Mehrwertige Alkohole – Eigenschaften und Verwendung

Mehrwertige Alkohole

Mehrwertige Alkohole besitzen, im Gegensatz zu den einwertigen, mindestens zwei Hydroxylgruppen im Molekül. Da an einem endständigen Kohlenstoffatom aus energetischer Sicht fast nie zwei Hydroxylgruppen vorkommen können, besteht der einfachste mehrwertige Alkohol aus einem Ethangrundbaustein, bei dem an jedem Kohlenstoffatom ein Wasserstoffatom durch eine Hydroxylgruppe ersetzt ist. Bei diesem Beispiel handelt es sich um einen zweiwertigen Alkohol. Weiterhin gibt es drei- und vierwertige sowie Polyalkohole. Im nachfolgendem Artikel beschränken wir uns auf die wichtigsten mehrwertigen Alkohole.

Ethan-1,2-diol (Ethylenglycol)
Der korrekte chemische Name für den einfachsten zweiwertigen, aliphatischen, gesättigten Alkohol lautet Ethan-1,2-diol. Er ist der einfachste Vertreter, sowohl von den zweiwertigen, als auch von den mehrwertigen Alkoholen.

In der Literatur ist er auch unter den Namen Glycol oder nur Diol zu finden. Die Summenformel lautet C 2 H 4 ( O H ) 2 , die molare Masse beträgt 62,1 g/mol.

Ausgangsstoff für die Herstellung von Ethandiol ist Ethen. Dieses wird im ersten Schritt katalytisch zum ringförmigen Ethenoxid oxidiert, das dann mit Wasser zu Ethandiol weiter reagiert.

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Analog stellt man aus Propen das technisch ebenfalls wichtige Propan-1,2-diol her.

Das Ethan-1,2-diol ist eine süß schmeckende, farblose, stark hygroskopische (wasseranziehende) und viskose Flüssigkeit, die sich mit Wasser, Aceton und Alkoholen (Methanol, Ethanol), nicht aber mit Chloroform, Benzol und Diethylether mischen lässt. Sie ist mit einer Dichte von 1,109 g / c m 3 (bei 25 °C) etwas schwerer als Wasser, schmilzt bei -15,6 °C und siedet bei 197,8 °C. Durch die Aufnahme der Dämpfe (beim Erhitzen) und der Flüssigkeit können die Augen und Atemwege gereizt werden bzw. Vergiftungserscheinungen auftreten. Es kann zu Organschäden an Nieren, Herz und Lunge kommen. Die letale (tödliche) Dosis entspricht ca. 1,4 ml/kg Körpergewicht. Der MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) beträgt 100 ppm.
Der Hauptverwendungszweck des Ethan-1,2-diol ist der Einsatz als Gefrierschutzmittel, da ein Gemisch von Wasser und Glycol im Verhältnis 1:1 erst bei -40 °C gefriert (Gefrierpunktserniedrigung). Dies wird in der Automobilindustrie als Frostschutzmittel und zum Schutz vor Vereisungen von Flugzeugoberflächen genutzt. Das unvermischte Ethan-1,2-diol dient als Bremsflüssigkeitszusatz, als Schmiermittel von beweglichen Teilen in Kühlanlagen, als Heißkühlungsmittel in Hochleistungsmotoren, als Lösungsmittel für bestimmte Farbstoffe, als Desinfektionsmittel (z. B. in Krankenhäusern) u.v.m.

Das Glycol ist weiterhin der Ausgangsstoff zur Herstellung von Polyestern, Dioxan (cyclischer Diether), sowie von Wachsen, Kunstharzen, Lacken und Farbstoffen. Der wichtigste Polyester ist Polyethylenterephthalat (PET) aus Ethandiol und Phthalsäure. Einerseits wird dieser Kunststoff zunehmend für Getränkeflaschen verwendet, zum anderen ist die Polyesterfaser auf dieser Basis die mit weitem Abstand meist produzierte Chemiefaser.

Propan-1,2,3-triol
Glycerol (Glycerin) ist einer der gebräuchlichsten Trivialnamen in der organischen Chemie und steht für den Stoff Propan-1,2,3-triol. Es ist der einfachste und wichtigste dreiwertige Alkohol. Die Summenformel lautet C 3 H 5 ( O H ) 3 . Die molare Masse beträgt 92,1 g/mol.

Propan-1,2,3-triol ist eine süß schmeckende, geruchlose, hygroskopische (Wasser anziehende), klare, farblose, schwer bewegliche Flüssigkeit. Ihre Dichte beträgt 1,26 g / c m 3 (25 °C). Die Dichte ist also größer als die von Wasser. Der Stoff schmilzt bei 17,9 °C und geht bei 290 °C in den gasförmigen Zustand über.
Der Feststoff bildet rhombische, durchsichtige Kristalle. Mit Wasser und Alkohol lässt sich Propan-1,2,3-triol in jedem Verhältnis vermischen, in Ether ist es wenig und in Benzin, Chloroform und Benzol unlöslich. Kommt man mit der Flüssigkeit in Kontakt, können Haut- und Augenreizungen auftreten. Verschluckte Mengen von bis zu 50 ml sind für Erwachsene harmlos, größere Mengen verursachen Kopfschmerzen, Rauschzustände, blutigen Durchfall und Nierenschmerzen. Der MAK-Wert beträgt 10 m g / m 3 .

Glycerol kommt in der Natur ausgesprochen häufig vor, so ist es in pflanzlichen und tierischen Fetten und fetten Ölen mit den entsprechenden Fettsäuren verestert. Bei der alkoholischen Gärung kann es als Zwischenprodukt entstehen.

Da es ein wichtiger Baustein des Nitroglycerins (besser: Glyceroltrinitrat) ist, wurde es früher fast ausschließlich zur Herstellung von Sprengstoffen benutzt. Nachdem in den letzten Jahrzehnten andere Sprengstoffe mehr und mehr das Nitroglycerin abgelöst haben, werden heute nur noch 4 % der produzierten Glycerolmenge zur Sprengstoffproduktion genutzt. In den letzten Jahren wurde der Stoff hauptsächlich bei der Kunststofferzeugung (z. B. Alkydharze) und Produktion von Schäumen eingesetzt. Ein großes Einsatzspektrum besteht auch bei der Herstellung von Kosmetik (z. B. Zahnpasten, Cremes) und in der Nahrungsmittelindustrie (z. B. Getränkeherstellung) als Feuchthalte-, Gefrierschutz- und Beschlagverhinderungsmittel. Geringere Mengen des Glycerins werden als Kühlflüssigkeitszusatz, Farbstoffkomponente, in Pharmazeutika und als Weichmacher von Kautschuk (z. B. zur Reifenproduktion) benötigt. Ebenfalls dient es als Lösungsmittel für viele organische und anorganischen Stoffe (z. B. Borax (Natriumtetraborat N a 2 B 4 O 7 ), Soda (Natriumcarbonat), Kupfersulfat).

2,2-Dimethylpropan-1,3-diol:
Der mehrwertige Alkohol 2,2-Dimethylpropan-1,3-diol besitzt in der chemischen Industrie ebenfalls einige Bedeutung. Aus dem Namen und der Strukturformel ist erkennbar, dass es sich um einen zweiwertigen, verzweigten Alkohol handelt.

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Summenformel: C 5 H 10 ( O H ) 2
molare Masse:104,2 g/mol
Schmelztemperatur:128 °C
Siedetemperatur:207 °C

Der relativ unbekannte Trivialname dieses Alkohols lautet Neopentylglycol. Es bildet hautreizende, farblose Kristalle, die in Wasser, Ether und Alkohol löslich sind.
Aus ihm werden Schmierstoffe, Alkydharze, Weichmacher, Polyester und Synthesefasern hergestellt.

Butandiole
Vom Butandiol gibt es vier Isomere (Butan-1,2-diol, Butan-1,3-diol, Butan-1,4-diol und Butan-2,3-diol. Butandiol ist demnach die Sammelbezeichnung für die 4 Dialkohole (Glycole) des Butans mit der Summenformel C 4 H 8 ( O H ) 2 . Die molare Masse der Isomere beträgt 90,1 g/mol.

Alle Butandiole sind in Wasser leicht lösliche, farblose und schwach hygroskopische Flüssigkeiten, die süßlich schmecken.
Sie dienen als Lösungsmittel und Ausgangsstoffe zur Herstellung von Polyestern, Harzen, Tetrahydrofuran und Weichmacher.

Hexan-1,2,6-triol
Hexan-1,2,6-triol ist ebenso wie das Propan-1,2,3-triol ein dreiwertiger Alkohol.

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Summenformel: C 6 H 11 ( O H ) 3
molare Masse:134,2 g/mol
Dichte:1,11 g / c m 3
Schmelztemperatur:-33 °C
Siedetemperatur:178 °C

Das Hexantriol ist eine sehr viskose, farblos bis schwach gelbliche, brennend schmeckende, hygroskopische Flüssigkeit, die mit Wasser, Ketonen und Alkohol mischbar ist. Die Flüssigkeit und ihre Dämpfe reizen Atemwege, Haut und Augen.
Der Alkohol wird bei der Herstellung von Harzen, Polyestern, Farben und Tinten, Kunststoffen, Weichmachern und als Lösungsmittel verwendet.

Mannit
Das Mannit (Mannitol) ist ein sechswertiger Alkohol, der sich vom Hexan ableitet. Es handelt sich um einen sogenannten Zuckeralkohol. Er lässt sich durch Reduktion aus dem Monosaccharid Mannose herstellen.

Summenformel: C 6 H 8 ( O H ) 6
molare Masse:182,2 g/mol
Schmelztemperatur:167 °C
Siedetemperatur:292 °C

Das Mannit (systematische chemischer Name: Hexan-1,2,3,4,5,6-hexol) bildet süß schmeckende, farblose Kristalle. Er kommt in vielen Pflanzen und dient als Reservestoff. Beispielsweise ist der Stoff im getrockneten Siebröhrensaft der Mannaesche enthalten. Mannit wird als Zuckeraustauschstoff genutzt, besonders auch in diätischen Lebensmitteln (E 421).

1,2,3-Propantriol bildet, bedingt durch seinen Bau, einen wichtiger Bestandteil der Fette.

1,2,3-Propantriol bildet, bedingt durch seinen Bau, einen wichtiger Bestandteil der Fette.

1,2,3-Propantriol bildet, bedingt durch seinen Bau, einen wichtiger Bestandteil der Fette.
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