Lacke

Historisch gesehen entwickelte sich die Lackindustrie aus dem Kunsthandwerk und blühte mit den in der Renaissance modern werdenden kunstvoll lackierten Schmuck- oder Möbelstücken auf. Im Zuge der industriellen Revolution wuchs die Bedeutung, da der Werkstoff Eisen eines wirksamen Korrosionsschutzanstriches bedurfte. Heute werden in Deutschland rund 2 Millionen Tonnen Lacke und Farben im Wert von rund 4,5 Mrd. Euro produziert.

Lacke bestehen in der Hauptsache aus Bindemitteln (Kunstharze), die das Trägermaterial für den Oberflächenfilm darstellen, Pigmenten und Füllstoffen zur Farbgebung und Additiven sowie Lösungsmitteln.

Bindemittel

Die kunststoffbasierten Bindemittel sind meist Harze, also dreidimensional vernetzte Duroplaste. Sie müssen bei einer hohen Anforderung an Elastizität und Härte gleichzeitig eine gute Haftung auf verschiedenen Untergründen haben. Wichtig sind unter anderem die Acrylharze, die durch Polymerisation von Estern der Propensäure (Acrylsäure) gewonnen werden, sowie die Alkydharze, die Phenol-Formaldehydharze, die Epoxidharze und die Polyurethanharze.
Die Harze werden in Rührwerken extrem fein vermahlen, die Pigmente und Additive zugemischt und mit den Lösungsmitteln in Suspension gerührt. Nach dem Streichen verdampft das Lösungsmittel und es bleibt eine schützende Harzschicht, in die die farbgebenden Pigmente eingelagert sind, zurück.

Lösungsmittel

Zunehmend werden organische Lösungsmittel durch Wasser ersetzt. Dies erfordert eine Gratwanderung in der Kunstharzentwicklung, da die fertige Lackschicht wasserabweisend (hydrophob), die Bindemittel aber gleichzeitig in der Lösung mit Wasser mischbar sein müssen, daher setzt man Emulgatoren und Tenside zu.
Wasserlacke enthalten bis zu 65 %Wasser, bei nur mehr 12% organischen Lösungsmitteln und 23 % Festkörperanteilen, während konventionelle Lacke bis zu 87 % organische Lösungsmittel enthalten.

Pigmente

Pigmente sind pulverförmige Stoffe, die sich in den gebräuchlichen Lösungsmitteln nicht lösen. Sie sind nach der Aushärtung des Lackfilms gleichmäßig in diesem verteilt. Dort absorbieren sie das einfallende Licht ganz oder teilweise und erzeugen so den Farbeindruck. Man unterscheidet zwischen anorganischen und organischen Pigmenten:

Anorganische PigmenteFarbton
Titandioxid ( T i O 2 ) weiß
Eisenoxide ( F e O ( O H ) , F e 2 O 3 , F e 3 O 4 ) gelb, rot, schwarz
Ruß (C)schwarz
Organische Pigmente
Phthalocyanin-Pigmentegrün, blau
Azopigmente

Additive

Additive werden zur Optimierung der Lackeigenschaften beigemischt.

Beispiele für wichtige Additive und deren Funktion

AdditivFunktionChemische Substanz
Trockenstoffefördern das Aushärten des Lackesz. B. Kobalt- oder Mangansalz der Octansäure
Initiatorenunterstützen die FilmvernetzungPeroxide wie Benzoylperoxid
Antioxidantienverhindern vorzeitige Hautbildung durch zu schnelles AntrocknenKetoxime wie z. B. Buntanonoxim
Lichtschutzmittelverhindern die Zerstörung der Oberfläche durch UV-StrahlungBenzophenonderivate
KonservierungsmittelSchutz vor Bakterien, Pilzen und Algen (bes. bei Dispersionsfarben)Produkte mit geringer Gesundheits-schädlichkeit
EmulgatorenReduktion der Lösungsmittel-
anteile
z. B. Fettsäuresalze

Metalliclack

Metalliclacke erzeugen ihre Glanzwirkung durch Einlagerung von kleinen Aluminiumflakes zusätzlich zu den farbgebenden Pigmenten in die Lackschicht. Über der eigentlichen farbgebenden Lackschicht ist immer eine zweite Lackierung mit Klarlack erforderlich. Es handelt sich also um eine Zweischicht-Metallic-Lackierung.

Pulverlacke

Für industrielle Anwendungen wurden besonders umweltfreundliche, völlig lösungsmittelfreie Pulverlacke entwickelt.
Pulverlacke sind Mischungen unterschiedlicher Harzsysteme, Pigmente, Füllstoffe sowie spezieller Zusatzstoffe. Diese Additive werden beispielsweise zur Glanzbeeinflussung, zur Verbesserung der Lichtstabilität oder Kratzfestigkeit zugesetzt.
Durch Vormischen, anschließendem Extrudieren und nochmaligem Mahlen erreicht man Korngrößen von maximal 40 50 μ m . So kann ein gleichmäßiger Auftrag der Lackschicht und ein störungsfreies Vernetzen beim Aushärten gesichert werden.

Eine Vielzahl von Produkten des täglichen Lebens sind pulverbeschichtet. Man unterscheidet nach den eingesetzten Harztypen.

  • Epoxidharze und Polyesterharze für den Innenbereich (z. B. bei Hausgeräten wie Kühlschränken, Stahlmöbel usw.)
  • Polyester- und Polyurethanharze für die Außenanwendungen etwa bei Aluminiumkonstruktionen, Autoteilen, Fassaden oder Fahrrädern
  • Acrylharz–Pulverlacke in der Automobilkarosserie

Die Oberflächen der zu lackierenden Objekte werden zuvor gereinigt und abhängig vom Einsatzzweck trägt man zudem einen Korrosionsschutz auf. Eisen wird beispielsweise phosphatiert oder verzinkt. Bei Automobilteilen wird aus Gründen des Kanten- und Hohlraumschutzes immer eine Elektrotauchlackierung vorgeschaltet. Pulverlacke werden in der Regel mit Sprühpistolen, an die Hochspannung angelegt ist, zerstäubt. Beim Verlassen der Pistole wird der Pulverlack elektrostatisch aufgeladen, durch das elektrostatische Spannungsfeld zum Objekt gelenkt und dort festgehalten. Anschließend wird der Lack meist bei Temperaturen zwischen 130 und bis zu 240 °C eingebrannt oder durch IR-Strahlung, in der Regel in Kombination mit Umluft, gehärtet. Dabei schmilzt die Pulverschicht zunächst zu einem geschlossenen Film und wird dann chemisch gehärtet. In allen Fällen entsteht durch die Vernetzung eine feste und widerstandsfähige Oberflächenbeschichtung, ein Duroplast, in die die farbgebenden Pigmente eingelagert sind.

Entscheidende Vorteile von Pulverlacken

  • Pulverlacke sind lösungsmittelfrei und somit besonders umweltfreundlich. Sie ermöglichen eine angenehme Verarbeitung, weil keine gesundheitsschädlichen Dämpfe entstehen.
  • Pulverlacke werden elektrostatisch so verarbeitet, dass überschüssiges Pulver (Overspray) zurückgewonnen und erneut verarbeitet werden kann. Daraus resultiert eine hohe Wirtschaftlichkeit des Verfahrens.

Reaktionslacke

Spezielle Reaktionslacke (Zweikomponentenlacke auf Basis ungesättigter Polyester/Styrol oder Polyurethanlacke (Polyole und Polyisocaanate) werden direkt vor dem Auftragen gemischt und härten zu besonders wasserfesten Lacken aus.

Elektrotauchlacke

Elektrotauchlacke dienen dem Korrosionsschutz von schwer erreichbaren Oberflächen (Hohlräume, Kanten etc.)

Elektrotauchlacke enthalten kolloidal gelöste Lackteilchen mit einer elektrisch geladenen Endgruppe. Durch Anlegen einer Gleichspannung an dem Beschichtungsobjekt, das in die Lack-„lösung“ eintaucht, werden die Lackpartikel abgeschieden.

Man unterscheidet:

  • katodische Elektrotauchlackierung: Hier setzt man meist quartäre Ammoniumsalze (Kationen mit der Endgruppe R N R 1 2 H + ) ein. Die Abscheidung des Lackes erfolgt am katodisch (negative Ladung) geschalteten Werkstück (z. B. einer Autokarosse).
  • anodische Elektrotauchlackierung: Hier nutzt man Säureanionen als Endgruppe: R C O O . Die Abscheidung erfolgt am anodisch (positive Ladung) geschalteten Werkstück.

Die katodische Tauchlackierung hat sich in vielen Bereichen durchgesetzt, da hier besonders gute Lackabscheidungen in Hohlräumen erreicht werden.
Das Prinzip der Abscheidung ist relativ einfach und beruht auf der Wassersetzung:
Am negativ geladenen Werkstück (Katode) führt die elektrische Wasserzersetzung zur Bildung von Hydroxy-Anionen:

2 H 2 O + 2 e 2 O H + H 2

Diese neutralisieren an der Werkstückoberfläche die im Bad gelösten positiv geladenen Bindemittel-Moleküle.

Bild

Die neutralisierten Polymer-Moleküle sind in Wasser unlöslich und bilden daher auf dem Werkstück einen fest anhaftenden Niederschlag mit nahezu 100 % Festkörper-Gehalt.

Bei der anodischen Tauchlackierung werden in analoger Weise die Endgruppen des Polymers (z. B. Carboxylat–Ion) durch die in der Wasserzersetzung entstehenden Protonen ( H 3 O + I o n e n ) neutralisiert.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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