Tinte ist nicht gleich Tinte

Schon um 3 000 v. Chr. beschrieben Ägypter Papyrus. Sie nutzten schwarze und rote Tinten, die auf der Basis von Ruß und eisenoxidhaltigen Mineralien als farbgebenden Stoffen gefertigt wurden. Um 2 000 v. Chr. wurden Tinten auf Rußbasis in China verwendet. Bei der chinesischen schwarzen Tusche handelte es sich wahrscheinlich um durch besondere Verfahren gewonnenen Ruß , der in einem Bindemittel fein verteilt war. Zum Gebrauch wurde das Material dann mit Wasser angemischt. Auch die Griechen und Römer verwendeten Ruß in ihren Tintenflüssigkeiten. Es existierten aber auch Tinten auf anderer Basis, die beispielsweise eine silber- oder goldfarbene Schrift erzeugten. Zudem wurden Tinten aus der dunklen Flüssigkeit eines Tintenfisches (der Sepia) und aus Eichengallen gewonnen.

Schon die alten Römer kannten ein Rezept zur Herstellung von schwarzer Tinte.

Schon die alten Römer kannten ein Rezept zur Herstellung von schwarzer Tinte.

Eisengallustinte

Die lichtechte und wasserfeste schwarze Eisengallustinte wurde seit 3 n. Chr. benutzt. Zu ihrer Herstellung wurden im Mittelalter getrocknete Galläpfel zerstampft und gekocht. Galläpfel (oder Eichengallen) sind Gebilde an den Blättern der Eichen, die durch Gallwespen hervorgerufen werden. In das pflanzliche Gewebe wird das Ei abgelegt. Die sich entwickelnde Larve gibt Stoffe ab, die das Gewebe zum Wachstum anregen. Dabei wird u. a. Tannin (Gallsäure) gebildet.
Beim Kochen wird die Gallsäure freigesetzt. Zu der Mischung gibt man Eisen(II)-sulfat (Eisenvitriol) und Gummi arabicum (eine kohlenhydrathaltige Gummilösung aus Akazienbäumen) hinzu. Die Säuren reagieren mit den Eisen-Ionen zu Salzen. Gummi arabicum verhindert das Ausflocken und verbessert so die Schreibbarkeit der entstandenen Tinte. Heute verwendet man für die Herstellung dieser Tinte allerdings keine Galläpfel mehr, sondern nutzt gleich die Gallsäure und lässt diese mit Eisen-Ionen reagieren. Die Gallsäure (3,4,5 Trihydroxibenzoesäure) bildet als phenolische Verbindung wie viele andere Phenole mit Eisenionen eine intensiv gefärbte Verbindung. Trocknet die Tinte, werden Eisen(II)-Ionen zu Eisen(III)-Ionen oxidiert. Das entstandene Eisen(III)-tannatkomplex ist schwarz. Gibt man zusätzlich Methylenblau hinzu, erhöht das die Sichtbarkeit der Tinte beim Schreiben; das zugesetzte Methylenblau verblasst später.
Die Eisengallustinte lässt sich gut mit Stahlfedern schreiben, schlecht mit Füllern, da diese verstopfen. Noch heute kommt diese Tinte als Dokumententinte zum Einsatz.

Sepiatinte

Tintenfische haben (bis auf Nautilus) ihre schützende Schale verloren. Um sich vor Feinden zu retten, haben sie eine besondere Fähigkeit zur Tarnung entwickelt. Sie können blitzschnell die Textur und Färbung ihrer Umgebung annehmen. Falls alles Tarnen nicht ausreicht und Flucht angesagt ist, stößt die sagenumwobene Spezies „Sepia“ Tinte aus. Daher stammt der deutsche Name der Tiere.
Die dunkle Sepiatinte besteht zum größten Teil aus Melanin. Dieser Farbstoff ist auch Bestandteil unserer Haut und lässt sie in der Sonne bräunen. Zusätzlich ist in der Tinte Schleim enthalten. Die in der Not ausgestoßene Wolke verwirrt den Verfolger auf verschiedenste Weisen. Sie verbirgt den Tintenfisch durch ihre schwarze Farbe, stört den Geruchssinn des Angreifers und täuscht diesen, da der schleimige Auswurf im Wasser lange die Form eines Tintenfisches beibehält.
Der Farbstoff wird noch heute zum Färben von Nudeln, edler Stoffe und zur Produktion wertvoller Kosmetika verwendet.

Zusammensetzung heutiger Tinten

Heute gibt es eine große Auswahl von Tinten, die verschiedene Inhaltsstoffe aufweisen. Man unterscheidet nach Art des flüssigen Mediums wasserbasierende und lösungsmittelbasierende Tinten:

Wasserbasierende Tinten werden vor allem zum Beschreiben von Papier genutzt. Bei ihrem Gebrauch sollte es nicht so sehr auf die Trocknungsgeschwindigkeit ankommen. In Ländern mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit muss oft auf die Verwendung dieses Tintentyps verzichtet werden.
Lösungsmittelbasierende Tinten kommen beim Beschriften glatter Oberflächen wie Glas, Porzellan und Folien zum Einsatz. Wird Pappe oder Papier beschrieben, verläuft sie. Als Lösungsmittel wird in Deutschland fast ausschließlich Ethanol benutzt, da dieser Stoff sehr schnell verdampft und so den eigentlich wichtigen Farbstoff trocken zurücklässt. Außerdem ist Ethanol von den schnell verdampfenden organischen Lösungsmitteln das am wenigsten schädliche und am besten umweltverträgliche.

Darüber hinaus klassifiziert man Tinten anhand ihrer farbgebenden Inhaltsstoffe:
Pigmentierte Tinte stellt eine Dispersion von Pigmente n und Wasser bzw. anderen Lösungsmitteln dar. Da sich die Farbpigmente nicht im Lösungsmittel lösen, neigen diese Tinten zum „Absetzen“ und müssen aufwändig stabilisiert werden. Sie zeichnen sich jedoch durch eine hohe Farbbrillianz, Wasserfestigkeit, Chemikalienbeständigkeit und Lichtechtheit aus, was sie für einen Einsatz als dokumentenechte Tinte prädestiniert.

Farbstofftinten sind Produkte, in denen meist organische Farbstoffe im jeweiligen Lösungsmittel gelöst vorliegen. Vorteilhaft ist ihre einfache Herstellung. Der jeweilige Farbstoff wird einfach ins lösende Medium eingerührt. Leider sind diese Tinten wenig lichtecht und chemikalienbeständig.

Leuchttinten enthalten Farbstoffe die mehr sichtbares Licht reflektieren als die Umgebung und so leuchten. Ursache dafür ist die Fluoreszenz. Ein Teil des Tageslichtsspektrums, unsichtbares, kurzwelliges UV-Licht wird durch das farbgebende System des Farbstoffs absorbiert und als langwelliges Licht ausgestrahlt. Das „Leuchten“ kommt vor allem beim Bestrahlen mit Schwarzlicht zum Tragen, da normale Glühlampen in der Regel über keinen UV-Anteil verfügen.

Gel-Tinten sind Stoffe, die in Ruhe dickflüssig, unter Einwirkung von leichtem Druck jedoch dünnflüssig auftreten. Diese spezielle Eigenschaft nennt man strukturviskoses Verhalten. Das Gel verflüssigt sich an der Spitze des Stiftes durch die Schreibkugel. Dadurch können vor allem Pigmente verarbeitet werden, die sonst zum Sedimentieren neigen. Solche Tinten finden häufig in Länder mit hoher Luftfeuchtigkeit Verwendung.

Liquid-Geltinten sind prinzipiell wie Gel-Tinten aufgebaut. Sie sind nur wesentlich dünnflüssiger und eignen sich so auch für die Verwendung von organischen Farbstoffen als farbgebender Komponente. Sie schreiben so weicher und dringen intensiver ins Papier ein, wodurch ein Klecksen vermieden werden kann.

Permanente Tinten bilden einen wasserunlöslichen Film. Es handelt sich meist um Lösungsmitteltinten, denen ein Bindemittel zugesetzt wurde, welches beim Trocknen einen Lackfilm bildet. Dieser kann nicht durch Wasser, bestenfalls durch Ethanol zerstört werden. (Es gibt auch wasserbasierende permanente Tinten, deren Lackfilm nur durch Wasser wieder angegriffen werden kann.)

Geheimtinten

Geheimtinten bzw. sympathetische Tinten erfreuen sich schon sehr lange großer Beliebtheit. Sie sind entweder nicht sichtbar oder ihre Eigenschaften ändern sich nach einer gewissen Zeit. Sie werden durch Erwärmen oder durch Bestreichen mit bestimmten Reagenzien wahlweise sichtbar bzw. unsichtbar. Auf diese Weise konnten und können geheime Botschaften weitergegeben werden, die nur vom Empfänger gelesen werden können. So benutzte beispielsweise von Plinius der Älteren 50 n. Chr. eine solche Geheimtinte. Er schrieb mit den Säften der Thithymallus-Pflanze auf Pergament und ließ die Schrift trocknen. Der Adressat hielt das Schreiben übers Feuer und wurde so informiert, denn durch das Erwärmen wurde die Schrift wieder sichtbar.

Der Gallapfel an einem Eichenblatt wird durch die Gallwespe hervorgerufen.

Der Gallapfel an einem Eichenblatt wird durch die Gallwespe hervorgerufen.

Ähnlich funktionieren einfache Geheimtinten, die von Kindern sehr gern zur Verschlüsselung geheimer Botschaften genutzt werden: Essig, Milch, Zwiebelsaft, Zitronensaft u. v. a. Alle diese Stoffe lassen beim Erwärmen eine sichtbare Schrift erscheinen. So zersetzt sich beispielsweise die Citronensäure aus dem Zitronensaft in der Hitze eher als das Papier und dadurch entsteht die bräunliche Schrift. Etwas Fingerspitzengefühl gehört allerdings zur „Entschlüsselung“ dieser Geheimschrift dazu. Wird das Papier zu heiß, geht es ebenfalls in Flammen auf und der Empfänger kann gar nichts mehr entziffern.

Sodalösung (Natriumcarbonatlösung) ist schwach basisch. Sie wird beim Bestreichen mit Phenolphtaleinlösung als rote Tinte sichtbar. Später verschwindet die Farbe wieder, weil der Farbstoff des Säure-Base-Indikators nicht lichtbeständig ist.

Das Prinzip der Eisengallustinte kann ebenfalls für eine Geheimtinte genutzt werden. Geschrieben wird mit unsichtbarer Gallsäure. Diese wird beim Bestreichen mit Eisen(II)-sulfatlösung durch die stattfindende chemische Reaktion (Oxidation und Komplexbildung) sichtbar. Das Prinzip der Bildung farbiger Salze ist das Geheimnis weiterer sympathetischer Tinten.
Wird die Botschaft mit einer Lösung von Kaliumhexacyanoferrat(II) K4Fe(CN)6 (gelbes Blutlaugensalz) bzw. Rhodanid-Lösung auf das Papier geschrieben, ist auch diese Schrift nach dem Trocknen fast unsichtbar. Beim Besprühen des Blatts mit der Eisen(III)-chlorid-Lösung färben sich die mit Hexacyanoferrat beschriebenen Bereiche blau, die mit Rhodanid behandelten rot.
Bereits im 18. Jh. wurden Geheimbotschaften mit ca. 3 %iger Cobalt(II)-chlorid-Lösung geschrieben. Beim Erwärmen der fast farblosen Lösung bildet sich dunkelblaues Cobalt(II)-chlorid-Monohydrat (Bild 4) und die geheime Botschaft wird für den Empfänger sichtbar.

Chemische Reaktionen machen sympathetische Tinten sichtbar.

Chemische Reaktionen machen sympathetische Tinten sichtbar.

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