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Bachs Spätwerk

Neben seinem außerordentlich umfangreichen Kantatenwerk hat vor allem das vergleichsweise esoterische, spröde und schwer zugängliche Spätwerk für den Nachruhm JOHANN SEBASTIAN BACHs gesorgt. BACH intensiviert hier kontrapunktische und motivisch-thematische Technik einerseits, Ausdruck andererseits in einem Maße, dass mehrere Generationen von Komponierenden davon geprägt und beeinflusst wurden.

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Seit den 1730er-Jahren koppelte sich JOHANN SEBASTIAN BACH (1685–1750) immer mehr von der stilistischen Entwicklung ab. Bereits die Bevorzugung der „Choralkantate“ vor dem Hintergrund des Verfalls des lutherischen Choralgesangs im Gottesdienst war ein deutliches Zeichen gegen den Zeitgeist. Den entscheidenden biografischen Bruch mit Folgen für das Komponieren dürfte die erbitterte Auseinandersetzung 1736–1738 mit dem neuen Rektor der Thomasschule bedeutet haben, der gegen die traditionelle lutherische Orientierung ein neuhumanistisch-aufgeklärtes Konzept vertrat.

Vor allem mit seiner virtuosen Instrumentalmusik stimmte BACH, damals berühmt besonders als Organist, bis etwa 1720 mit der herrschenden Ästhetik überein. Besonders sein radikales Spätwerk erschien den Zeitgenossen jedoch als konservativ: „gekünstelt“ und bloß „verstandesmäßig“. BACH zielte auf eine traditionsgesättigte und doch eigenständige Ausprägung seiner Musik, mit der er eine Art Summe der vorausgegangenen musikhistorischen Tradition zog,

  • einerseits der protestantischen Kirchenmusik,
  • andererseits der kontrapunktischen Techniken seit Renaissance und Generalbasszeitalter.

BACH publizierte seine Werke erst spät im Druck, z.B.:

  • Tastenmusik (Cembalo und Orgel),
  • die „Clavier-Übung I–IV“ (1731–1742, Teil IV sind die sogenannten „Goldbergvariationen“ von 1741),
  • „Sechs Choräle verschiedenener Art“, die sogenannten „Schüblerchoräle“ für Orgel (1747, BWV 645–650).

Er war daher vor allem als Organist in der Öffentlichkeit bekannt, weniger als der große Komponist, als der er von der Nachwelt geschätzt wurde. Seit den 1730er-Jahren überarbeitete BACH zahlreiche frühere Werke, schuf neue Oratorien nunmehr im Parodieverfahren, also der Neutextierung und Adaptierung vorhandener Werke. Um 1740 entstand auch der Klavierzyklus das „Wohltemperierte Klavier“ Teil 2 (BWV 870–893), der stärker als der erste Teil (BWV 846–869) den Charakter einer Sammlung hat. Insgesamt zielte BACH auf Durchsicht des Vorhandenen im Sinn einer Sammlung und Neufassung „letzter Hand“.

Ausgewählte Spätwerke von Johann Sebastian Bach

Spätwerke von JOHANN SEBASTIAN BACH sind u.a.:

  • die Clavier-Übung III (1739, Praeludium und Tripelfuge Es-Dur, Orgelchoräle, 4 Duette);
  • die Clavier-Übung IV (1742, „Aria mit verschiedenen [30] Veraenderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“, die sogenannten „Goldberg-Variationen“, BWV 988);
  • „Die Kunst der Fuge“ (1742–1746, BWV 1080);
  • „Einige canonische Veraenderungen über das Weynacht-Lied: Vom Himmel hoch da komm ich her, vor die Orgel mit 2 Clavieren und dem Pedal“ (1746/1747);
  • „Musicalisches Opfer“ (1747, BWV 1079) für FRIEDRICH II. von Preußen.

Die „Goldbergvariationen“ (BWV 988) von 1742 waren ein Auftrag von einem sächsischen Adligen; sein Hofmusiker hieß GOLDBERG. BACH entwirft hier geradezu ein Handbuch von klavieristischen wie kontrapunktischen Künsten und Fertigkeiten. Der groß angelegte Variationenzyklus mit seinen vielfältigen stilistischen und gestaltungsmäßigen Ausprägungen wurde ein weithin ausstrahlendes Vorbild für spätere Komponisten. Das „Quodlibet“ bezieht dann sogar populäre Lieder in das kunstvolle Geflecht des Satzes ein.

Die Sammlung „Musicalisches Opfer“ (1747, BWV 1079; zehn Kanons, zwei Fugen, eine viersätzige Triosonate) entstand aus einer Improvisation BACHs über das „Thema Regium“, das „Königliche Thema“, das BACH von FRIEDRICH II. von Preußen bei seinem Besuch in Potsdam im Mai 1747 als Auftragswerk angetragen wurde. BACH, so scheint es, wollte zeigen, was sich aus einem solchen Thema – das einem traditionellen barocken Modell entspricht – herausholen lässt. Bereits bis Juli arbeitete er die Ansätze zu einem kunstvoll verschachtelten Zyklus von Kanons, Fugen und Ricercari mit einer Triosonate aus.

Besonders berühmt wurde das 6-stimmige „Ricercare“. Dieses „Musikalische Opfer“ ließ er auf eigene Kosten stechen und in einem Druckexemplar dem König durch seinen Sohn CARL PHILIPP EMANUEL BACH (1714–1788), der in Potsdam Hofclavecinist bzw. Hofcembalist war, am 7. Juli 1747 übergeben, ohne damit im Übrigen viel für sich zu erreichen.

Als BACH sich 1747 in die Leipziger Sozietät der musikalischen Wissenschaften aufnehmen ließ, überreichte er, der Satzung gemäß, ein Probestück; es bestand aus dem dritten dieser späten Zyklen „Kanonische Veränderungen über Vom Himmel hoch“, die er ebenfalls stechen ließ (1747 oder 1748), später aber noch zweimal umarbeitete und deren letzte Gestalt autograf vorliegt. Auch hier zeigt sich BACHs Tendenz zu groß angelegten zyklischen Werken. Das Interesse an der Sozietät, die LORENZ CHRISTOPH MIZLER (1711–1778) 1738 als Stätte musikalischer „Gelahrtheit“ im rationalistischen Geiste von Mathematikern, Physikern und Philosophen wie ISAAC NEWTON (1643–1727), LEONHARD EULER (1707–1783) und GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ (1646–1716) ins Leben gerufen hatte, entspricht BACHs genereller Hinwendung zur Konzeption von Musik

  • als „quadrivialer“, mathematisch-zahlenmäßig bestimmter Kunst
  • mit kosmologischen (bei BACH eben christlich-theologischen) Bezügen.

Die überdimensionale Sammlung von Fugen und kanonischen Sätzen aller Art, die sogenannte „Kunst der Fuge“ (BWV 1080), entstand im Kern etwa 1742–1746. Sie beschäftigte BACH dann bis in seine letzten Lebenstage hinein und wurde nicht ganz vollendet. Der Titel ist nicht von BACH, passt aber. BACH zeigt hier – wie in einem Lehrbuch, aber in Kunstform – eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit einem einzigen Thema („Subjekt“) kontrapunktisch variativ umzugehen:

  • 2-stimmige Kanons,
  • Vergrößerung,
  • Verkleinerung,
  • Umkehrung,
  • Auszierung des Themas,
  • Doppel-, Tripel- und Spiegelfuge;
  • schließlich führt er sogar seinen ungemein musikalischen Namen „B-A-C-H“ als Thema ein.

1748/1749 komplettierte er noch (Credo, Sanctus, Agnus Dei) die 1733 entstandene, nur fragmentarische (Kyrie und Gloria) h-Moll-Messe (BWV 232), für den sächsischen Kurfürsten anlässlich dessen „Erbhuldigung“ und Wahl zum König von Polen durch den polnischen Adel. Das hatte ihm den Titel eines königlich-polnischen und kurfürstlich-sächsischen Hofkomponisten eingebracht. Deutlich werden hier die Bezüge zum Stile antico und stylus gravis zugleich – der „alte“ Palestrinastil und der besonders für kirchliche wie überhaupt festlich-feierliche Gattungen und Zwecke angemessene „ernste“, sozusagen „gravitätische“ Stil.

BACH kombiniert in seinem Spätwerk, nochmals gesteigert und konzentriert, Satztechniken und Verfahren verschiedener Gattungen wie

  • Kanon, Ricercare, Fuge einerseits,
  • Verfahren und Dramaturgien der mit harmonischen und thematischen Kontrasten operierenden Entwicklungsform der Sonate andererseits.

Die „Kunst der Fuge“ mit ihren vielfältigen musikalischen Charakteren und das „Musikalische Opfer“, in das BACH Rätselkanons ebenso wie eine Triosonate einbaut, zeugen davon. Rhetorische und zahlensemantische Verfahren sorgen überdies für eine rationale Durchdringung des Tonsatzes.

Die Dimension des Affekts, der – wiederum rationalen – Darstellung von Empfindungen und Leidenschaften wird stärker im Material aufgehoben, etwa in schroffen Dissonanzen; die Dimension des „Malenden“, „Madrigalesken“, der bildhaften Ausdeutung von Vorgängen, tritt demgegenüber im Spätwerk zurück.

Vor allem verdichtet und intensiviert BACH die motivisch-thematischen Beziehungen. Dieser intensivierten Konstruktivität steht aber eine ebenso intensivierte Expressivität gegenüber. Beides verstärkt sich wechselseitig. Und beides zusammen, nicht die kontrapunktischen Künste allein, machten BACH schon für die Wiener Klassiker zu einem wichtigen Bezugspunkt, und sind bis heute Grundlage seiner überragenden musikhistorischen und ästhetischen Geltung.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Bachs Spätwerk." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/index.php/schuelerlexikon/musik/artikel/bachs-spaetwerk (Abgerufen: 20. May 2025, 06:03 UTC)

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Art Rock – auch als Classic Rock, Culture Rock oder Symphonic Rock bezeichnet – war eine in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre vor allem in Großbritannien verbreitete Spielart der Rockmusik, in der ein Kunstverständnis durchzusetzen versucht wurde, das an den Normen des bürgerlichen Kunstwerkbegriffs aus dem 19. Jh. orientiert war.

Entwicklung der Kantate im Überblick

Die Kantate ist eine vielgestaltige und langlebige Gattung. Sie findet sich heute besonders im kirchlichen Bereich („Bach-Kantate“), aber auch im Konzertsaal. Um 1620 entstand sie als gering besetzte weltliche Kammermusikkantate in Italien (Kantate von ital. „cantata“, von lat. und ital. „cantare“ = „singen“). Im 17. und bis zur Mitte des 18. Jh. ist die Cantata als Kammermusik die wichtigste Gattung des italienischen weltlichen Sologesangs. Im 18. Jh. wird sie als geistliche bzw. Kirchenkantate die Hauptgattung der deutschen evangelischen Kirchenmusik mit einem abschließenden Höhepunkt bei JOHANN SEBASTIAN BACH. Seit dem 19. Jh. werden größere Vokalwerke für Sologesang, Chor und Instrumente als Kantate bezeichnet (Konzertkantate). Diese grenzt sich nun gegen das Oratorium hauptsächlich durch Text, Gestus und Haltung ab. Satztechnik und zyklische, mehrsätzige Ausprägung sind im Prinzip gleich. Der Tendenz nach hat die Kantate ein eher kleineres Format, in Besetzungsaufwand wie Dauer. Auch im 20. Jh. bleibt die Kantate kompositorisch ergiebig, nicht zuletzt (wieder) als Kammerkantate mit verschieden besetzten Ensembles.

Opéra comique, Singspiel, Melodram

Es lassen sich zwei Grundtypen des Musiktheaters unterscheiden:

  • Oper ohne gesprochene Dialoge und
  • Oper mit gesprochenen Dialogen.

Der italienische Operntyp seit dem ausgehenden 16. Jh. hebt alle Textelemente in Musik auf, gleichgültig, ob es sich um eine ernste, „seriöse“ Oper handelt (Opera seria) oder um eine heitere, komische Oper (Opera buffa). Das gilt auch für die höfische französischsprachige Oper, die „Tragédie lyrique“ (soviel wie „musikalische Tragödie“) des ausgehenden 17. und des 18. Jh.

Davon unterscheidet sich grundsätzlich der Singspiel-Typus, der sich im 18. Jh. entfaltete. Er steht dem Sprechschauspiel näher, und enthält mehr oder minder ausgedehnte, gesprochene Dialoge. Dieser im Deutschen „Singspiel“ genannte Typus heißt im Englischen „Ballad opera“ (Balladen- oder Liederoper), im Französischen „Opéra comique“ (komische Oper) und im Spanischen „Zarzuela“ (benannt nach dem Ort ihrer ersten Aufführungen im 17. Jh., dem königlichen Lustschloss Palacio de la Zarzuela).

Bachs Kantaten

JOHANN SEBASTIAN BACHs (1685–1750) Kantaten bilden zweifellos den Höhepunkt der Gattungsgeschichte. Sein vielgestaltiges Werk umfasst fünf Jahreszyklen á 59 Kantaten. BACHs Schaffen stand stets in Verbindung mit seinen Amtspflichten als Konzertmeister, Kapellmeister oder Kantor und war daher an die Orte seiner Berufung – Weimar, Köthen und Leipzig – gebunden. Der Großteil seiner Kompositionen besteht aus Kirchenkantaten, aber es entstanden ebenso bedeutende weltliche Kantaten. Kantaten der Bachzeit bezeichnen eine mehrteilige Vokalkomposition, bestehend aus

  • Arie,
  • Rezitativ und
  • Choral mit instrumentaler Begleitung.

Konzert

Das „Konzert“ (italienisch „Concerto“) ist eine vielgestaltige Gattung. Sie nimmt aber eine vergleichsweise lineare, kontinuierliche Entwicklung seit ihrer Herausbildung um 1600. Im heutigen Konzertwesen bildet sie neben der Sinfonie bzw. dem großen Orchesterstück immer noch eine Hauptattraktion. Da Konzert, Solist oder Solistin und Virtuosität eng zusammengehören, ist das Konzert sogar eine besonders populäre Gattung der „Klassik“. Populär als „Barockmusik“ ist auch der spätbarocke, von VIVALDI (1678–1741) maßgeblich entwickelte Solo-Konzert-Typ.

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