Gustav Kirchoff

GUSTAV ROBERT KIRCHHOFF ist einer der Begründer der theoretischen Physik in Deutschland. Neben den Verzweigungsregeln in beliebigen Stromkreisen gehören das Gesetz über das Verhältnis von Emissions- und Absorptionsvermögen strahlender Körper und sein Beitrag zur Spektralanalyse zu seinen Hauptleistungen.

KIRCHHOFF erlebte 1871 Deutschlands politische Einigung und dessen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Aufschwung.

Kindheit, Jugend, Ausbildung

KIRCHHOFF wurde am 12. März 1824 in Königsberg (heute: Kaliningrad) im damaligen Ostpreußen geboren. Als jüngster von drei Söhnen eines Justizrats besuchte er in Königsberg das Kneiphoffsche Gymnasium, legte dort 1842 das Abitur ab und studierte an der Königsberger Universität vornehmlich Mathematik. Hier wurde er vor allem von FRANZ NEUMANN gefördert, der in seinem Seminar die Anwendung der höheren Mathematik auf die Physik und die Tradition der Präzisionsmessungen pflegte. Daraus entstanden KIRCHHOFFs erste wissenschaftliche Arbeiten und seine Promotion (1847).

Hochschullehrer und Forscher

1847 heiratete er CLARA RICHELOT, mit der er vier Kinder hatte. Bereits 1848 habilitierte er sich bei einem Weiterbildungsstudium in Berlin. 1850 wurde er als außerordentlicher Professor nach Breslau berufen, wo er in dem Chemiker ROBERT WILHELM BUNSEN (1811-1899) einen Freund und wissenschaftlichen Diskussionspartner gewann.

Als BUNSEN 1852 nach Heidelberg ging, holte er 1854 auch KIRCHHOFF dorthin. Hier entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen beiden, insbesondere im Bereich der Spektralforschung.

KIRCHHOFF entwickelte einen streng logischen Vorlesungsstil, der sich auch in seinen Lehrbüchern widerspiegelte. Hatte er noch 1862 in seiner „Mechanik“ „die Zurückführung aller Naturerscheinungen auf die Mechanik“ als höchstes Ziel angegeben, so meinte er 1876, dass es sich nur darum handeln könne, „die in der Natur vor sich gehenden Bewegungen vollständig und auf die einfachste Weise zu beschreiben.“ In dieser Betrachtungsweise ist ihm mancher prominente Physiker gefolgt.

Ein tiefer Einschnitt für KIRCHHOFF war 1869 der Tod seiner Frau. 1872 heiratete er eine Medizinerin. 1875 nahm er den Ruf nach Berlin als einer der ersten ordentlichen Professoren der theoretischen Physik wahr. Obwohl er seit langem kränkelte, bewahrte er seine charakteristische Heiterkeit. So kam sein Tod am 17. Oktober 1887 für viele völlig unerwartet.

Wissenschaftliche Leistungen

KIRCHHOFF war in unterschiedlichen Gebieten der Physik tätig und leistete in allen diesen Bereichen Hervorragendes.

Forschungen in der Elektrizitätslehre: Ein Bereich seiner Forschungen, mit dem er sich zunächst beschäftigte, waren Probleme der Elektrizitätslehre. Bereits 1845, also als 21-Jähriger, leitete er die Regeln der Spannungs- und Stromstärkeverteilung in beliebigen Netzwerken her. Wir kennen diese Gesetze heute unter der Bezeichnung kirchhoffsche Regeln oder kirchhoffsche Gesetze.

1849 behandelte er die Zusammenhänge zwischen Elektrostatik und stationärem Strom und identifizierte die elektrische Potenzialdifferenz mit der Spannung.

Ausgehend von WILHELM WEBERs Fluidumsmodell der Fernwirkungselektrodynamik stellte er 1857 eine Vorform der „Telegrafengleichung“ auf, mit der er erstmals für ideale Leiter die Ausbreitung elektrischer Wellen mit Lichtgeschwindigkeit annahm. 1864 präzisierte er die Theorie der elektrischen Schwingungen und 1877 veröffentlichte er Bewegungsgleichungen in unterirdischen und unterseeischen Telegrafenkabeln, die sich als wissenschaftliche Fundierung beim schnellen Ausbau der Telegrafie als nützlich erwiesen.

Spektralanalyse: Eine seiner bekanntesten wissenschaftlichen Leistungen ergab sich aus der engen Zusammenarbeit mit dem Chemiker BUNSEN in Heidelberg. BUNSEN bemühte sich, durch unterschiedliche Flammenfärbungen mittels Salzen Elemente zu identifizieren. KIRCHHOFF regte an, dieses Licht spektral zu zerlegen. Daraufhin entwickelten beide die chemische Analyse durch Spektrallinienbeobachtungen, die Spektralanalyse.

1860 veröffentlichten beide mit der Arbeit „Chemische Analyse durch Spektralbeobachtungen“ die wissenschaftlichen Grundlagen der Spektralanalyse. Innerhalb kürzester Zeit entdeckten Chemiker durch Anwendung der Spektralanalyse 10 neue chemische Elemente. So wurde z. B. das Element Helium 1868 zunächst im Sonnenspektrum entdeckt und konnte schließlich 1894 auch auf der Erde nachgewiesen werden.

Strahlungsgesetze: Bei Versuchen mit natriumgefärbten Flammen und durchstrahlendem Sonnenlicht beobachtete KIRCHHOFF, dass sich entsprechende fraunhofersche Linien des Sonnenlichts nach der Intensität des jeweiligen Lichts entweder aufhellten oder mehr verdunkelten. Er folgerte aus weiteren Versuchen, dass jeder leuchtende Körper die Spektrallinien absorbiert, die er auch emittiert und entwickelte daraus 1859 das nach ihm benannte Strahlungsgesetz (kirchhoffsches Strahlungsgesetz), welches nach seiner Formulierung besagt,

„dass für alle Strahlen derselben Wellenlänge bei derselben Temperatur das Verhältnis von Emissions- zum Absorptionsvermögen bei allen Körpern dasselbe ist“.

KIRCHHOFF bezeichnete es als wichtige Aufgabe, die Emissionskurve des von ihm definierten „schwarzen Körpers“ als eine Funktion von Wellenlänge und Temperatur zu finden. Diese Entwicklungsrichtung führte über präzise Messungen und die Aufstellung von weiteren Strahlungsgesetzen schließlich zur planckschen Quantenhypothese von 1900 und zur Entwicklung der Quantenphysik. KIRCHHOFF war also einer der Wegbereiter dieser neuen physikalischen Theorie.

Aus seinen Erkenntnissen zur Strahlung von Körpern folgerte KIRCHHOFF auch, dass die Sonne eine sehr heiße, flüssige, im Inneren glühende feste Kugel sei. Er gehört deshalb auch zu den Begründern der Astrophysik, insbesondere der Sonnenphysik.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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