Eigenschaften des Wassers

Schon vor etwa 3,5 bis 4 Mrd. Jahren entwickelten sich die ersten Lebewesen im Wasser. Nur hier waren sie in entsprechender Tiefe vor der aggressiven UV-Strahlung geschützt. Auch heute ist Wasser für das Leben auf der Erde von großer Bedeutung:

Es ist Lebensraum.
Es ist Reaktionsraum.
Es wirkt als Lösungsmittel für polare Stoffe und ist Transportmittel.
Es ist Ausgangsstoff bei vielen biochemischen Reaktionen.

Diese Funktionen kann Wasser nur aufgrund seiner besonderen Eigenschaften erfüllen:

Wasser hat eine relativ hohe Schmelz- und Siedetemperatur.
Wasser weist die größte Dichte bei 4 °C auf (Dichteanomalie).
Beim Erstarren erfolgt eine Volumenzunahme, beim Schmelzen demzufolge eine Volumenabnahme.
Wasser besitzt ein hohe Schmelz- und Verdampfungsenthalpie.
Wasser hat eine hohe Dielektrizitätskonstante.

 

Bau des Wassermoleküls

Die molekulare Natur des Wassers ( H 2 O ) wurde von A. L. LAVOISIER (1743-1794) um 1783 erkannt. Es handelt sich hierbei um die Verbindung von einem Sauerstoffatom mit zwei Wasserstoffatomen. In dieser Verbindung hat Sauerstoff die größere Elektronegativität. Δ EN beträgt 1,4. Daher werden die gemeinsamen Elektronenpaare vom Kern des Sauerstoffatoms stärker angezogen, sodass Ladungsschwerpunkte entstehen. Der negative Ladungsschwerpunkt am Sauerstoffatom wird durch die beiden nicht bindenden Elektronenpaare verstärkt. Der Bindungswinkel H-O-H beträgt aus energetischen Gründen 104,5°.
Durch die gewinkelte Raumstruktur des Moleküls fallen die Ladungsschwerpunkte nicht zusammen und werden nach außen hin wirksam. Wassermoleküle sind Dipolmoleküle. Für die Veranschaulichung der Struktur werden unterschiedliche Modelle verwendet. Das Orbitalmodell berücksichtigt insbesondere die Vorstellungen über die Verteilung der Elektronen in der Atomhülle der jeweiligen Atome. Die möglichen Aufenthaltsräume der Elektronen eines Atoms werden Orbitale genannt.

Ein Molekül wird als Dipol bezeichnet und besitzt ein Dipolmoment, wenn es

  1. aus Atomen mit stark unterschiedlicher Elektronegativität gebildet wird und
  2. die Schwerpunkte der positiven und der negativen Ladungen nicht zusammenfallen (Ladungsasymmetrie).

Zusammenhang Bau – Eigenschaften

Durch den Dipolcharakter der Moleküle bedingt, verbinden sich Wassermoleküle über Wasserstoffbrückenbindungen zu Aggregaten. Durch diese Bindungen lassen sich die vergleichsweise hohe Schmelztemperatur (0 °C) und Siedetemperatur (100 °C) bei Normaldruck erklären. Schwefelwasserstoff (H2S) mit ähnlich kleinen Molekülen siedet dagegen bereits bei -62 °C.

Im festen Zustand liegt Wasser aufgrund der Ausbildung der Wasserstoffbrückenbindungen in kristalliner Struktur vor. Die Struktur von Eis ist durch 12 unterschiedliche Kristallgitter und 2 amorphe Modifikationen gekennzeichnet. Damit sind von festem Wasser (Eis) mehr Zustände bekannt als von jeder anderen festen Substanz. Eis entsteht durch Gefrieren von Wasser. Dabei können sich Hagel, Reif, Blockeis oder Schnee, mit oft charakteristischen Kristallformen (Schneeflocken) bilden. Wer schon einmal Ski gelaufen ist weiß, dass es viele verschiedene Formen von Schnee gibt. Die Inuit (Eskimos) kennen deshalb viele verschiedene Worte für Wasser in gefrorenem Zustand. Die Erkennung der unterschiedlichen Schneestrukturen sichert ihnen das Überleben in dieser rauen Umgebung. In der Schweiz gibt es Wissenschaftler, die sich mit der Strukturveränderung beim Schnee befassen, um dann Aussagen über mögliche Lawinengefahren machen zu können.

Schmilzt das Eis, bricht die starre Struktur zusammen und die Packungsdichte der Moleküle erhöht sich. Im flüssigen Wasser werden fluktuierende, tetraedrische Aggregate gebildet. Dadurch verringert sich das Volumen einer bestimmten Masse von Wasser. Die Dichte nimmt bis zur Temperatur von 4 °C zu und erreicht dort das Dichtemaximum (Dichteanomalie des Wassers).
Diese Eigenschaften von Wasser haben Konsequenzen für biologische Systeme. Sie bewirken, dass Wasser auf der Erde zu einem großen Teil in flüssiger Form vorliegt. Gewässer frieren immer von oben nach unten zu, da beim Abkühlen das Wasser mit einer Temperatur von 4 °C nach unten sinkt und sich Eis infolge der geringeren Dichte immer an der Oberfläche bildet. Dadurch gefrieren tiefere Gewässer nicht bis zum Grund.
Die Volumenausdehnung beim Erstarren spielt auch eine Rolle bei der Verwitterung von Gestein, da Wasser in Spalten und Hohlräume eindringt und das Gestein beim Gefrieren sprengt.

Die Schmelz- und Verdampfungswärme von Wasser und seine spezifische Wärmekapazität sind viel größer als bei anderen Stoffen. Die Ursache liegt in der Ausbildung von Aggregaten auch im flüssigen Zustand. Sie sind bei der Temperaturregulation unseres Körpers durch Schwitzen von Bedeutung.
Auch für die Klimaregulation unseres Planeten sind diese Eigenschaften des Wassers wesentlich: Große Meeresströmungen, z. B. der Golfstrom, beeinflussen das Klima in vielen Ländern. So transportiert der Golfstrom warmes Wasser und damit Wärme aus dem mittelamerikanischen Bereich (Karibik) quer über den Atlantik bis zu den Küsten Irlands, Englands, Schottlands, Norwegens und Russlands. Folgen davon sind beispielsweise, dass an der Westküste Englands Palmen wachsen und die norwegische Westküste stets eisfrei bleibt. Das gilt selbst für einen so weit nördlich gelegenen Hafen wie Murmansk in Russland.

Durch die Polarität der Moleküle und eine große Anzahl von Wasserstoffbrückenbindungen wird der Stoff zusammengehalten (Kohäsion), aber auch die Festheftung an anderen Stoffen wird ermöglicht. Diese Adhäsion kann durch besondere Oberflächenstrukturen vermindert werden (Lotos-Effekt).
Zusätzlich bewirken die Wasserstoffbrückenbindungen auch die Oberflächenspannung und erhalten den kontinuierlichen Transport von Wassermolekülen in den Leitungsbahnen der Pflanzen bis zu den obersten Pflanzenteilen, z. B. auch den Baumkronen, aufrecht. Dadurch kann Wasser entgegen der Schwerkraft als Transportmittel wirken.

Der polare Charakter des Wassers spiegelt sich in einer hohen Dielektrizitätskonstante (80 bei Zimmertemperatur) wider. Das bedeutet, dass sich zwei elektrische Ladungen mit entgegengesetztem Vorzeichen im Wasser mit nur 1/80 der Kraft anziehen, die sie in Luft (oder im Vakuum) aufeinander ausüben. Daraus folgt, dass sich Ionen, z. B. die eines Natriumchlorid-Kristalls, in Wasser erheblich leichter aus der Kristallstruktur lösen als in Luft, weil die Kraft, die das Ion zur Kristalloberfläche zurückzieht, in Wasser nur 1/80 so stark wie in Luft ist. Wasser ist ein außergewöhnlich gutes Lösungsmittel für polare Stoffe und Stoffe, die aus Ionen aufgebaut sind.
Zudem treten die Wassermoleküle mit gelösten Stoffen in Wechselwirkung und bilden Hydrathüllen. Dies spielt besonders beim Lösen von Salzen eine Rolle. Aufgrund des Dipolcharakters der Wassermoleküle können sowohl mit positiv als auch mit negativ geladenen Ionen entsprechende Dipol-Ionen-Wechselwirkungen auftreten und Hydrate gebildet werden. Dadurch werden die ionischen Ladungen weitgehend abgeschirmt und partiell neutralisiert. Auch polare Moleküle bzw. Molekülteile wie -OH-Gruppen, - NH 2 -Gruppen und andere werden von Hydrathüllen umgeben.

Aufgrund der aufgeführten Eigenschaften bildet Wasser die Voraussetzung dafür, dass sich auf einem Planeten Leben entwickeln kann. Alle Lebewesen auf der Erde bestehen zu einem hohen Anteil aus Wasser. Quallen bestehen beispielsweise zu 98 % aus Wasser. Pflanzen enthalten häufig mehr als 85 %, Kakteen auch über 95 % Wasser.
Ein durchschnittlicher Laubbaum von 15-20 m Höhe mit einer Blattfläche von ca. 1 000 m2 pumpt täglich etwa 80 l Wasser in seine Krone. Für die Produktion von 1 kg Trockenmasse benötigen Acker-Senf 9-10 l, Mais sogar 300-400 l Wasser.
Beim Menschen verändert sich der Wassergehalt im Laufe des Lebens vom Säugling (90 %) bis zum älteren Menschen (60 %). Ein ca. 70 kg schwerer Mensch besteht aus etwa 30 l Wasser in den Zellen, 15 l befinden sich zwischen den Zellen und 5 l in den Blut- und Lymphgefäßen. Um die Stoffwechselvorgänge aufrechtzuerhalten, liegt die tägliche Wasseraufnahme je nach Arbeits- und Klimabedingungen zwischen 1,5 und 8 l pro Tag.

Der Wasserverbrauch in Deutschland hat seit 1950 von ca. 85 l pro Person und Tag auf derzeit 123 l zugenommen. In den USA liegt er mit ca. 473 l noch wesentlich höher, während er in vielen Ländern der „Dritten Welt“ weniger als 40 l beträgt. Berücksichtigt sind hierbei neben dem unmittelbar verbrauchten Trinkwasser auch die Wassermengen für Wäsche, Hygiene, Kochen, Toilette usw.

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