Hefepilze, Candida

Einteilung der Candida-Hefepilze

Die Candida-Hefepilze (candidus, lat: glänzend) gehören zur großen Familie der Cryptococcaceae (hefeähnliche Pilze). Sie sind weitverbreitet und vorwiegend parasitär und saprophytisch. Sie vermehren sich ausschließlich asexuell durch Sprossung und werden zu den Fungi imperfecti gezählt. (Fungi imperfecti: Deuteromycetes, Gruppe von Pilzen (ca. 30 000), die nur aufgrund morphologischer Ähnlichkeiten zusammengefasst sind und sich durch Konidien vermehren, da eine systematische Einordnung zur Zeit noch nicht möglich ist.) Zu den Candida-Hefepilzen gehören zahlreiche Arten, die in ihrer Wirkung für und auf den Menschen sehr unterschiedlich sind.

Bedeutung der Candida-Hefepilze in der Lebensmittelindustrie
Candida-Hefepilze besitzen eine große Bedeutung für die Lebensmittelindustrie. So wird die klassische Bier-, Back- und Weinhefe zum Teil aus Candida-Hefe, Candida utilis, hergestellt. Es handelt sich dabei um Hefepilze, die die alkoholische Gärung verursachen. Es gibt verschiedene Stämme die für den jeweiligen Zweck gezüchtet und kultiviert werden. (Zur Gewinnung von Hefe für Lebensmittel dient auch noch Saccaromyces cerevisae).

Wein- bzw. Branntweinhefen zeichnen sich durch eine relativ gute Verträglichkeit gegenüber dem Zellgift Ethanol aus, welches sich in dem hohen Ethanolgehalt nach der Gärung widerspiegelt. Bäckerhefe hingegen bewirkt eine starke Kohlenstoffdioxidbildung, die dazu verwendeten Stämme besitzen also eine geringere Empfindlichkeit gegenüber dem Zellgift Kohlenstoffdioxid.

Die medizinische Wirkung der Hefe wird im wesentlichen auf deren Inhaltsstoffe (Vitamin-B-Komplex) zurückgeführt. Hauptanwendung findet die medizinische Hefe bei Hautkrankheiten (Akne, Ekzeme), Anämien und Eiweißmangel. Nicht entwässerte Hefe enthält bis zu 70 % Wasser. Candida-Hefepilze dienen auch zur Gewinnung von Trockenhefe.

Die Hauptinhaltsstoffe von wasserfreier Hefe sind 50 % Proteine, 30 % Kohlenhydrate (Glukane, Mannane), 7 bis 8 % Mineralsalze (vorwiegend als Phosphate), 5 % Fett und 1 bis 2 % Lecithin. Von besonderer Bedeutung sind die enthaltenen Enzyme Invertase, Amylase und Maltase (früher als Zymase bezeichneter Enzymkomplex, der zur alkoholischen Gärung von zuckerhaltigen Flüssigkeiten benutzt wird) und die Vitamine B1, B2, B6, Biotin, Folsäure, Nicotinsäureamid, Inosit, Orotsäure, Glutathion und sämtliche essenziellen Aminosäuren.

Auch bei Kefir handelt es sich um eine mit Kefirferment (Saccaromyces kefir oder Candida kefir) alkoholisch vergorene Kuh- bzw. Stutenmilch.

Kumys (in Sibirien oder Ostfriesland gebräuchlich) wird ebenfalls aus Kuh- bzw. Stutenmilch durch die Einwirkung von Bierhefe (gewonnen aus Candida utilis) hergestellt. Der Alkoholgehalt bei Kefir und Kumys beträgt ca. 3 %.

Mit verschiedenen Candida-Arten kann man (wie mit Aspergillus-Arten aus Kohlenhydraten) auf gentechnischem Weg Zitronensäure aus n-Alkanen herstellen. Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Zitronensäure wird heute mithilfe dieses gentechnischen Verfahrens hergestellt.

 

Krankheitsauslösende Wirkung von Candida-Hefepilzen

Einige Candida-Arten besitzen eine pathogene (krankheitsauslösende) Wirkung, z. B. Candida albicans (Soorpilz). Candida-Arten sind natürliche Bewohner unserer Haut und Schleimhäute, z. B. Mund, Vagina und Verdauungstrakt (ca. 20 % der Bevölkerung haben Candida albicans auf der Haut und ca. 30 – 60 % scheiden Candida mit dem Stuhl aus).

Normalerweise verursacht ihr Auftreten keine Krankheiten. Erst eine unnatürlich starke Vermehrung führt zu sogenannten Kandidosen. Diese sind durch das Auftreten von Pusteln oder Erosionen gekennzeichnet. Neben der Haut können auch die Schleimhäute befallen sein. Besonders häufig ist hier die unter dem Begriff Mundsoor bekannte orale Kandidose im Säuglings- und Greisenalter. Das Auftreten von Mundsoor bei Jugendlichen bzw. Erwachsenen gilt immer als „Ernstfall“, da es ein erster Hinweis auf eine HIV-Infektion oder einen Tumor sein kann (70 – 90 % der HIV-Infizierten leiden an Mundsoor).

Auch die als Windeldermatitis bekannte starke Rötung am Po eines Säuglings wird auf eine Infektion mit Candida albicans zurückgeführt.

Die in den letzten Jahren beobachtete Zunahme von Kandidosen wird auf die Anwendung von Antibiotika (stören das biologische Gleichgewicht zwischen Bakterien und Pilzen) und oralen Kontrazeptiva (Pille – begünstigt Vaginalkandidosen) zurückgeführt. Besonders häufig tritt diese Erkrankung auch bei HIV-Infizierten und Diabetikern auf, da diese Erkrankungen die unnatürlich starke Vermehrung des Hefepilzes begünstigen.

Die Candida-Hefe-Theorie bzw. die Candida-Hysterie

Vor einigen Jahren galt in den USA die Mund-Magen-Darm-Mykose, verursacht durch Candida albicans als Auslöser für eine ganze Reihe von Symptomen. Der Hefepilz muss seitdem für eine Vielzahl von Befindlichkeitsstörungen herhalten, wie z. B. Blähungen, Juckreiz, Migräne, Heißhunger auf Süßes und Kohlenhydrate, permanenter Eisen- und Zinkmangel, Übergewicht und Herzbeschwerden.

Die Candida-Hefe-Theorie versucht z. B. das gesamte Spektrum der Lebensmittelallergien durch Hefeallergien zu erklären. Populär wurde diese Theorie durch das 1984 erschienene Buch „Yeast Connection“ von Dr. CROOK. Die unsichtbare und unnatürlich starke Vermehrung des Pilzes in unserem Verdauungstrakt wird als Ursache für die Symptome von Lebensmittelallergien gesehen. Daher geht die Therapie mit eine Abtötung dieser Hefepilze durch Arzneimittel und einer Diät (zuckerfreie Kost und keinerlei Pilze) einher. Diese von Dr. CROOK aufgestellte Theorie führte zu einem großen kommerziellen Erfolg mit vielen Anti-Candida-Produkten.

Der Wunsch nach einer einfachen und einzigen Ursache vieler mysteriöser Krankheiten in der immer größer werdenden Komplexität dieser Welt ist durchaus verständlich. Man sollte jedoch bedenken, das eine unnatürlich starke Vermehrung von Candida-Hefepilzen immer als ein Symptom einer möglicherweise noch im verborgenen liegenden anderen Erkrankung gesehen werden muss und nicht als Ursache dieser anderen Erkrankung.

Die Candida-Hefe-Theorie ignoriert die vielfältigen Lebensmittelallergien und viele Menschen sind in der Hoffnung auf eine einzige leicht zu behandelnde Ursache gerne dieser Theorie gefolgt und mussten danach in schwierigen Prozessen akzeptieren, dass ihre Krankheit eine umfassendere Behandlung erfordert.

In offiziellen Stellungnahmen der Mykologischen Gesellschaft der USA und der Bundesrepublik wird dieser Theorie nicht die Bedeutung beigemessen, die sie eigentlich gemessen an der Anzahl der Patienten mit diesen Symptomen haben müsste. Nur in wenigen Fällen sei der Hefepilz tatsächlich als Ursache für die Beschwerden anzusehen und deren medikamentöse Bekämpfung angemessen.

Selbst Dr. CROOK stellte mittlerweile fest, dass er ein falsches Urteil abgegeben hatte und korrigierte seine Aussage: "Eating yeast containing food does not make candida organisms multiply".

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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