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Mannheimer Schule

Die Mannheimer Schule ist die Bezeichnung für die am Hofe des pfälzischen Kurfürsten KARL IV. PHILIPP THEODOR (1724–1799) wirkende Musiker- und Komponistengruppe. Zwischen 1740 und 1780 fanden bedeutsame Neuerungen im Bereich der Komposition und in der Gestaltung des Orchesters statt. Kompositionstechnisch gab es grundlegende Veränderungen: Die Melodie stand im Vordergrund und kontrastreiche stilistische und dynamische Mittel wie crescendo und Piano-Forte-Konstruktionen erhielten neben zahlreichen Motivfiguren Einzug in die Musik. Der Orchesterapparat wurde vergrößert und den Bläsern wurde eine selbstständige Rolle zugeschrieben. Gründer und geistiges Haupt dieser Komponistenschule war JOHANN STAMITZ (1717–1757).

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Residenzstadt Mannheim

Mannheim war zwischen 1720 und 1778 (in dem Jahr, als die Übersiedlung der Residenz nach München erfolgte) ein international berühmtes Zentrum geistigen und künstlerischen, pracht- und prunkvollen höfischen Lebens und besonders unter dem großzügigen und organisationsbegabten Kurfürsten KARL THEODOR erlangte dieser Musikerkreis europäische Geltung. Bedeutsam waren Neuerungen im Bereich der Komposition und der Gestaltung des Orchesters.

Der Mannheimer Hof umfasste eine große Schlossanlage, eine Schlosskirche und ein neues Opernhaus und eigens dafür wurden Kirchenmusiken, Opern, Orchester- und Kammermusik komponiert. Der Kurfürst KARL THEODOR war ein Musikliebhaber, der selbst Flöte und Cello spielte. Das Hoforchester bestand seit 1720, gelangte aber erst durch JOHANN STAMITZ zu seiner Besonderheit und zu seinem Ruhm.

JOHANN STAMITZ

JOHANN STAMITZ (1717–1757) wurde 1741 als Erster Hof-Violinist eingestellt und war ab 1745 bis zu seinem Tode als Konzertmeister der Hofkapelle für die Orchestermusik verantwortlich. Neu in der Orchesterbehandlung von STAMITZ waren

  • der vierstimmige Streichersatz und
  • die Verdoppelung der Holzbläser,

womit STAMITZ die Entwicklung zum klassischen Orchester in der zweiten Hälfte des 18. Jh. einleitete. Diese Besetzung wurde bald zur Norm. Anfangs wurden Bläser lediglich zur Verdopplung der Violinen oder zur Stützung der Harmonie eingesetzt, nun gewannen sie an Eigenständigkeit und melodisch geprägte Abschnitte wurden zunehmend von ihnen gestaltet.

Diese Neuerung ging mit der Aufnahme von zusätzlichen Instrumenten einher. Einerseits fand die Klarinette Einzug in den Apparat und das Horn wurde verstärkt eingesetzt. Andererseits wurde das Orchester immer reicher besetzt. So wurde 1747 die Zahl der Streicher von 14 auf 24 und die Zahl der Bläser von 10 auf 12 erhöht, 1756 waren es bereits 30 Streicher.

Der Mannheimer Kompositionsstil

Unter den Orchestermitgliedern befanden sich außer JOHANN STAMITZ noch zahlreiche andere komponierende Musiker, die ihre Sinfonien für die Mannheimer Hofkapelle komponierten. Die Neuartigkeit der Besetzung, die eng an den neu entwickelten Kompositionsstil gebunden war, ließ schon früh den Begriff der „Mannheimer Tonkunst“ aufkommen.

Die exquisite Besetzung und die solistisch virtuosen Fähigkeiten der Streicher und Bläser sicherten die hohe Qualität der Mannheimer Hofmusik, die auch auf einer kontinuierlichen Förderung durch den Kurfürsten basierte. Die Musiker stammten aus ganz Europa, was bedeutend für die Einflusszonen der Musik war. Die Mannheimer begeisterten durch Natürlichkeit und Schwung und der dynamische Orchestervortrag gilt als Wurzel einer neuen Instrumentalsprache. Ein viel gerühmtes Qualitätsmerkmal des Orchesters war die Nuancierung des dynamischen Vortrages.

Da in Mannheim überwiegend eigene Kompositionen gespielt wurden, arbeitete sich bald ein spezifisch Mannheimer Kompositionsstil heraus, wobei die Gattung Sinfonie im Vordergrund stand. Kompositionstechnisch gab es folgende wesentliche Errungenschaften:

  • Die Melodik wurde zum zentralen und formbildenden Element der Komposition. Damit verbunden war die endgültige Abkehr von der früheren Vorherrschaft des Generalbasses zugunsten der Melodie führenden Stimmen. Eine geradzahlige Taktgliederung (2, 4, 8) ermöglichte eine klare und volkstümliche, dem Tanz nahestehende Periodik.
     
  • Die Themenstruktur war variabel und kleingliedrig und erlaubte Motivvariationen durch Einschübe und Verkürzungen.
     
  • Der Satzbau war stabil und regelmäßig; Satzteile wurden noch nicht, wie später in der klassischen Sinfonie, in Richtung auf Entwicklungsfähigkeit, Durchführung und thematische Arbeit angelegt, sondern die Form entstand durch Reihung (Wiederholung oder Neuansatz von Teilen).
     
  • Der Kopfsatz war vielgliedrig mit Ideen- und Motivfülle, daneben standen variierte Reprisen.
     
  • An der Stelle des dritten Satzes komponierte man ein Menuett. Es stand für Klargliedrigkeit und Schönheit und repräsentierte als Tanzform den natürlichen Ausdruck des Menschen in der Bewegung.
     
  • In den thematischen Partien wurde eine melodische und harmonische Periodizität deutlich, die der Musik eine am Liedgesang orientierte Verständlichkeit verlieh.
     
  • Der thematische Dualismus (Sonatensatzform) wurde ausgebaut, wobei Kontraste entstanden, die sich vom vorherigen barocken Einheitseffekt deutlich unterschieden. Die allgemeine Zeitströmung um 1740–1780 wurde nämlich „Empfindsamer Stil“ genannt, ein Stil, der gegen den Affekt und Pathos des Barock eine unmittelbare Aussprache des persönlichen Gefühls setzte.

Stilistisch stand die Mannheimer Schule ganz im Zeichen der affektvollen Motivfiguren und der klanglichen und dynamischen Kontraste. Effekte wie

  • das berühmte Orchestercrescendo bei gleicher Harmonik und Figuration (statt barocker Terrassendynamik),
  • gebrochene Akkorde,
  • Tremoli,
  • Seufzermotive,
  • plötzliche Generalpausen,
  • Mordent mit Obersekunden („Vögelchen“)

wurden als „Mannheimer Manieren“ bezeichnet.

Auf engstem Raum fanden Forte-Piano-Wechsel statt, die eine dramatische und augenblicksbezogene Wirkung erzeugten. Spezielle Effektfiguren wie

  • Raketen,
  • Walzen,
  • Bebungen und
  • Seufzer

wurden gestisch eingesetzt und sorgten für ein lebhaftes Konzerterlebnis. Die planmäßige Wiederkehr von eigenständigen Passagen, die oft eine diatonisch oder in Dreiklangsstufen aufsteigende Melodielinie (Walze) über einem Trommelbass hatte, gab dem Satz die Struktur. Typisierende Eröffnungswendungen waren Akkordschläge, die meistens vom gesamten Orchester ausgeführt wurden. Ebenso typisch waren fanfarenartige, aufwärtsgeführte Dreiklangsbewegungen (Rakete) oder ganz allgemein die häufige Anwendung von Unisonoanfängen.

JOHANN STAMITZ und die von ihm gegründete Schule entdeckten die Sinfonie als „Hinhör-Musik“, die als solche nicht einem intendierten Zweck dient – z.B. der Eröffnung eines Opernspektakels – sondern die, zum Hinhören komponiert und gespielt, die Sinne fesselt. Kompositorisch waren STAMITZ' Orchestertrios op. 1 für zwei Violinen und Bass kammermusikalisch solistisch oder orchestral mehrfach besetzt und die vierstimmigen Sinfonien (mit Bläsern) wegweisend. STAMITZ galt als geistiges Haupt der Schule. Weitere Komponisten waren

  • FRANZ XAVER RICHTER (1709–1789),
  • CARLO GUISEPPE TOESCHI (1731–1788) und
  • ANTON FILTZ (1733–1760).
  • Es folgten 1760–1778 die Stamitz-Söhne CARL STAMITZ (1745–1801) und
  • ANTON STAMITZ (1750–1796) sowie
  • CHRISTIAN CANNABICH (1731–1798), der ab 1758 Stamitz-Nachfolger wurde.

Die Mannheimer Schule zeichnete sich besonders durch Mannigfaltigkeit aus und die Art des Komponierens brachte einen neuen Ton in die Instrumentalmusik und konnte in ihrer befreienden Frische in hohem Maße anregend und revolutionierend wirken. Zu ihrem Ende hin und in der Rezeption wurde sie allerdings auch skeptisch beurteilt, da der Musik ein Stagnieren der Kompositionskunst bescheinigt wurde. Demnach war die Musik in ihrer geschichtlichen Rolle zeitlich begrenzt, da diese Kompositionsart als fixierter Stil aus sich heraus kaum entwicklungsfähig war.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Mannheimer Schule." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/index.php/schuelerlexikon/musik/artikel/mannheimer-schule (Abgerufen: 09. June 2025, 21:41 UTC)

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