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Der realistische Roman

Der Roman setzt sich, als Genre umstritten, gegenüber dem hochgeschätzten Epos in diesem Jahrhundert durch und wird zur modernen Großform des Erzählens im beginnenden Zeitalter der Soziologie.

Schwerpunkte sozialkritischer Dichtung des poetischen Realismus waren die Darstellung:

  • des Stadtlebens,
  • des Industriealltags und
  • der Massenverelendung (vor allem in den vierziger Jahren),
  • der Arbeit der bürgerlichen Schicht im Unterschied zum Leben der aristokratischen, adligen Schicht,
  • der scheiternden Liebes- und Eheverbindungen vor allem aus der Perspektive der Frau zwischen Partnern aus
  • unterschiedlichen sozialen Schichten.

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FRIEDRICH THEODOR VISCHER (1807–1887) schrieb über den Roman des poetischen Realismus:

„Der bürgerliche Roman [...] ist die eigentlich normale Spezies [des Romans,d. Verf.] Er vereinigt das Wahre des aristokratischen und des Volksromans, denn er führt uns in die mittlere Schichte der Gesellschaft, welche mit dem Schatze der tüchtigen Volksnatur die Güter der Humanität, mit der Wahrheit des Lebens den schönen Schein, das vertiefte und bereicherte Seelenleben der Bildung zusammenfaßt. Der Heerd der Familie ist der wahre Mittelpunkt des Weltbildes im Roman, und er gewinnt seine Bedeutung erst, wo Gemüther sich um ihn vereinigen, welche die harte Wahrheit des Lebens mit zarteren Saiten einer erweiterten Welt wiedertönen. In diesen Kreisen erst wird wahrhaft erlebt und entfaltet sich das wahre, von den extremen ferne Bild der Sitte.“
(Friedrich Theodor Vischer: Aesthetik oder Wissenschaft des Schönen. Dritter Theil: Die Kunstlehre. Stuttgart: Verlagsexpedition der Verlagsbuchhandlung von Carl Mäcken in Reutlingen,1857, S. 1313f.)

Der Roman dieser Zeit steht zwischen den Polen der Sinngebung durch die Autorenpersönlichkeit und einer analytisch-sozialen Perspektive. In England und Frankreich entwickelte sich ein starker analytischer Ansatz (Gesellschaftsroman), in Deutschland ein Typ, der die Bewusstseins- und Persönlichkeitsbildung des einzelnen verfolgt (Bildungs- und Entwicklungsroman). Charakteristisch für beide Formen ist eine stärkere Psychologisierung der Darstellung, eine interessantere und ausführlichere Beschreibung der Psyche einzelner Figuren. Dies gilt jedoch weniger für die Varianten im Bereich der Unterhaltungsliteratur.

Bild

Für die Ausbildung des deutschen Romans sowie des Nachdenkens darüber spielte die Vermittlung der englischen Realisten wie

  • CHARLS DICKENS (1811–1870, Oliver Twist: PDF 1),
     
  • WILLIAM MAKEPEACE THACKERAY (1811–1863) und vor allem
     
  • Sir WALTER SCOTT (1771–1832)
  • BWS-DEU1-0561-01.pdf (1.51 MB)

sowie der französischen Realisten

  • GUSTAV FLAUBERT(1821–1880, „Madame Bovary“,
    PDF 2 ),
     
  • ÉMILE ZOLA (1840–1902, sein Roman „Nana“, PDF 3) und
  • BWS-DEU1-0561-03.pdf (948.58 KB)

HONORÉ DE BALZAC (1799–1850)

eine große Rolle.

Einer der wichtigsten Propagandisten war der Herausgeber des „Grenzboten“: JULIAN SCHMIDT (1818–1886), der gleichzeitig seine Aufgabe darin sah, vor dem Realismus BÜCHNERs, DICKENS' oder HUGOs zu warnen, da diese die sittliche Bildung und die Geschmacksentwicklung des Lesers negativ beeinflussen könnten.

JULIAN SCHMIDT: „Der neuste englische Roman und das Princip des Realismus“

„Unter den neusten Stichwörtern ist eins der beliebtesten das Princip des Realismus. Seit den großen Erfolgen der Dorfgeschichten spricht man auch in Deutschland von einer realistischen Schule; in Frankreich existiert sie schon seit Victor Hugo, und in England führt sie in diesem Augenblick ganz unumschränkt die Herrschaft über alle Gattungen der schönen Kunst. ... Und hier ist noch eine bestimmte Seite hervorzuheben, ... , nämlich die satirische Richtung der neusten Poesie [Dickens „Nickelby“ oder „Oliver Twist“]. Der eigentliche Realist in seiner reinsten Erscheinung wird nur selten satirisch, das heißt, er geht nur selten von der Absicht aus, durch seine Darstellung auf bestimmte Schäden der Gesellschaft aufmerksam zu machen und zur Abhilfe derselben beizutragen, weil in diesem Vorhaben wieder etwas Dogmatisches, wieder eine Auflehnung gegen das Recht der Natur liegen würde.“
(JULIAN SCHMIDT: „Der neuste englische Roman und das Princip des Realismus“. In: Die Grenzboten 15/4, 1856)

Sozialkritische Publizistik und sozialer Roman / Gesellschaftsroman

Schwerpunkte sozialkritischer Dichtung des poetischen Realismus waren die Darstellung

  • des Stadtlebens,
  • des Industriealltags und der Massenverelendung (vor allem in den vierziger Jahren),
  • der Arbeit der bürgerlichen Schicht im Unterschied zum Leben der aristokratischen, adligen Schicht,
  • der scheiternden Liebes- und Eheverbindungen vor allem aus der Perspektive der Frau zwischen Partnern aus unterschiedlichen sozialen Schichten.

Die frühe sozialkritische Publizistik sowie auch der soziale Roman stand unter starkem Einfluss von EUGENE SUEs (1804–1857) Roman „Geheimnisse von Paris“„ und GUSTAV FREYTAGs „Soll und Haben“ (1855).
FRIEDRICH ENGELS schrieb über das Echo auf SUEs Roman 1844 in „Bewegungen auf dem Kontinent“:

„Der wohlbekannte Roman von Eugène Sue, die »Geheimnisse von Paris«, hat auf die öffentliche Meinung, ganz besonders in Deutschland, tiefen Eindruck gemacht; die eindringliche Art, in der dieses Buch das Elend und die Demoralisierung darstellt, die in großen Städten das Los der »unteren Stände« sind, mußte notwendig die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Lage der Armen im allgemeinen lenken. Wie die »Allgemeine Zeitung«, die deutsche »Times«, schreibt, beginnen die Deutschen zu entdecken, daß sich im Stil der Romanschriftstellerei während der letzten zehn Jahre eine vollkommene Umwälzung vollzogen hat; daß an die Stelle von Königen und Fürsten, die früher die Helden solcher Erzählungen waren, jetzt die Armen getreten sind, die verachtete Klasse, deren gute und böse Schicksale, Freuden und Leiden zum Thema der Romanhandlung gemacht werden; sie kommen endlich dahinter, daß diese neue Klasse von Romanschriftstellern, wie zum Beispiel G. Sand, E. Sue und Boz, wirklich ein Zeichen der Zeit ist. Die guten Deutschen hatten immer gedacht, daß es Not und Elend nur in Paris und Lyon, in London und Manchester gäbe, und daß Deutschland völlig frei sei von derartigen Auswüchsen der Überzivilisation und des Übermaßes an Industrie. Jetzt aber beginnen sie zu sehen, daß auch sie ein beträchtliches Maß sozialer Leiden aufzuweisen haben; die Berliner Zeitungen gestehen, daß das »Voigtland« ihrer Stadt in dieser Hinsicht nicht hinter St. Giles oder sonstigen Wohnstätten der Parias der Zivilisation zurücksteht; sie gestehen, daß zwar Gewerkschaften und Streiks bisher in Deutschland unbekannt geblieben seien, aber Hilfe dennoch sehr notwendig wäre, um das Auftreten ähnlicher Erscheinungen bei ihren eigenen Landsleuten zu vermeiden, Dr. Mundt, Dozent an der Berliner Universität, hat eine Serie öffentlicher Vorlesungen über die verschiedenen Systeme der sozialen Neugestaltung begonnen; und wenn er auch nicht der Mann ist, sich über solche Dinge ein richtiges und unparteiisches Urteil zu bilden, so müssen diese Vorlesungen doch sehr förderlich sein. Man kann sich leicht vorstellen, wie günstig dieser Zeitpunkt für den Beginn einer ausgedehnteren sozialen Agitation in Deutschland ist, und welche Wirkung eine neue Zeitschrift haben wird, die für durchgreifende Sozialreform eintritt. Eine solche Zeitschrift ist in Paris unter dem Titel »Deutsch-Französische Jahrbücher« gegründet worden; ihre Herausgeber, Dr. Ruge und Dr. Marx, gehören ebenso wie die übrigen Mitarbeiter zu den »gelehrten Kommunisten« Deutschlands und werden unterstützt von den angesehensten sozialistischen Schriftstellern Frankreichs. Für die Herausgabe der Zeitschrift, die monatlich erscheinen und französische wie deutsche Artikel enthalten soll, hätte wahrhaftig kein günstigerer Zeitpunkt gewählt werden können, und ihr Erfolg darf als gewiß gelten, noch ehe die erste Nummer erscheint.“
(FRIEDRICH ENGELS: Bewegungen auf dem Kontinent. In: The New Moral World, Nr. 32 vom 3. Februar 1844. Wiederveröffentlicht in: Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 1. Berlin/DDR, 1976)

Ähnlich hat auch FREYTAGs Roman gewirkt.

  • BWS-DEU1-0561-04.pdf (907.64 KB)

WILHELM RAABE erzählt in seinem Erstlingswerk „ Die Chronik der Sperlingsgasse “ (1856, hrsg. u. d. Pseudonym Jacob Corvinus, PDF 4) die Geschichte von Johannes Wachholder, der seit dreißig Jahren in der Berliner Sperlingsgasse lebt. Seine fiktiven Tagebuchaufzeichnungen beginnt Wacholder am 15. 11. 1854. Ein halbes Jahr arbeitet er an seiner Chronik, sein Leben reflektierend und das seiner Freunde, die schon gestorben oder längst aus der Gegend weggezogen sind. So erscheint sein Leben

„ zu einer Bühne des dem ewigen Wandel unterworfenen Lebens geworden, das sich mit allen seinen Gegensätzlichkeiten in den vielfältigen Schicksalen ihrer Bewohner widerspiegelt“.

RAABEs zweites großes Romanwerk, „ Der Hungerpastor “, unter dem Einfluss von SCHOPENHAUER geschrieben, ist ein Bildungsroman unterschiedlicher Lebenswege der Söhne eines Schusters und eines Trödlers. Der positive Held Johannes Unwirrsch ist „hungrig“ nach Wahrheit und Erkenntnis. Sein „Freund“ und Gegenpart Moses Freudenstein entwickelt sich zum machthungrigen Aufsteiger und Verführer. Er macht als Kritiker in Berlin Karriere, während Hans Unwirrsch sich unbeirrt auf der Suche nach Wahrheit, Freiheit und Liebe begibt und schließlich Pfarrer in einem kleinen Ort an der Ostsee wird.
„Der Hungerpastor“ ist 1863 im Vorabdruck als erste Ausgabe der „Deutschen Roman-Zeitung“ erschienen.
Bedeutsame Gesellschaftsroman e schrieb THEODOR FONTANE mit „Effi Briest“, „Irrungen Wirrungen“ und „Frau Jenny Treibel“.

Historische Romane/Geschichtsroman/biographische Roman
Historischer Roman : Nach den großen politischen Ereignissen Europas und den wirtschaftlichen sowie sozialen Veränderungen (wie z. B. der französischen Revolution von 1789) wuchs das allgemeine Interesse für Geschichte und damit auch die Akzeptanz der Geschichtswissenschaft. Gründung von Historikergesellschaften, Aufblühen der Geschichtswissenschaft, starkes Interesse auch für die Geschichte der Sprache und Literatur. Im 19. Jahrhundert erschienen Geschichtswerke und Literaturgeschichten, die bis in das 20. Jahrhundert zu den Standardwerken gehörten. Der Geschichtsroman gehörte zu einer beliebten Form des Lesers ohne Vorkenntnisse. Bekannte Beispiele für den Geschichtsroman stammen von FELIX DAHN („Ein Kampf um Rom“ 1876/78: germanisch-deutsche Vergangenheit als Thema im Kontext der nationalstaatlichen Einigungsbemühungen) und GEORG MORITZ EBERS („Eine ägyptische Königstochter“ 1864), der selbst Ägyptologe war. Zeitgenossen nannten diese Romane auch „Professorenromane“.

Zu dieser Gruppe gehören auch Abenteuergeschichten und Romane über fremde Welten und deren Geschichte und von ausgewanderten Deutschen. In dieser Phase wanderten ca. 2,5 Mio Deutsche nach Amerika aus (u. a. der Österreicher KARL POSTL, d. i. CHARLES SEALSFIELD). In dieser Tradition schrieb im 20. Jahrhundert u. a. B. TRAVEN.

  • BWS-DEU1-0561-05.pdf (550.08 KB)

KARL MAY (1842–1912) schrieb Roman- und Geschichtsserien mit Welterfolg (u. a. „Winnetou“, PDF 5). Seine Werke hatten eine Gesamtauflage von ca. 50 Mio. Exemplaren. In seinen Abenteuern beweist der Einzelheld Mut, Gerechtigkeitssinn, Treue, Mitgefühl, Verantwortungsgefühl, Nächstenliebe (einfache, kindliche christliche Moral und Werte). Charakteristisch sind Heroisierung, Humor, die Fähigkeit, spannend zu erzählen, das Angebot zur Traumidentifikationen mit Einzelhelden, Bilder von fremden, exotischen Welten und klare Figurentypen.

  • BWS-DEU1-0561-06.pdf (2.22 MB)
Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Der realistische Roman." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/index.php/schuelerlexikon/deutsch/artikel/der-realistische-roman (Abgerufen: 15. June 2025, 10:50 UTC)

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Bunte Steine

Der Schriftsteller, Pädagoge und „begeisterte Landschaftsmaler“ (mehr als 160 Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder stammen aus seiner Hand) ADALBERT STIFTER (1805–1868) veröffentlichte seine Erzählungen „Bunte Steine“ 1853. Benannt sind diese sechs Geschichten nach Gesteinsvorkommen in seiner Heimat Oberösterreich. Außer der Erzählung „Katzensilber“ waren sie alle bereits in Zeitschriften abgedruckt worden. „Kalkstein“, z. B., erschien 1848 unter dem Titel „Der arme Wohltäter“, „Granit“ 1849 als „Die Pechbrenner“ und „Turmalin“ 1852 unter dem Titel „Der Pförtner im Herrenhause“.

STIFTER gilt als einer der bedeutendsten österreichischen Autoren des 19. Jahrhunderts. Unumstritten ist er jedoch der bedeutendste Biedermeierautor Österreichs. In unnachahmlicher Detailtreue und Ausdrucksgabe schilderte er Menschen, Landschaft und Natur. Seine Figuren „sollen nur durch das wirken, was sie sind ...“, bemerkte der Autor in der Vorrede zu seiner Sammlung. Er bevorzugte den mittleren Helden:

„Großes oder Kleines zu bilden, hatte ich bei meinen Schriften überhaupt nie im Sinne ...“

THOMAS MANN sagte über den Verfasser der „Bunten Steine“:

„Stifter ist einer der merkwürdigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur“.

Der Erzählband war ursprünglich als Kinderbuch geplant. Die Erzählung „Bergkristall“ geht auf eine Begegnung des Autors mit zwei Kindern in Hallstatt zurück, die beim Erdbeerensammeln von einem Unwetter überrascht worden waren und unter einem Felsen Schutz gesucht hatten. Er komponierte daraus eine Weihnachtsgeschichte (1845: „Der heilige Abend“), der einen glücklichen Ausgang schenkte: Die Kinder werden zwar von den Gewalten der Natur geprüft, können aber gerettet werden .

 

Realismus in Frankreich

Der Realismus entwickelte sich zuerst als Schule in der Malerei, auch wenn man den Begriff bereits in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts zur Beschreibung von literarischen Texten und Tendenzen verwendet hat. Er konnte sich zuallererst in Frankreich entwickeln.

Um 1850 bedeutete Realismus

  • Nähe zum Historiker,
  • Detailtreue,
  • Lokalkolorit.

Später verstand man darunter die wahrheitsgetreue Darstellung der Gegenwart, die objektive Abbildung.
Die französischen Realisten beginnen mit HONORÉ DE BALZAC. Weitere Vertreter waren u. a. GUSTAVE FLAUBERT, STENDHAL und VICTOR HUGO.

Der Hessische Landbote

1834 schrieb der damals 21 Jahre alte GEORG BÜCHNER gemeinsam mit FRIEDRICH LUDWIG WEIDIG seine Flugschrift „Der Hessische Landbote“.

In ihr kritisierten die Verfasser die hessischen Staatsausgaben und prangerten sie als Raub am vom Volk erarbeiteten Vermögen an. Die Armen würden immer ärmer, die Reichen immer reicher. Das Geld sei der Blutzehnte, „von dem Leib des Volkes genommen“. Diese Wahrheit, das wusste BÜCHNER, war eine unbequeme Wahrheit, und sie war verboten. Trotzdem deckte er schonungslos auf, was im Namen und Gesetz des Fürsten geschah.

Der Autor glaubte viele Protestierer hinter sich, denn zwei Jahre vorher war das Hambacher Fest (Mai 1832) gewesen, auf dem sich die deutsche Opposition versammelt hatte. BÜCHNER kam zu der Erkenntnis, das deutsche Volk müsste „sich die Freiheit erringen“. Ein Traum, der auch 14 Jahre später, während der bürgerlich-demokratischen Revolution nur von kurzer Dauer war.

Der bekannteste Ausspruch der Flugschrift ist: „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ („Paix aux chaumières! Guerre aux châteaux!“ riefen die französischen Soldaten während der Französischen Revolution, der Ausspruch wird dem französischen Schriftsteller NICOLAS CHAMFORT zugeschrieben).

Der Urtext von BÜCHNER ist verloren gegangen, erhalten blieben zwei Versionen des von WEIDIG bearbeiteten und abgeschwächten Textes. Trotzdem musste BÜCHNER 1835 wegen seiner politischen Flugschrift „Der Hessische Landbote“ seine Heimat verlassen.

Der historische Roman

Nach den großen politischen Ereignissen in Europa und den wirtschaftlichen sowie sozialen Veränderungen (wie z. B. der französischen Revolution von 1789) wuchs das allgemeine Interesse für Geschichte und damit auch die Akzeptanz der Geschichtswissenschaft. In jene Zeit fällt die Gründung von Historikergesellschaften und das Aufblühen der Geschichtswissenschaft.

Der Schimmelreiter


THEODOR STORMs Novelle „Der Schimmelreiter“ erschien 1888. Der Dichter erzählt darin, er habe als Kind eine Geschichte gelesen. Diese Geschichte sei jedoch nicht mehr auffindbar, sodass er für die Wahrheit des Erzählten nicht bürgen könne. Laut Erinnerung erzählte ein Schulmeister die Geschichte von Hauke Haien, der vom Kleinknecht zum Deichgrafen aufgestiegen war. Er wäre besessen gewesen von der Idee, die Deiche technisch zu verbessern und sicherer zu machen. Die Dorfbewohner hätten ihm misstraut und seine Vorhaben geneidet, auch wenn Haiens Projekte ihnen Vorteile gebracht hatten. Beim Neubau eines Deiches wäre Hauke in offene Konfrontation zu seinem Feind, einem Großknecht geraten, der den Aberglauben der Deicharbeiter ausnutzte: Haien hätte sich wider besseren Wissens auf einen Kompromiss bei den Reparaturarbeiten an jener gefährdeten Stelle eingelassen, wo der alte und der neue Deich aneinanderstießen. Bei einer Sturmflut wäre der alte Deich gebrochen; wären Frau und Kind ertrunken und Haien hätte sich auf seinem Schimmel hinterhergestürzt. Als Zeichen der Warnung erschiene von da an bei Gefahr das Bild des Schimmelreiters, erzählte der Schulmeister.

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