Die Geschichte Ozeaniens

Entdeckung, Erschließung und Beherrschung Ozeaniens

Als Ozeanien wird heute die gesamte Inselwelt des Pazifik bezeichnet. In dem riesigen Raum von rund 70 Mio. km² zwischen dem Kontinent Amerika im Osten und den Philippinen und Australien im Westen liegen Zehntausende Inseln, von denen nur die 7.500 größeren einen eigenen Namen haben.

Vor dem 16. Jahrhundert war die Südsee, wie die Inseln Ozeaniens z. T. bis in die Gegenwart hinein bezeichnet wurden, den Europäern unbekannt. Ihre Entdeckung und Erschließung dauerte fast 300 Jahre. Sie begann im 16. und endete erst in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts. Die anschließende koloniale Aufteilung des riesigen Raums erforderte dagegen nur knappe 80 Jahre. Sie begann im Jahr 1828 mit der Besetzung eines Teils der Insel Neuguinea durch die Niederländer. Und sie endete mit der Errichtung der gemeinsamen Verwaltung über die Inselgruppe der Neuen Hebriden durch Briten und Franzosen.

An der Entdeckung, Erschließung und Ausbeutung der Inseln Ozeaniens waren alle europäischen Kolonialländer beteiligt. Als erste erkundeten spanische und portugiesische Seefahrer den Pazifik. Zwischen 1519 und 1521 durchquerte MAGELLAN auf seiner Weltumsegelung als erster den Pazifik. Den Spaniern und Portugiesen folgten ab dem 17. Jahrhundert die Niederländer, später Franzosen und Briten.

Ob Spanier oder Briten – die Motive für die Erschließung des pazifischen Raums glichen den bekannten Zielsetzungen europäischer Ausbreitung. Im Vordergrund standen:

  • die Ausdehnung politischer und wirtschaftlicher Einflusssphären,
  • die Ausweitung des Asienhandels,
  • die Suche nach Gold, Silber und Diamanten und nach dem irdischen Paradies,
  • missionarischer Eifer und Sendungsbewusstsein, um die Segnungen der europäischen Zivilisation unter den „Wilden“ zu verbreiten,
  • schließlich auch Abenteuerlust und wissenschaftlicher Erkenntnisdrang.

Die Suche nach der terra australis incognita

Das Interesse der Spanier am pazifischen Raum hatte im 16. Jahrhundert stark zugenommen, als die Suche nach dem sagenhaften Goldland Eldorado in Südamerika, z. B. im eroberten Peru, enttäuschend verlaufen war. Deshalb wurde der alttestamentarische Mythos vom Goldland Ophir, jenem Land, aus dem König Salomon ungeheure Mengen Gold und Diamanten für den Tempelbau in Jerusalem geholt haben sollte, auf die pazifische Inselwelt übertragen. Eine scheinbar reale Grundlage erhielten die Hoffnungen auf ein Goldland im Pazifik auch durch das Wiederaufleben schon aus der Antike bekannter Vorstellungen. Diese gingen von der Existenz einer terra australis incognita, d. h. eines bislang unbekannten Südkontinents aus.

Die Annahme, es gäbe diesen Kontinent, gründete auf der noch im 18. Jahrhundert gültigen Vorstellung, den großen Landmassen auf der Nordhalbkugel müsse ein stabilisierendes Gegengewicht auf der Südhalbkugel gegenüberstehen: eben der Südkontinent. Auf der Suche nach diesem Südkontinent mit seinen Reichtümern stießen Spanier, Portugiesen und Niederländer bis ins 18. Jahrhundert immer weiter in die Inselwelt des Pazifischen Ozeans vor.

Die britischen Expeditionen

Mitte des 18. Jahrhunderts war die Südsee noch immer ein Meer voller Geheimnisse. Alle bisherigen Entdeckungsfahrten hatten nur bruchstückhafte Ergebnisse gebracht. Zu den ungelösten Fragen gehörte nach wie vor die nach der Existenz eines riesigen Südkontinents. Bei der Suche danach zeichnete sich eine Wende ab, als die Briten und Franzosen die führende Rolle übernahmen:

1749 hatte der englischer Kapitän ANSON als Erster einen Reisebericht über seine Weltumsegelung veröffentlicht, der in ganz Europa große Anerkennung fand. Wenige Jahre später organisierte die britische Marine eine Weltreise, deren Ziel das Südland sein sollte. Außerdem hatte die Expedition unter JOHN BYRON strategische Aufgaben. BYRON sollte auf den Falklandinseln vor Südamerika einen Stützpunkt errichten, da von dort aus die wichtige Südpassage in den Pazifik durch die Magellanstraße zu kontrollieren war.

Bereits im Jahr seiner Rückkehr brach eine weitere britische Expedition auf. Diese entdeckte zunächst die Insel Pitcairn, die 1790 von den Meuterern der Bounty besiedelt wurde. Von größerer Bedeutung war aber die Entdeckung von Tahiti am 18. Juni 1767. Die Insel entwickelte sich in der Folgezeit zu einem wichtigen Etappenziel und zur Versorgungsstation britischer Handels- und Kriegsschiffe. Den Südkontinent fand jedoch keine britische Expedition. Die Lösung dieses Problems blieb JAMES COOK vorbehalten.

JAMES COOK und das Ende der terra australis incognita

Der britische Seefahrer JAMES COOK wurde am 27. Oktober 1728 in der Grafschaft Yorkshire geboren. Mit 18 Jahren trat er als Seemann der Kriegsmarine bei, in der er es bis zum Seeoffizier brachte. Insgesamt unternahm der auch als Kartograf sehr begabte COOK im Auftrag der britischen Krone drei Weltreisen. Diese waren mit einer intensiven Forschungstätigkeit in der Südsee verbunden, deren Ergebnisse ihn bald berühmt machten.

Die erste Weltreise (1768 bis 1771)

COOK hatte den Auftrag, auf dieser Reise astronomische Beobachtungen für die Kartografierung des Südpazifiks durchzuführen. Außerdem sollte er zum Ruhm der Seemacht Großbritannien den geheimnisvollen Südkontinent anlaufen. Die Fahrt führte um Kap Horn in den Pazifik. Auf der Suche nach dem Südkontinent entdeckte er, dass Neuseeland eine Doppelinsel ist. Er fand die Durchfahrt zwischen der Nord- und Südinsel, die später nach ihm benannte Cook-Straße. Von dort erreichte er die Ostküste Australiens. Er erforschte die Küste auftragsgemäß, weil an ihr eine britische Sträflingskolonie entstehen sollte. Was er jedoch nicht fand, war der ominöse Südkontinent.

Die zweite Weltreise (1772 bis 1775)

Auf dieser Reise wurde COOK von bekannten Gelehrten, u. a. dem deutschen Naturforscher GEORG FORSTER, begleitet. Im Unterschied zu MAGELLAN umrundete COOK bei seiner Weltumseglung die Erde in östlicher Richtung. Mit zwei Schiffen, der Resolution und der Adventure, segelte er entlang der afrikanischen Westküste nach Süden. Vom Kap der Guten Hoffnung aus überquerte er den südlichen Wendekreis und näherte sich bis auf 75 Seemeilen den Landmassen der Antarktis. Danach kreuzte er auf verschiedenen Breiten im Pazifik, ohne auch nur eine Insel, geschweige denn einen ganzen Kontinent zu finden. Damit war die Vermutung von einem Südkontinent endgültig widerlegt.

Dann nahm COOK Nordkurs, besuchte Tahiti und Neuseeland und stieß dann erneut über den südlichen Polarkreis nach Süden vor, bis auf 71° 10´ südliche Breite – so weit wie niemand zuvor. Hier wurde er von Packeis und einer meuternden Mannschaft gestoppt und zur Umkehr gezwungen. Auf der Rückfahrt entdeckte er die Inseln Neukaledonien und die Neuen Hebriden und traf nach etwa mehr als drei Jahren wieder in Großbritannien ein.

Die dritte Weltreise (1776 bis 1780)

Diese Reise stand im Zeichen der Suche nach der Nordwestpassage, der Durchfahrt vom Pazifik in den Atlantik im Norden Nordamerikas. COOK stach wieder mit der Resolution in See und entdeckte im Pazifik zunächst die Weihnachtsinsel (Christmas Island), heute Kiritimati, und danach die Hawaii-Inseln. Dann segelte er an der amerikanischen Küste nach Norden in die Arktis. In der Behringstraße zwang ihn allerdings Packeis zur Umkehr Richtung Hawaii. Hier fand er in Kämpfen mit Einheimischen am 14. Februar 1779 den Tod.

Die Reisen von JAMES COOK bewiesen endgültig, dass der legendäre Südkontinent nicht existiert. Außerdem hatte er fast alle Inseln und Inselgruppen Ozeaniens besucht und dabei viele neue entdeckt. Das und der Bericht GEORG FORSTERS über die zweite Reise erweiterten das Bild der Europäer von Ozeanien gewaltig. Außerdem entkleideten sie es vieler Mystifizierungen.

Weitere Entdeckungsreisen nach COOK führten dazu, dass der pazifische Raum bis Mitte des 19. Jahrhunderts als nahezu vollständig erschlossen gelten konnte und das Entdeckungszeitalter der Südsee zu Ende war. Diese Reisen markierten auch einen Wendepunkt in der Geschichte Ozeaniens. Aus der Entdeckungsgeschichte wurde die Kolonialgeschichte.

Die Kolonialgeschichte

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelang es den europäischen Kolonialmächten innerhalb weniger Jahrzehnte in Polynesien Fuß zu fassen. Erst Ende des Jahrhunderts gerieten die Inseln Melanesien und Mikronesien in ihr Visier und wurden nahezu vollständig kolonialisiert. Mit der fortschreitenden kolonialen Aufteilung gingen die Kolonialmächte auf den Inseln zur Anlage von Plantagen und zum Abbau von Bodenschätzen über. Die wichtigsten „Kolonialwaren“ waren Phosphatdünger, Ananas, Zucker, Baumwolle und vor allem Kopra, das getrocknete, fettreiche Fleisch der Kokosnuss. Es wurde von den Europäern zu Ölen, Fetten und Seifen verarbeitet. Im Gegenzug gelangten Eisenwaren, Stoffe, Branntwein, Gewehre und Schießpulver auf die Inseln Ozeaniens.

Aber auch in Ozeanien setzte im 20. Jahrhundert die Entkolonialisierung ein. Den Anfang machte Westsamoa, das 1962 seine Unabhängigkeit erhielt. Ihm folgten 1968 Nauru, 1970 Fidschi, 1975 Papua-Neuguinea und in den Folgejahren die meisten anderen Inselkolonien in die Unabhängigkeit.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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