Atomreaktoren und Kernkraftwerke

Kernkraftwerke (KKW), manchmal auch Atomkraftwerke (AKW) genannt, dienen der Gewinnung elektrischer Energie aus Kernenergie. Dabei erfolgt in einem Atomreaktor eine gesteuerte Kernspaltung, bei der thermische Energie freigesetzt wird. Diese thermische Energie wird über eine Energieumwandlungskette in elektrische Energie umgewandelt. Das erste Kernkraftwerk nahm in Obninsk bei Moskau 1954 seinen Betrieb auf. Es hatte eine Leistung von 5 MW.

Aufbau und Arten von Kernkraftwerken

Kernkraftwerke sind außerordentlich komplexe und komplizierte Anlagen. Das Herzstück eines Kernkraftwerkes ist ein Kernreaktor oder auch Atomreaktor, in dem eine gesteuerte Kernspaltung erfolgt.

Bild 2 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Atomreaktors. Die nachfolgenden Zahlenangaben beziehen sich auf das Kernkraftwerk Krümmel.
Als Kernbrennstoff wird Uranoxid ( U O 2 ) mit angereichertem Uran
(3,5 % Uran-235 und 96,5 % Uran-238) verwendet. In der Natur vorkommendes Uran hat drei Isotope, Uran-238 (99,28 %), Uran-235 (0,72 %) und Uran-234 (0,006 %). Für die Kernspaltung ist aber nur Uran-235 geeignet und der natürliche Gehalt reicht für die Aufrechterhaltung der Kernspaltung nicht aus. In den Brennelementen der Kernkraftwerke ist daher der Anteil an Uran-235 auf etwa 3 % angereichert. Dieser Kernbrennstoff wird in Tablettenform hergestellt. Diese Tabletten, auch Pellets genannt, haben einen Durchmesser von ca. 10 mm und sind 10-15 mm lang. Sie werden in Brennstoffstäbe, auch Brennstäbe genannt, gefüllt. Das sind Stäbe von 11 mm Durchmesser und 4,17 m Länge. 72 solcher dünner Brennstoffstäbe werden zu einem Brennelement zusammengefasst.

Im Reaktor befinden sich 840 solcher Brennelemente, damit also 60 480 Brennstoffstäbe mit einer Brennstoffmenge von insgesamt 151 Tonnen.
Da sich beim Betrieb des Reaktors der Anteil des spaltbaren Materials allmählich verringert, müssen die abgebrannten Brennelemente von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden. Nutzbar ist ein Brennelement etwa 7 Jahre lang. Zwischen den Brennelemente befinden sich 205 Regelstäbe. Sie enthalten Borcarbid und Hafnium und damit Stoffe, die Neutronen absorbieren. Diese Regelstäbe werden mithilfe von Elektromotoren oder hydraulisch von unten in den Reaktorkern hineingefahren.
Als Kühlmittel und zugleich als Moderator wird Wasser verwendet.
Die Aufgabe des Moderators besteht darin, die gebildeten Neutronen abzubremsen, damit sie von den Uran-235-Atomen eingefangen werden können. Zu schnelle Neutronen werden von Uran-238 eingefangen und danach dem Prozess entzogen.

Prinzip eines Atomreaktors

Prinzip eines Atomreaktors

Die eigentliche Kernspaltung (Bild 3) erfolgt in den Brennstoffstäben. Diese befinden sich in dem Druckbehälter, der zu etwa zwei Dritteln mit Wasser gefüllt ist. Das Wasser strömt von unten nach oben durch den Reaktorkern und führt dabei die Wärme ab, die durch Kernspaltung in den Brennstoffstäben frei wird.
Ein Teil des Wassers verdampft. Nach der Trennung von Wasser und Dampf im oberen Teil des Druckbehälters wird der Dampf mit einer Temperatur von etwa 280 °C und einem Druck von etwa 6,7 MPa direkt zur Turbine geleitet. Das sind bis zu 7 200 t Dampf in jeder Stunde.
In der Turbine wird die Energie des Dampfes in mechanische Energie (Rotationsenergie) umgewandelt. Die Turbine ist mit einem Generator gekoppelt. In ihm wird die mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt.
Der Generator im Kernkraftwerk Krümmel liefert eine elektrische Leistung von 1 316 MW bei einer Spannung von 27 kV und einer Frequenz von 50 Hz (Netzfrequenz). Daraus ergibt sich eine Stromstärke von 48 700 A. Bei einer solchen Stromstärke würden sich selbst sehr dicke Leitungen stark erwärmen und große Energieverluste auftreten. Deshalb wird durch Transformatoren Hochspannung von 220 kV oder von 380 kV erzeugt und diese Hochspannung in das Stromverbundnetz eingespeist.

Weitere wichtige Bestandteile sind die Turbine, der Generator und ein Kühlkreislauf mit Kondensator und häufig mit einem Kühlturm, dem aufgrund seiner Größe auffälligsten Bauwerk innerhalb eines Kernkraftwerks.

Kernspaltung

Kernspaltung

Nach ihrem Aufbau unterscheidet man zwei Arten von Kernkraftwerken.

Bei einem Kernkraftwerk mit Siedewasserreaktor wird das im Kernreaktor erhitzte Wasser in Dampf umgewandelt und dieser direkt der Turbine zugeführt. Über den Kondensator gelangt das Wasser wieder zurück in den Kernreaktor.
Bei einem Kernkraftwerk mit Druckwasserreaktor besteht innerhalb des Kernreaktors ein erster Kreislauf mit einem Dampferzeuger. In einem zweiten Kreislauf gelangt der Dampf zur Turbine. Ein Vorteil einer solchen Anordnung besteht darin, dass radioaktiv kontaminiertes Wasser sich nur innerhalb des abgeschirmten Reaktorbereiches befindet. Der Nachteil besteht im insgesamt komplizierteren Aufbau.
Unter den in Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerken gibt es sowohl Anlagen mit Siedewasserreaktoren (z. B. Krümmel, Würgassen, Grundremmingen) als auch Anlagen mit Druckwasserreaktoren (z. B. Brokdorf, Mühlheim-Kärlich und Neckarwestheim).

Wirkungsweise eines Kernkraftwerks

Das Herzstück eines Kernkraftwerks ist der Kernreaktor, in dem die gesteuerte Kernspaltung vor sich geht. Voraussetzungen für eine gesteuerte Kernspaltung sind:

  • Es muss genügend spaltbares Material vorhanden sein. Die notwendige Mindestmasse wird als kritische Masse bezeichnet.
  • Es müssen Neutronen mit der für die Kernspaltung notwendigen Geschwindigkeit existieren. Dazu müssen die bei der Kernspaltung selbst frei werdenden Neutronen abgebremst werden. Das geschieht durch Moderatoren.
  • Die Anzahl der Neutronen, die Kernspaltung hervorrufen, muss reguliert werden. Bei der Spaltung eines Uran-235-Atoms durch ein Neutron werden 3 Neutronen frei, die 3 weitere Atome spalten können. Diese lawinenartige Fortsetzung des Prozesses führt zu einer Explosion. Das ist in einer Atombombe der Fall. Bei der gesteuerten Kernspaltung in einem KKW müssen daher die beiden überschüssigen Neutronen entfernt werden. Das geschieht durch Regelstäbe (Steuerstäbe), die unterschiedlich tief in den Reaktor hineingefahren werden können und die aus Materialien bestehen, die überschüssige Neutronen absorbieren.

Vorteile und Nachteile von Kernkraftwerken

Die Vorteile von Kernkraftwerken bestehen vor allem darin, dass

  • keine fossilen Brennstoffe wie Kohle oder Heizöl verbrannt werden müssen,
  • der Schadstoffausstoß eines solchen Kraftwerks im normalen Betrieb relativ gering ist,
  • mit relativ kleinen Mengen Kernbrennstoff viel elektrische Energie gewonnen werden kann.

Die Nachteile von Kernkraftwerken liegen u. a. darin, dass

  • durch menschliches Versagen oder durch technische Pannen radioaktive Stoffe freigesetzt werden können und dadurch im Extremfall ganze Gebiete strahlenverseucht und unbewohnbar werden können. Ein solcher Fall trat 1986 im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl auf, wo es durch menschliches Versagen zu einer Explosion in einem der Kernreaktoren kam und viele Tonnen radioaktives Material in die Atmosphäre gelangten. In der Folge wurde selbst im über 1 500 km entfernten Deutschland eine erhöhte Radioaktivität registriert. Einen solchen schwerwiegenden Unfall bezeichnet man als GAU (größter anzunehmender Unfall).
  • mit den abgebrannten Brennelementen radioaktiver Abfall entsteht, der wegen der langen Halbwertszeiten und der Gefährlichkeit verschiedener Stoffe jahrtausenelang sicher gelagert werden muss. So entsteht z. B. in jedem Kernreaktor in den Brennelementen auch hochgiftiges Plutonium. In abgebrannten Brennelementen sind das etwa 1 % des Abfalls.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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