Erste Lautverschiebung

Abtrennung der germanischen Sprachen

Etwa 2000 v.Chr. begann mit der Neubesiedlung des westlichen Ostseeraumes die Abtrennung der germanischen Sprachen aus dem Indoeuropäischen. Dieser Prozess beinhaltete eine Reihe von sprachlichen Veränderungen:

  • die sprachliche Lautverschiebung,
  • den Akzentwandel und
  • die Herausbildung schwacher Verben.

Der Prozess war etwa 500 v.Chr. beendet.

Erste Lautverschiebung
Die erste oder germanische Lautverschiebung setzte etwa zwischen 1200 und 1000 v.Chr. ein und war zwischen 500 und 300 v.Chr. abgeschlossen. Sie führte zur Differenzierung zwischen den germanischen und den indoeuropäischen Sprachen.

  • Die stimmhaften Verschlusslaute b, d und g wurden
    zu stimmlosen Verschlusslauten p, t und k:
    labium Lippe; duo twai (zwei); ager Acker
  • Die behauchten Verschlusslaute bh, dh und gh wurden
    zu stimmhaften Reibelauten (Frikative) und schließlich
    zu den stimmhaften Verschlusslauten b, d und g:
    nábhas nebul (Nebel); dhur door; ghostis gast.

JACOB GRIMM hat 1822 das Gesetz der ersten oder germanischen Lautverschiebung beschrieben (grimmsches Gesetz). Er erläuterte den Lautwandel und insbesondere das Muster für die Veränderungen der Verschlusslaute (p). JACOB GRIMM belegte, dass sich die Veränderungen innerhalb einer Sprache sowie in Sprachgruppen äußerst langsam und nur allmählich vollziehen.
Seine Forschungen wurden durch den dänischen Sprachwissenschaftler KARL VERNER ergänzt. VERNER untersuchte die Verschiebung des Wortakzents, die in Wörtern der germanischen Sprache nach der von GRIMM beschriebenen Konsonantenverschiebung eingetreten ist. Von GRIMM noch als „grammatischer Wechsel“ bezeichnet, weist VERNER die Gesetzmäßigkeit der Akzentverschiebung nach (vernersches Gesetz).
Er stellte fest, dass die stimmlosen Reibelaute (Frikative), die infolge der germanischen Lautverschiebung entstanden waren, unter bestimmten Betonungsverhältnissen – nämlich wenn der Hauptakzent nicht auf die unmittelbar vorhergehende Silbe fiel – stimmhaft wurden: Bild
Dies hat er auch für den bereits bestehenden Reibelaut s, der ebenfalls stimmhaft wird, nachgewiesen.

Akzentwandel

Mit der ersten Lautverschiebung erfolgte eine Akzentveränderung des Germanischen. Während in den indoeuropäischen Sprachen der Akzent auf jeder Silbe liegen konnte, beschränkte sich dies in den germanischen Sprachen auf eine Wurzel oder Stammsilbe. In den meisten Fällen war es die erste Silbe des Wortes. Die anderen Silben, die wichtige grammatische Elemente beinhalteten, wurden oft vernachlässigt oder sogar ganz gestrichen. Dadurch waren Person, Zeit oder Fall vielfach nicht mehr zu erkennen. Um das wieder deutlich zu machen, veränderte sich die Betonung der Wörter.
Das Germanische unterschied sich von den indoeuropäischen Sprachen durch Veränderung der Verschlusslaute und Betonung der ersten Silbe eines Wortes.

Indoeuropäische Sprachen

Beweglich springender Akzent, Veränderung der Betonung bei Flexion des Wortes:
Trápeza, trapézes, trapezón – Der Tisch, des Tisches, der Tische.

Germanische Sprachen

Meist Akzentuierung des Wortes auf der Stammsilbe (erste Silbe des Wortes – exipatorischer Akzent):
Tón, Betónung, Vertónung.

Herausbildung schwacher Verben

Die erste oder germanische Lautverschiebung beinhaltete auch die Herausbildung schwacher Verben. Damit war eine Entwicklung vom synthetischen zum analytischen Sprachbau verbunden. Die Umstellung des Satzbauplans findet sich in allen überlieferten Schriftbelegen, ausgenommen im Hildebrandslied. Hier sind noch Reste des archaisch-poetischen Satzbaus festzustellen (z. B. sunufatarungo iro saro rihtun).

Indoeuropäische Sprachen

  • Bildung von verschiedenen Zeitformen/Tempora, Kasus usw. mithilfe von Endungen
  • viele Konjugationsmöglichkeiten (z. B. zehn Möglichkeiten im Altindischen für die Bildung des Präsens)

Germanische Sprachen

  • Reduzierung der Tempusbildung auf zwei Möglichkeiten: starke Verben, schwache Verben
  • starkes Verb: graben - grub, schwaches Verb: leben - lebte
 

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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