Einen aus purem Gold. Der dritte, goldene Sarkophag enthielt die Königsmumie, die mit der berühmten Goldmaske bedeckt war.

Aus der Schatzkammer und der Vorkammer wurden ca. 3 500 Grabbeigaben geborgen: Sänften mit vergoldeten Holztieren geschmückt, Thron und Sessel mit Edelsteinen eingelegt, Prunkwaffen, Toilettengegenstände, kultische Tierfiguren, Brustschilde und andere Schmuckgegenstände. In der Schatzkammer standen vier verzierte Kanopen aus Alabaster. Das sind krugförmige Gefäße, in denen die mumifizierten Eingeweide des Pharaos gesondert aufbewahrt wurden. Die Wände der Grabkammer sind bemalt. Die Malereien zeigen das Begräbnis des Königs, die Zeremonie der „Mundöffnung“ und TUTANCHAMUN vor und zwischen verschiedenen Gottheiten.

Außer den Grabtempeln entstanden zunehmend Göttertempel, in denen die unterschiedlichsten Götter verehrt wurden. Neben Göttern von lokaler Bedeutung gab es andere, die den Status eines „großen Gottes“ besaßen, so z. B. der Sonnengott Re oder der Gott des Windes Amon.

Die Verschmelzung beider Hauptgötter gipfelt in dem Kult um Amun-Re. Ihm zu Ehren wurde der große Tempel von Karnak in der damaligen Hauptstadt Theben gebaut. Wie andere Göttertempel auch, diente er nicht nur zur religiösen Verehrung, sondern auch der Selbstdarstellung der Pharaonen und war als religiöses Zentrum auch politisch motiviert.

Den Amun/Amontempel in Karnak begann man schon um 2000 v.Chr. zu bauen und erweiterte ihn ständig bis in die römische Kaiserzeit. Die Hauptbauherren waren THUTMOSIS II. (18. Dynastie) und RAMSES II. (19. Dynastie).

Auch die Tempel von Dendera, Edfu, Kom Ombo, Philae wurden noch in ptolomäisch-römischer Zeit ganz in der Tradition ägyptischer Architektur gebaut, obwohl die Fremdherrschaft das Alltagsleben bereits stark abendländisch beeinflusst hatte.

Die Tempelanlagen

Ägyptische Tempelanlagen waren eine Stadt für sich und mit einer Lehmziegelmauer umgeben. Außer den Priestern und Pharaonen durfte kein Gläubiger die Tore durchschreiten. Die Tempel bildeten den Rahmen für große kultische Prozessionen. Die Anlagen begannen mit langen Sphinx- oder Widderalleen, führten durch mehrere Torbauten mit prächtigen Schauseiten (Pylone, griech. „Portal“: massiver, nach oben sich verjüngender rechteckiger Torturm, der paarweise den Eingang altägyptischer Tempelanlagen flankiert.), den Säulensaal, Statuenhöfe, vorbei an Stationskapellen, in denen das Götterbild bei rituellen Ausfahrten vorübergehend Platz zu nehmen hatte, bis ins Allerheiligste (Sanktuar) mit dem Götterbild.

Die Widderallee zur Tempelanlage Karnak/Luxor

Die Widderallee zur Tempelanlage Karnak/Luxor

Ägyptische Architektur - Sphingen
Sphingen

Die ägyptischen Göttertempel waren als Abbilder der Welt angelegt. Jeder Teil des Bauwerkes hatte eine symbolische Bedeutung: z. B. galten die Pylone als Gebirgszüge, zwischen denen die Sonne aufging. Durch eng stehende Säulen glichen die Hallen einem steingewordenen Wald. Ihre Kapitelle waren pflanzlichen Formen – Papyrus, Lotos, Palme – nachempfunden, mit Reliefs und Hieroglyphen geschmückt und bemalt.

Felsentempel von Abu Simbel

Eine Sonderform ägyptischer Tempelanlagen sind die beiden Felsentempel von Abu Simbel, die RAMSES II. (19. Dynastie) 280 km südlich von Assuan am Nil anlegen ließ. Beim großen Tempel symbolisierte die abgeschrägte Felswand die Eingangspylone eines Göttertempels, vor denen vier 22 m hohe Sitzfiguren angeordnet wurden. Sie verkörpern den Pharao als Gott. Aus dem Felsen wurden auch alle notwendigen Räume – Pfeilersaal, Magazine, Allerheiligstes – herausgebrochen. Zweimal im Jahr werden die 60 m tief im Allerheiligsten stehenden Kultbilder für wenige Minuten von der aufgehenden Sonne beleuchtet. Der benachbarte kleinere Tempel ist der Göttin Hathor und der vergöttlichten Königin NEFERTARI geweiht. Sie und RAMSES sind hier als Schreitfiguren vor die Fassade gesetzt.

Die beiden Tempel wurden unter der Schirmherrschaft der UNESCO 1964–1968 durch ein spektakuläres Bauvorhaben zerlegt und versetzt. Ihre Rettung geschah buchstäblich in letzter Minute. Ausgelöst durch den Bau des Assuanstaudamms, wären sie sonst von den ansteigenden Wassermassen des Nils überflutet worden.

Die Rettung der Tempel von Abu Simbel

Für die Rettung der Tempel wurde ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich verschiedene Nationen beteiligten. Von den vielen eingegangenen Vorschlägen kamen fünf in die engere Wahl.

Projekt 1 sah eine mehr als 70 m hohe halbkreisförmige Betonmauer vor, die in unmittelbarer Nähe die Tempel vor den ansteigenden Wassermassen schützen sollte. Mit diesem Mauerbau wären die natürliche Verbindung zum Nil und das sogenannte „Sonnenwunder“ nicht mehr gewährleistet.

Projekt 2 wollte durch eine neue seeähnliche Wasserfläche und einen Erde-Gesteinsdamm, der in 300 m Entfernung von den Tempeln aufgeschüttet werden sollte, die architektonische Einheit Nil-Tempel und das Sonnenwunder erhalten.

Im Projekt 3 sollten die Tempel durch eine dünnwandige Stahlbetonschale unterhalb des künftigen Wasserspiegels abgedeckt werden. Die Zugänge zu den „Unterwassertempeln“ sollten mit Aufzügen in einem besonderen Schacht erfolgen.

Das Projekt 4 sah vor, die Tempel in ein Stahlkorsett einzuspannen und sie allmählich 62 m hydraulisch zu heben.

Schließlich entschieden sich die ägyptische Regierung und die UNESCO für das Projekt 5. Fassade, Decken und Tempelräume wurden von den überlagernden Materialien befreit bis nur eine Steindicke von 80 cm übrig blieb. Das so entstandene freistehende Bauwerk konnte nun nach genauen Vermessungen in über 8 000 einzelne Blöcke zerschnitten und abtransportiert werden. Auf dem höher gelegenen Standort baute man unter einer Kuppelkonstruktion aus Stahlbeton die Tempel wieder auf. Der große Stahlbetondom wurde anschließend mit Steinmassen und Sand überdeckt. Dadurch fügte sich der künstliche Hügel perfekt in die Natur ein. Seitdem beeindruckt Abu Simbel wie vor dem Eingriff.

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