Biochemie, Molekularbiologie

ab 1950
In den 50er-Jahren konnte DANIEL I. ARNON (1910-1994) die Lichtreaktion bei der Fotosynthese – speziell den Teilschritt der Fotophosphorylierung – weitgehend aufklären. Die biochemischen Prozesse sind allerdings so komplex, dass der genaue Reaktionsablauf sogar heute noch nicht vollständig verstanden ist.

1951
In Arco (USA) wurde der erste Brutreaktor der Welt in Betrieb genommen. Am 20.12.1951 lieferte er erstmals elektrische Energie.

In Deutschland meldete der Tüftler WALTER LINDERER ein Patent für einen Airbag in Kraftfahrzeugen an. Bis zur Einführung des Airbags mussten jedoch erst geeignete Treibsätze gefunden werden, die in wenigen Millisekunden eine große Gasmenge freisetzen. Außerdem musste eine Kunststofffaser entwickelt werden, die den Druck des Gases und des Aufpralls aushält, bevor der Airbag in den 80er-Jahren in Autos eingebaut werden konnte.

1952
Mit der Entdeckung der Gaschromatografie stand eine neue Analysemethode zur Verfügung, die in der organischen Elementaranalyse, in der Umwelt- und Arzneistoffanalytik breite Anwendung findet.

Durch die Erfindung des Zonenschmelzens konnten Metalle und Halbmetalle bis auf eine Reinheit von 99,9999999 % gebracht werden. Erst durch dieses Verfahren konnte Silicium mit einer für die Konstruktion von Mikrochips geeigneten Reinheit hergestellt werden.

LINUS PAULING (1901-1994) und ROBERT B. COREY (1897-1971) entdeckten während ihrer Untersuchungen der chemischen Bindungen mittels Röntgenstrukturanalyse die α-Helix und β-Faltblattstruktur als typische Strukturelemente von Proteinen.
Der englische Chemiker ALEXANDER ROBERT TODD (1907-1997) erkannte das Bauprinzip der Nucleotide und die Art ihrer Verkettung zu Nucleinsäuren.

Die USA zündeten auf dem Eniwetok-Atoll im Pazifik die erste Wasserstoffbombe. Sie war etwa 700-mal so stark wie die Atombombe von Hiroshima. Das 1 km breite und 5 km lange Atoll wurde durch die nur 65 t schwere Bombe völlig zerstört.

1953
Durch Simulationsexperimente bestätigten STANLEY LLOYD MILLER (1930-2007) und SIDNEY W. FOX, dass die Uratmosphäre der Erde aus Ammoniak, Methan, Wasserstoff und Wasser bestanden hat. Sie wiesen nach, dass sich durch Gewitter und hohe Temperaturen daraus Aminosäuren und Eiweiße bilden konnten und prägten den Begriff der chemischen Evolution.

Der Amerikaner JAMES DEWEY WATSON (*1928) und der Brite FRANCIS HARRY COMPTON CRICK (1916-2004) entdeckten die molekulare Doppelhelixstruktur der DNA. Dieser Strukturvorschlag wurde vom Neuseeländer MAURICE HUGH FREDERICK WILKINS (1916-2004) durch Röntgenstrukturanalyse bestätigt. Die unmittelbare Voraussetzung und Grundlage für diese Entdeckung lieferten damals die ersten Röntgenbeugungsuntersuchungen der DNA, die die englische Biochemikerin ROSALIND FRANKLIN (1920-1958) zuvor erstellt hatte.
WATSON und CRICK vermuteten aufgrund ihrer Beobachtungen, dass die genetische Information in der DNA als Sequenz der Basen enthalten sei, deren Paarung bei der Replikation komplementär erfolge. Danach wird durch die genetische Information die Aminosäuresequenz der Proteine bestimmt, und zwar durch jeweils eine Folge von drei Basen pro Aminosäure (Triplett-Code). CRICK entwarf auch ein Modell für die Proteinbiosynthese, das einen „Adaptor“ zwischen DNA und Aminosäuren (Adaptorhypothese) enthielt und beschrieb die Richtung des Informationsflusses von der DNA zum Protein. Es gilt bis heute als zentrales Dogma der Genetik.

1953
Dem Briten FREDERICK SANGER (*1918) gelang erstmals die Aufklärung einer vollständigen Aminosäuresequenz von Insulin und er erhielt dafür 1955 seinen ersten Nobelpreis für Chemie.

In Japan war die Reisernte massiv durch einen Pflanzenschädling bedroht, sodass die Behörden eine Hungersnot befürchteten. Auf ihre Bitte an die BAYER AG wurde per Luftbrücke das Insektizid Folidon M nach Japan gebracht. Dadurch konnte nicht nur die Ernte des Jahres 1953 gerettet, sondern der Reisschädling nachhaltig bekämpft werden. Zum Dank dafür setzten Shintopriester dem Pflanzenschutzmittel 1964 ein Denkmal.

ab 1953
Der deutsche Chemiker KARL ZIEGLER (1898-1973) entdeckte neue Katalysatoren, die es ermöglichten, Ethen auch bei niedrigem Druck zu polymerisieren. Der Italiener GIULIO NATTA (1903-1979) fand 1954 heraus, dass diese Katalysatoren stereoselektiv wirken und man dadurch Polyethylen oder Polypropylen mit regelmäßiger Struktur herstellen kann. Mit der industriellen Nutzung der ZIEGLER-NATTA-Katalysatoren wurde die Synthese maßgeschneiderter Kunststoffe mit neuen Eigenschaften möglich. Selbst „Naturkautschuk“ ließ sich mit diesen stereoselektiven Katalysatoren synthetisch produzieren.

1954
Durch amerikanische und deutsche Forscher wurde das seit 1839 bekannte Prinzip der Brennstoffzelle zur Energieerzeugung wieder aufgegriffen. Sie konstruierten funktionsfähige Knallgas-Zellen, die schon bei Arbeitstemperaturen unter 100 °C hohe Stromdichten lieferten. Da man aber damals noch die Kernenergie für den Energieträger der Zukunft hielt, fand die Entdeckung wenig Beachtung.

In den Bell Telephone Laboratories wurde die Silicium-Solarzelle zur direktem Umwandlung von Licht in elektrische Energie entwickelt.

Der Engländer W. E. STEPHEN entdeckte eine neue Farbstoffklasse, die Reaktivfarbstoffe. Diese enthalten reaktive Gruppen, die mit den Hydroxy-Gruppen der Cellulose feste kovalente Bindungen ausbilden. Auf diese Weise erhält man sehr waschechte Farbtextilien.

1955
Dem amerikanischen Biochemiker MELVIN CALVIN (1911-1997) gelang die Aufklärung des fotosynthetischen Reaktionszyklus, der zur Fixierung des Kohlenstoffdioxidmoleküls als Zucker in der Zelle führt. Diese Reaktionsprozesse in der Dunkelreaktion der Fotosynthese werden nach ihm „CALVIN-Zyklus“ benannt.

In Umkehrung des Grundprinzips der Spektralanalyse entwickelten WALSH und ALKEMADE die Atomabsorptionsspektroskopie. Mit dieser Methode lassen sich kleinste Konzentrationen von Metall-Ionen, z. B. in der Umweltanalytik, sehr genau bestimmen.

Bei der BASF wurde erstmals Essigsäure totalsynthetisch aus Methanol und Kohlenstoffmonooxid gewonnen. Das synthetische Verfahren konnte aber die biochemische Gewinnung durch Essiggärung nicht verdrängen.

In den USA wurden erstmals synthetische Industriediamanten hergestellt. Um Grafit in Diamant zu verwandeln, sind hohe Drücke von etwa 5 · 10 9 Pa und hohe Temperaturen von 1 200 bis 1 600 °C erforderlich.

1957
Um Ordnung in die Vielfalt der organischen Verbindungen zu bringen, beschloss die IUPAC allgemeingültige Regeln zur Nomenklatur aliphatischer, cyclischer und heterocyclischer Verbindungen.

Im englischen Windscale kam es zum ersten größeren Störfall in einem Atomreaktor. Durch einen Bedienungsfehler überhitzte sich der Reaktor am 10.10.1957 und geriet in Brand. Dabei wurde eine Radioaktivität von 7 · 10 14 Bq freigesetzt. Die Schäden durch diesen Störfall wurden von den Betreibern des KKW und der britischen Regierung vertuscht.

In der Sowjetunion wurde am 3. August erstmals die Flüssigkeitsrakete „Wostok“ gestartet. Mit dieser Rakete wurde etwa 2 Monate später der erste künstliche Satellit der Erde, Sputnik 1, in den Weltraum transportiert.

Die Biochemiker ISAACS und LINDENMANN wiesen nach, dass biologische Zellen gegen Viren resistent werden, wenn sie den Stoff Interferon produzieren. Interferone, sind Proteine oder Glykoproteine, die erst seit 1976 mithilfe biotechnologischer Verfahren dargestellt werden können.

1958
Im November 1958 gelang dem US-Amerikaner JACK S. KILBY, Mitarbeiter der Firma Texas Instruments, die Fertigung der ersten integrierten Halbleiterschaltung, des ersten Chips.

Es begann der Bau der ersten Quantengeneratoren, der Laser. Sie gewannen zunehmend Bedeutung für die Technik und die Medizin. Die physikalischen Grundlagen dafür schufen der Amerikaner CHARLES T. TOWNES (*1915) sowie die Russen NIKOLAI G. BASSOW (1922-2001) und ALEXANDER M. PROCHOROW (1916-2002). Sie erhielten dafür 1964 den Nobelpreis für Physik.

1959
Die ersten Halogenlampen kamen auf den Markt. Ihre Lebensdauer war um ein Vielfaches länger als die herkömmlicher Glühlampen, da sich die Glühdrähte durch chemische Transportreaktionen selbständig regenerieren.

1960
JOHN KENDREW (1917-1997) und MAX PERUTZ (1914-2002) konnten die erste dreidimensionale Struktur eines Proteins aufklären. Mithilfe der Röntgenstrukturanalyse war es ihnen möglich, die Sekundärstruktur des Myoglobins und Hämoglobins zu beschreiben. 1965 entwickelten sie ein Modell für die räumliche Struktur des Enzyms Lysozym.

Durch die 11. Generalkonferenz für Maß und Gewicht wurden die Bezeichnung „Systeme International d´ Unites“ (Internationales Einheitensystem) und die Abkürzung SI für dieses System festgelegt. Die international vereinbarten SI-Basiseinheiten sind

 –  das Meter (1 m) als Einheit für die Länge bzw. den Weg,
 –  das Kilogramm (1 kg) als Einheit für die Masse,
 –  die Sekunde (1 s) als Einheit für die Zeit,
 –  das Ampere (1 A) als Einheit für die Stromstärke,
 –  das Kelvin (1 K) als Einheit für die Temperatur,
 –  das Mol (1 mol) als Einheit für die Stoffmenge,
 –  die Candela (1 cd) als Einheit für die Lichtstärke.

Das international vereinbarte System bezieht sich ausschließlich auf die Einheiten physikalischer Größen, nicht aber auf die physikalischen Größen selbst.

Der englische Ingenieur und Chirurg JOHN CHARNLEY setzte erstmals einem Patienten ein künstliches Hüftgelenk aus Edelstahl ein. In den 90er-Jahren ist das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks bereits zu einer Standardmethode geworden.

Die ersten Antibabypillen kamen auf den Markt. Sie sind die wohl bekannteste Anwendung von Hormonen als Arzneistoff und revolutionierten das Sexualleben in der ganzen Welt.

1961
Der Russe JURI ALEXEJEWISCH GAGARIN (1934-1968) umkreiste am 12. April 1961 als erster Mensch in einem Raumschiff die Erde. In 108 Minuten umflog er einmal unseren Planeten und war damit der erste Kosmonaut. Drei Wochen später schickten die USA ihren ersten Astronauten, ALLAN SHEPHARD, ins Weltall.

Für Missbildungen bei vielen Säuglingen wurde das Arzneimittel Contergan verantwortlich gemacht. Testreihen bei Ratten hatten keine Hinweise auf eine Frucht schädigende Wirkung ergeben. Trotzdem fand man später heraus, dass der Contergan-Wirkstoff Thalidomid aus zwei Enantiomeren besteht, von denen das (S)-Isomer die Missbildungen verursacht.

Die Atomgewichtskommission der IUPAC legte die Atommasse vom Kohlenstoff-12-Isotop zu 12,000000 u fest. Diese Festlegung trat am 1.1.1962 in Kraft. Vorher nutzte man als Standard Sauerstoff mit dem Atomgewicht 16,000 u. Dadurch konnten die bisher getrennten physikalischen und chemischen Atomgewichtstabellen sowie viele Naturkonstanten vereinheitlicht werden.

Die französischen Wissenschaftler FRANCOIS JACOB (1920-1984), ANDRE LWOFF (1902-1994) und JAQUES MONOD (1910-1976) entdeckten das Prinzip der negativen Genregulation (JACOB-MONOD-Modell) für die Regulation der Synthese zuckerabbauender Enzyme (Lactose-Operon) von Mikroorganismen. Für ihre Entdeckung auf dem Gebiet der genetischen Kontrolle der Synthese von Enzymen und Viren erhielten sie 1965 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

Die amerikanischen Chemiker C. S. MARVEL und H. VOGEL fanden ein hochtemperaturbeständiges Polymer, das Polybenzimidazol (PBI). Das Material kann kurzzeitig Temperaturen bis 1 000 °C ausgesetzt werden und ist mechanisch sehr belastbar. Textilfasern aus PBI werden u. a. für Feuerwehrschutzkleidung und Bezüge von Flugzeugsitzen verwendet.

1961 bis 1963
Aufgrund der großen Mengen der ins Abwasser geleiteten Waschlaugen wurden in Deutschland zum Schutz der Umwelt das Detergenziengesetz und die dazugehörige Detergenzienverordnung erlassen. Danach dürfen nur noch Waschrohstoffe verwendet werden, die zu mehr als 80 % biologisch abbaubar sind. Daraufhin entwickelte die HÜLS AG ein Verfahren zur Herstellung von Dodecylbenzensulfonat, dem ersten Tensid, das dem gesetzlichen Standard gerecht wurde und die Gewässerbelastung deutlich verringerte.

1962
ROBERT BRUCE MERRIFIELD (1921-2006) konstruierte einen Apparat, mit dem Peptide vollautomatisch synthetisiert werden können. Das von ihm entwickelte Syntheseprinzip führte zu Ausbeuten von über 90 %, die den viel geringeren Ausbeuten der klassischen Synthese überlegen waren. 1965 gelang mithilfe der MERRIFIELD-Synthese die Herstellung des Insulins.

Der amerikanische Ingenieur NICK HOLONYAK erfand die Lichtemitterdiode (LED). Es handelt sich um ein Halbleiterbauelement mit einem pn-Übergang.

Durch die Wechselwirkung des Hormons Adrenalin mit sogenannten Beta-Rezeptoren am Herzmuskel werden die Herzfrequenz und die Pumpleistung reguliert. Mit der Entdeckung des Beta-Rezeptorenblockers Propranolol durch den britischen Pharmakologen JAMES WHYTE BLACK (1924-2010) wurde eine neue Klasse von Medikamenten zugänglich. Mit diesen Beta-Blockern kann der Bluthochdruck wirksam bekämpft und die Gefahr von Herzinfarkten gesenkt werden.

1963
Der amerikanische Chemiker RALPH PEARSON (*1919) stellte seine Theorie der harten und weichen Säuren und Basen auf. Damit leistete er einen wichtigen Beitrag zur Erklärung der Stabilität von Komplexverbindungen.

1964
Die Leistungsfähigkeit der Säulenchromatografie wurde durch neue Geräte wesentlich verbessert. Sie ermöglichten eine deutlich effektivere Trennung von Substanzgemischen, indem die Analyse unter hohem Druck durchgeführt wird. Die Hochdruck-Flüssigkeits-Chromatografie ist heute eines der wichtigsten Analyseverfahren in der Lebensmittel-, Umwelt- und Dopinganalytik.

Erstmals wurden in Deutschland Eichzulassungen für elektromechanische Waagen mit Dehnungsmessstreifen gegeben. Damit hielt die Elektronik im Waagenbau Einzug.

Die BAYER AG stellte Schwefelsäure nach dem neuen Doppelkontaktverfahren her. Dadurch wurde die Ausbeute des Verfahrens auf 99,5 % gesteigert und die Emission von giftigem Schwefeldioxid auf ein Zehntel gesenkt.

1965
Bei dem amerikanischen Raumflugunternehmen Gemini 5, gestartet am 21.08.1965, wurden erstmals Brennstoffzellen zur Energieversorgung eingesetzt. Zwei Astronauten umrundeten bei diesem Unternehmen 120-mal die Erde.

Seit 1952 hatte der deutsche Chemiker HORST POMMER (1919-1987) an der Entwicklung der technischen Synthese von Vitamin A gearbeitet. Das von seinem Arbeitskreis vorgeschlagene Verfahren wurde von der BASF aufgebaut und lieferte ab 1971 synthetisches Vitamin A für die Futtermittelindustrie.

1966
Die Entdeckung des Zuordnungssystem zwischen Basentripletts der messenger-RNA und Aminosäuren und die Ermittlung des Mechanismus der Informationsübertragung von Nucleinsäuren auf Proteine erfolgte Mitte der 1960er-Jahre durch die Arbeitsgruppen um H. G. KHORANA (*1922), R.W. HOLLEY (1922-1993) und M.W. NIRENBERG (1927-2010). Mit modernen biochemischen Analysemethoden gelang bis 1966 die vollständige Aufklärung der Sequenz aller 64 Codone.

1967
Start für das Farbfernsehen in der Bundesrepublik. Als erste Fernsehanstalt Europas strahlte das ZDF ab dem 25. August regelmäßig Farbfernsehsendungen aus. Genutzt wurde das von W. BRUCH (Telefunken) entwickelte PAL-System.

Die 13. Generalkonferenz für Maß und Gewicht legte fest: Eine Sekunde ist das 9 192 631 770-Fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustands von Atomen des Nuklids Caesium-133 entsprechenden Strahlung. Damit wurde die „Atomzeit“ eingeführt. Auf der gleichen Konferenz wurde festgelegt: Das Kelvin, die Einheit der thermodynamischen Temperatur, ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunkts des Wassers.

Der deutsche Chemiker KARL HEINZ BÜCHEL (*1931) entdeckte, dass die substituierten Imidazole und Triazole außerordentlich wirksame Fungizide sind. Mit dem Clotrimazol entwickelte er ein gut verträgliches Antimycoticum, das bis heute als Medikament gegen Pilzerkrankungen in Apotheken erhältlich ist.

Die Chemikerin STEPHANIE KWOLEK (*1923) entdeckte in den USA neue Polymere mit einer „flüssigkristallinen“ Struktur. Diese verfügten über die Eigenschaft, dass sich die makromolekularen Ketten parallel zueinander anordnen und so außerordentlich stabile Fasern bilden. Derartige Polymere wie Kevlar® ergeben nicht nur besonders reißfeste und thermisch beständige Gewebe. Sie werden auch zu Motorad-Schutzkleidung, kugelsicheren Westen oder hoch beanspruchten Sportgeräten wie Snowboards verarbeitet.

In den Glaswerken Schott in Mainz wurde erstmals Glaskeramik angefertigt. Glaskeramik hat die Eigenschaft, dass sie Wärme gut leitet, ihre thermische Ausdehnung aber vernachlässigbar klein ist. Heute wird Glaskeramik u. a. zur Herstellung von Heizplatten für Elektroherde genutzt.

1967 bis 1969
Die Chemiker PEER EDMAN (1916-1977) und GEOFFREY BEGG schlugen für die Analyse der Primärstruktur von Eiweißen einen vollautomatischen Sequence Analyser vor. Das Gerät war 1969 serienreif und erlaubte die automatische Bestimmung der Aminosäuresequenz von Eiweißen.

1969
Mit der „Apollo“-Mission gelangten die ersten Menschen auf den Mond. Es waren die Amerikaner NEIL ARMSTRONG und EDWIN ALDRIN. Der Flug zum Mond ist ein großartiges Beispiel dafür, welche technologischen Erfolge durch den gemeinsamen Fortschritt der Naturwissenschaften Physik und Chemie erzielt werden können.

Mit der MERRIFIELD-Synthese gelang mehreren Arbeitsgruppen die erste Totalsynthese eines Enzyms, der Ribonuclease. Die amerikanischen Biochemiker CHRISTIAN ANFINSEN (1916-1995), STANFORD MOORE (1913-1982) und WILLIAM STEIN (1911-1980) konnten darüber hinaus erstmals nachweisen, dass ein Enzym ein Aktivitätszentrum besitzt.

E. J. COREY und W. T. WIPKE nutzten erstmals die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung für die Planung von Synthesen. Mit der Entwicklung der Computertechnologie in den 70er-Jahren veränderte sich auch die chemische Forschung. Viele Analysemethoden wurden automatisiert, Synthesen teilweise nicht mehr experimentell ausgeführt, sondern am Computer simuliert. In den 80er-Jahren experimentierten die Chemiker nur noch wenig im Labor, die meiste Zeit verbrachten sie am Computer.

1970
Die IUPAC empfahl die Verwendung von ca. 200 physikalischen und chemischen Größen, für die sie auch die Einheiten und Symbole definierte. Neben den anderen SI-Einheiten zählte dazu auch das Mol als Einheit der Stoffmenge. Das Mol ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie Atome in 0,012 kg des Nuklids Kohlenstoff-12 enthalten sind. Bei der Benutzung des Mol müssen die Einzelteilchen spezifiziert sein und können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen sowie andere Teilchen oder Gruppen solcher Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein.

Der britische Pharmakologe JOHN ROBERT VANE (1927-2004) klärte den Wirkungsmechanismus von Acetylsalicylsäure auf. Er löste damit weitere Untersuchungen zu möglichen Anwendungen von Aspirin® aus. Dieses wurde nun auch Herzinfarkt-Patienten verordnet, zur Krebsvorsorge und als Antirheumatikum verwendet.

ab 1970
HAR GORBIND KHORANA (*1922) gelang mithilfe einer Kombination aus organisch-chemischen und enzymatischen Methoden die erste Totalsynthese eines Gens. Später fand KHORANA heraus, wie man ein fremdes Gen in die DNA einer Bakterienzelle einbaut. Er konnte dieses gentechnisch veränderte Bakterium am Leben erhalten und nachweisen, dass der neue Befehl der neuen DNA ausgeführt wird. Diese Entdeckung ermöglichte die gezielte Veränderung der Erbsubstanz und damit die Manipulation der Grundbausteine aller Lebewesen.

1971
Aufgrund der vielen Umwelt schädigenden Chemikalien, die in der Industrie und Landwirtschaft eingesetzt wurden, versuchte man zunehmend, diese durch ökologisch unbedenkliche Stoffe zu ersetzen. Eines der ersten Beispiele ist das Unkrautbekämpfungsmittel (Herbizid) Glyphosate. Das Aminosäure-Derivat unterbricht einen nur in Pflanzen vorkommenden Stoffwechselprozess und ist vollständig biologisch abbaubar.

Der Amerikaner M. E. HOFF entwickelte den ersten Mikroprozessor aus hochreinem Silicium. Auf einem Siliciumplättchen von wenigen Quadratmillimetern sind 2 250 Schaltkreise integriert. Das war der Beginn der neuen Computertechnologie, die die Naturwissenschaften und das tägliche Leben revolutionierte.
Texas Instruments brachte im gleichen Jahr den ersten Taschenrechner auf den Markt, der mit einem einzigen Mikrochip arbeitete.

1972
HERBERT BOYER (*1936) und STANLEY COHEN (*1922) schleusten erstmals fremde DNA mit Hilfe eines Plasmids in ein Bakterium und erzeugten sogenannte rekombinante DNA. Dieses Ereignis gilt als Geburtsstunde der Gentechnik.

GODFREY N. HOUNSFIELD (1919-2004) und ALLAN MCLEOD CORMACK (1924-1998) entwickelten die Computertomografie (CT), eine medizinische Untersuchungsmethode, die auf der kernmagnetischen Resonanz (NMR-Spektroskopie) basiert. Die Firma Siemens baute 1982 den ersten Computertomografen, mit dem Schichtbilder von lebenden Organismen erzeugt werden können. Mit dieser neuen Methode können Tumore oder Verletzungen im Körperinneren eindeutig diagnostiziert werden.

1973
Die Ärzte MICHAEL S. BROWN und JOSEPH L. GOLDSTEIN
erkannten einen wesentlichen Zusammenhang zwischen dem Cholesterinspiegel im Blut und der Arterienverkalkung. Sie entdeckten, dass sogenannte LDL-Rezeptoren an den Zelloberflächen notwendig sind, um den Cholesterinhaushalt der Zellen zu regulieren. Auf der Grundlage dieser Entdeckung konnten effektive Therapien zur Senkung des Cholesterinspiegels entwickelt werden.

1974
Nach den großen Erfolgen der Gentechnologie veröffentlichten 11 namhafte Chemiker und Biologen einen offenen Brief an alle Naturwissenschaftler. Darin forderten sie die „scientific community“ auf, freiwillig auf ethisch fragwürdige gentechnolgische Versuche zu verzichten.

Seit den Arbeiten von SYDNEY CHAPMAN in den 30er-Jahren war bekannt, dass die Ozonschicht der Erde die Lebewesen vor der harten UV-Strahlung der Sonne schützt. 1974 wiesen die amerikanischen Wissenschaftler MARIO JOSE MOLINA (*1943) und FRANK SHERWOOD ROWLAND (*1927) erstmals darauf hin, dass sich die Ozonkonzentration in der Stratosphäre in bedenklicher Weise verringerte. Sie vermuteten, dass Chlorradikale aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen für den Ozonabbau verantwortlich sind.

In Biblis bei Worms ging der bisher größte Kernkraftwerksblock – Biblis A – ans Netz. Im Reaktor befanden sich 193 Brennelemente mit je 236 Brennstäben von 3,9 m Länge und 10,75 mm Außendurchmesser. Sie enthielten Urandioxid mit 3 % spaltbarem Uran-235. Der gesamte Brennstoff hatte eine Masse von 99,2 t. Er lieferte bei Volllast 1 200 MW.

Die amerikanische Firma Hewlett-Packard brachte den ersten programmierbaren Taschenrechner auf den Markt.

1974 bis 1976
Seit Ende der 60er-Jahre war bekannt, dass die Bestandteile von Waschmitteln, insbesondere der Builder (Wasserenthärter) Pentanatriumtriphosphat, in hohem Maße zur Eutrophierung der Gewässer beitragen. Nach mehrjähriger Forschung fand man ökologisch unbedenkliche Silicate, die aufgrund ihrer besonderen Zeolithstruktur als Builder geeignet sind. 1976 begann die Markteinführung des ersten phosphatarmen Waschmittels mit dem Zeolith-4-A (Sasil®) als Wasserenthärter.

1975
GEORGES J. F. KÖHLER (1946-1995), CÉSAR MILSTEIN (1927-2002) und NILS KAJ JERNE (1911-1994) verschmolzen eine Myelomazelle der Maus (Hautkrebszelle) mit einer Antikörper produzierenden Zelle zu einer Hybridomazelle, die in großer Zahl monoklonale Antikörper produzierte. Solche Antikörper sind von großer Bedeutung für die moderne Medizin, z. B. die Organtransplantation. 1980 gelang die Isolierung der monoklonalen Antikörper aus menschlichen Zellen.

Durch spezielle asymmetrische Katalysatoren konnte die Aminosäure L-Dopa praktisch enantiomerenrein synthetisiert werden. Nebenwirkungen wie beim Contergan-Skandal können bei diesem Medikament somit nicht auftreten. L-Dopa wird u. a. als Medikament gegen die parkinsonsche Krankheit verwendet.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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