Molekulare Grundlagen

Molekulare Grundlagen

Mit den großen Fortschritten der Chemie im 19. Jh. gelang es immer mehr Naturstoffe zu isolieren und ihre Struktur aufzuklären, schließlich sogar synthetisch nachzubilden. Diese neuen Kenntnisse waren Voraussetzung dafür, Stoffwechselwege in Organismen chemisch zu verstehen. SIR HANS ADOLF KREBS (1900–1981) klärte so entscheidende Stoffwechselprozessen, wie den Harnstoffzyklus (1932) und – zusammen mit anderen Biochemikern – den Citronensäurezyklus (Citratzyklus) auf.

OTTO HEINRICH WARBURG (1883–1970) entwickelte mit dem „Warburg-Manometer“ eine neue Technik der quantitativen Messung von Gasentwicklungen bei Stoffwechselvorgängen. Damit gelang ihm die weitgehende Aufklärung der biochemischen Vorgänge bei der Zellatmung und bei Gärungen.
1845 formulierte JULIUS ROBERT VON MAYER (1814–1878) zum ersten Mal, dass Pflanzen Sonnenenergie in chemische Energie umwandeln.
JEAN-BABTISTE BOUSSINGAULT (1802–1887) konnte 1864 nachweisen, dass bei der Fotosynthese etwa gleich viel Sauerstoff freigesetzt wie CO 2 verbraucht wird. Der Physiologe ARCHIBALD V. HILL (1886–1977) konnte mit isolierten Chlorophyllkörnern grüner Blätter durch Zugabe eines Oxidationsmittels die Spaltung von Wasser und die Abtrennung von Sauerstoff erreichen (Hill-Reaktion). Er bewies, dass die CO 2 -Reduktion und die O 2 Erzeugung zwei getrennte Teilreaktionen der Fotosynthese sind.
Die weitgehende Aufklärung der Lichtreaktionen der Fotosynthese gelang DANIEL I. ARNON (1910–1994) in den 1950er Jahren. Der amerikanische Biochemiker MELVIN CALVIN (1911–1997) klärte zwischen 1950 und 1960 den Reaktionszyklus auf, der zur Fixierung des Kohlenstoffdioxidmoleküls als Zucker in der Zelle führt.

Während man zunächst Proteine als wahrscheinliche Erbsubstanz annahm, konnte der kanadische Bakteriologe OSWALD T. AVERY (1877–1955) 1944 eindeutig nachweisen, dass bei Bakterien die Nucleinsäuren die Träger der Erbinformation sind. 1953 entwarfen FRANCIS H. CRICK (1916–2004) und JAMES D. WATSON (geb. 1928) das bis heute gültige Strukturmodell der Desoxyribonucleinsäure (DNA) – auf der Grundlage von röntgenspektroskopischen Bildern von ROSALIND FRANKLIN (1920–1958).

HAR GORBIND KHORANA (geb. 1922), MARSHALL W. NIRENBERG (1927–2010) und SEVERO OCHOA (1905–1993) gelang in den Jahren 1961 bis 1966 die endgültige Aufklärung des genetischen Codes, d. h., der Basentripletts der Nucleinsäuren, die bei der Proteinsynthese für den Einbau einer bestimmten Aminosäure in das zu synthetisierende Protein verantwortlich sind.

1970 entdeckten HOWARD M. TEMIN (1934–1994) und DAVID BALTIMORE (geb. 1938) die Retroviren, die mithilfe der reversen Transkriptase aus einem Ribonucleinsäure-Einzelstrang einen DNA-Doppelstrang synthetisieren können.

1970 gelang HAR GORBIND KHORANA die erste Totalsynthese eines Gens, und 1974 entdeckte WERNER ARBER (geb. 1929) die Restriktionsenzyme. Damit waren die Grundlagen für die sogenannte Gentechnologie (Gentechnik, molekulare Biotechnologie) gelegt.

1973 zeigten STANLEY COHEN (geb. 1922) und HERBERT BOYER (geb. 1936), dass DNA-Ketten, die aus Restriktionsfragmenten verschiedener Organismen zusammengesetzt worden waren, über Artengrenzen hinweg in fremde Genome eingebaut werden können. Damit war endgültig bewiesen, dass der genetische Code universell ist und von allen Lebewesen gleichermaßen verstanden wird.
Ein weiterer Meilenstein der molekularen Genetik war die Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion durch K. B. MOLLIS (1985), mit deren Hilfe DNA-Stränge in vitro vervielfältigt werden können. Auf diese Art und Weise kann man von winzigen DNA-Spuren große Mengen derselben DNA produzieren, die dann auf ihre Sequenz untersucht werden kann. Die zunehmende Mechanisierung und Automatisierung dieser Verfahren hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren eine Vielzahl von Genomen unterschiedlichster Lebewesen aufgeklärt wurden.

Die Ziele des 1990 in Angriff genommenen Human Genome Project waren 2003 mit der vollständigen Sequenzanalyse des menschlichen Genoms erreicht.

Die moderne Genetik und die Sequenzanalyse von Genomen ist heute wichtige Grundlage für die zukünftige Entwicklung in verschiedensten Wissensbereichen.

Geschichte der Sequenzierung von Genomen

1995Haemophilus influenzae (Eubacteria)
1996Saccharomyces cerevisiae (Hefepilz)
1997Escherichia coli (Eubacteria)
1998Caenorhabditis elegans (Rundwürmer)
2000Drosophila melanogaster (Fruchtfliege);
Arabidopsis thaliana (Acker-Schmalwand)
2001Mensch (erste Rohversion publiziert)
2002Labormaus, Laborratte, Reis (jeweils Rohversionen)
2003Mensch (vollständige Version)

Bis Ende 2004 liefen bereits Projekte zur Genomsequenzierung von 523 Prokaryonten und 441 Eukaryonten, wobei sich die Gruppe der Eukaryonten aus Pilzen, Pflanzen, Einzellern und Tieren zusammensetzt.

Seid 2008 läuft das „1000 Genome-Project“. Institute aus vielen verschiedenen Ländern arbeiten dabei zusammen. Sie wollen in den nächsten Jahren die Genome von ca. 1 000 Menschen verschiedener Populationen sequenzieren, um daraus eine Datenbank menschlicher genetischer Variationen zu erstellen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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