Nordirlandkonflikt, Geschichte
Die Vorgeschichte des Nordirlandkonflikts reicht bis ins Mittelalter zurück. Um 1200 hatten die Anglo-Normannen einen Großteil der irischen Insel erobert. Dabei profitierten sie von der Zerstrittenheit der irischen Clans und dem Fehlen einer irischen Zentralgewalt. Allerdings beschränkte sich die englische Herrschaft bis ins 16. Jahrhundert auf die irische Ostküste.
Erst nach dem Ende des englischen Rosenkriegs (1455-1485) ergriffen die Engländer einschneidende Maßnahmen, um ihre Ansprüche auf die irische Insel durchzusetzen. Die eigentliche Unterwerfung begann 1534, als HEINRICH VIII. den GRAFEN VON KILDARE als Stellvertreter absetzte und sich 1541 vom irischen Parlament den Titel eines Königs von Irland übertragen ließ.
HEINRICHs Versuch, die Reformation in Irland zu verankern, scheiterte am Widerstand der katholischen Bevölkerung. Um diesen Widerstand zu brechen, wurden 1609 die ersten englischen Protestanten nach Ulster umgesiedelt, wo sie Ländereien katholischer Iren in Besitz nahmen. Die Ansiedlung der Protestanten in Ulster hatte einen maßgeblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung Nordirlands und die bis heute währenden Auseinandersetzungen mit dem katholischen Bevölkerungsteil.
Nachdem WILHELM VON ORANIEN 1690 die Battle of Boyne gewonnen hatte, wurden drastische Strafgesetze, die Penal Laws, eingeführt. Sie untersagten den Katholiken den Schulbesuch und schlossen sie von öffentlichen Ämtern aus dem Parlament aus. 1795 wurde die Orange Society gegründet, die im Kampf gegen die irische Nationalbewegung hervortrat. Noch heute veranstaltet der Oranierorden jährlich am 12. Juli Umzüge durch Nordirland, die von der katholischen Bevölkerung als Provokation empfunden werden.
Der Kampf um die irische Unabhängigkeit
1800/01 verlor Irland seine Unabhängigkeit. Das irische Parlament wurde aufgelöst und Irland von einer kleinen Zahl protestantischer Parlamentarier im House of Commons (Unterhaus) repräsentiert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstarkte die irische Unabhängigkeitsbewegung. Seit 1858 verfolgten irische Nationalisten, die sich im Geheimbund der Fenians zusammengeschlossen hatten, die Ablösung von Großbritannien. Einflussreicher als die Fenians war die 1877 entstandene Irish National Party unter CHARLES STEWART PARNELL. Sie vertrat Irlands Interessen im Londoner House of Commons und setzte sich für die parlamentarische Selbstregierung der Iren, die Homerule, ein.
Doch erst 1912 nahm das britische Unterhaus das Homerule-Gesetz an, das aber während des Ersten Weltkriegs ausgesetzt wurde. An die Stelle der Irischen Nationalpartei trat die radikalere Partei Sinn Féin (Wir selbst) unter Führung von EAMON DE VALERA, der auf die völlige Unabhängigkeit Irlands hinarbeitete. 1916 kam es zum Easter Rising, einem blutigen Aufstand, in dessen Verlauf die Irish Citizen's Army das Hauptpostamt in Dublin besetzte und zum vorübergehenden irischen Regierungssitz erklärte. Obwohl der Aufstand niedergeschlagen wurde, verhalf er der Sinn Féin zu großer Popularität in der irischen Bevölkerung. Die Partei gewann die Wahlen von 1918; doch weigerten sich die gewählten Parlamentarier, ihre Mandate im Londoner Parlament wahrzunehmen und gründeten die erste Dail Eireann (Volksversammlung von Irland). Der inhaftierte DE VALERA wurde zu ihrem Präsidenten gewählt.
Der irische Unabhängigkeitskrieg und die Ulster Counties
Da die britische Regierung die Unabhängigkeit Irlands nicht anerkannte, entflammte 1919 der Unabhängigkeitskrieg zwischen den in Irland stationierten britischen Truppen und der Irish Republican Army, IRA. Die wachsende Brutalität des Krieges bewog den britischen Premierminister LLOYD GEORGE, im Government of Ireland Act die politische Teilung Irlands anzubieten. Nordirland - bestehend aus den sechs Ulster Counties mit ihrer protestantischen Bevölkerungsmehrheit - gehörte weiterhin zu Großbritannien, während der Rest der Insel im Dezember 1921 zum Irischen Freistaat erklärt wurde. Nach der Unterzeichnung des anglo-irischen Abkommens spaltete sich die irische Nationalbewegung in Anhänger (Fine Gael) und Gegner (Fianna Fáil) des Vertrags. Ein kleiner radikaler Teil organisierte sich - in enger Verbindung mit der IRA - in Nordirland weiter unter dem Namen Sinn Féin.
Krisenherd Nordirland
Bis 1937 blieb der Irische Freistaat eine British dominion. Dann konstituierte sich Irland als Republik und trat aus dem Commonwealth aus. Aufgrund der weiteren Zugehörigkeit zu Großbritannien entwickelte sich Nordirland zum Krisenherd.
Die katholische Minderheit machte ein Drittel der nordirischen Bevölkerung aus, wurde jedoch durch verschiedene Maßnahmen bei der politischen Mitbestimmung benachteiligt. Zu diesen Maßnahmen gehörten:
- das Gerrymandering - die Grenzen der Wahldistrikte wurden so manipuliert, dass jeder Wahldistrikt über eine protestantische Mehrheit verfügte.
- die Property qualifications bzw. das disfranchisement - die Anzahl der Stimmen richtete sich nach dem Besitzstand der Bürger. Personen ohne Grundbesitz verloren ihr Stimmrecht.
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