Weltmeere als Energie- und Rohstofflieferanten

Das Weltmeer, d. h. die großen Ozeane der Erde mit ihren Rand- und Nebenmeeren, ist eine der entscheidenden Grundlagen allen Lebens auf der Erde:
Der menschlichen Gesellschaft dient es in vielfältiger Hinsicht als Rohstoff- und Energielieferant. Darüber hinaus trägt es zur Stabilisierung des Weltklimas, aber auch zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichtes der Erde bei. Fischerei und in wachsendem Maße die Aquakultur weisen auf die Funktion der Meere als Nahrungsreservoire hin.
Andererseits wird das Weltmeer von verantwortungslosen Reedereien als scheinbar billige Müllkippe zur Entsorgung von Abfällen und zur Verklappung von Ölrückständen betrachtet. Auch die Abwässer der Industrie und von Siedlungen gelangen häufig in manchen Ländern noch ungeklärt in die Meere und Ozeane.

Von zunehmender Bedeutung für die Volkswirtschaften vieler Länder ist die Energie- und Rohstoffgewinnung aus dem Weltmeer. Man kann dabei gewissermaßen vier verschiedene Nutzungsebenen unterscheiden:
 

1. Ebene – der Raum über der Meeresoberfläche

Dieser Raum kann zum Betreiben von Windkraftwerken für die alternative Energiegewinnung genutzt werden kann. Dabei werden die an der Küste und über dem Meer relativ stetig wehenden Winde mit höheren Windgeschwindigkeiten in sogenannten Offshore-Windparks genutzt.
In diesen sind entsprechende Anlagen z. T. mit beträchtlichem Abstand zur Küste im Meeresgrund verankert. Der schwedische Windpark vor der Insel Gotland deckt einen nicht geringen Teil des Energiebedarfs der Insel. Weitere derartige Anlagen befinden sich z. B. in Dänemark oder in Deutschland vor Cuxhaven, Wilhelmshaven und vor Rostock. Weitere solche Windparks mit riesigen Windrädern sind weit vor der Nordseeküste geplant.
 

2. Ebene – der Raum an und unter der Meeresoberfläche

Auch der Bereich an der Oberfläche der Weltmeere kann zur alternativen Gewinnung von Elektroenergie genutzt werden. Dabei werden derzeit vor allem zwei Möglichkeiten genutzt:

Bekannt, aber schwierig zu betreiben sind Gezeitenkraftwerke, welche die Tiden (unterschiedliche Wasserstände bei Ebbe und Flut) ausnutzen. Die Stromerzeugung erfolgt durch Turbinen, die in einem Sperrwerk an einer Flussmündung installiert sind. Angetrieben werden die Turbinen durch die Ebbe- und Flutströmung. Wenn solche Kraftwerke wirtschaftlich arbeiten sollen, muss der Tidenhub (Differenz der Wasserspiegelhöhe zwischen Ebbeniedrigwasser und Fluthochwasser) besonders hoch sein und mindestens 3 m betragen.
Gegenwärtig gibt es fünf Gezeitenkraftwerke: je ein Gezeitenkraftwerk in Frankreich (an der Rance-Mündung bei Saint-Malo mit 240 MW Leistung), in Kanada (in der Fundy Bay mit 20 MW Leistung) sowie in Russland (in Kislaga Guba am Weißen Meer mit ca. 1 MW Leistung).
Das größte chinesische Gezeitenkraftwerk befindet sich bei Jiangxia in der Provinz Zhejiang. Es wurde 1986 fertiggestellt und hat 10 MW Leistung.
Im Jahre 2011 wurde das Gezeitenkraftwerk Sihwa-ho in Südkorea 40 km südwestlich von Seoul mit 10 Turbinen zu je 25,4 MW (gesamt 254 MW) fertiggestellt. Durch dieses Kraftwerk wurde La Rance als bisher größtes Gezeitenkraftwerk der Welt abgelöst.

Auch die Energie der Meereswellen kann zur Gewinnung von Elektroenergie genutzt werden. Wellenkraftwerke funktionieren in der Weise, dass die auftreffenden Wellen große Schwingflügel in Bewegung setzen. Diese Schwingflügel drücken dann Wasser in Rohranlagen, in denen sich speziell konstruierte Turbinen zur Stromerzeugung befinden. Die Wirtschaftlichkeit solcher Kraftwerke hängt allerdings von der Höhe der auflaufenden Wellen ab, die das Wasser in Becken bzw. Rohre drücken. Bisher gibt es in einigen Ländern jedoch nur Prototypen solcher Kraftwerke primär zu Forschungszwecken. Noch in der Phase der Forschung befindet sich auch die Energieerzeugung in Meeresströmungskraftwerken. Gegenwärtig laufen dazu an der britischen Südwestküste vor der Halbinsel Cornwall Forschungen britischer und deutscher Wissenschaftler an einer 350 kW Versuchsanlage. Für den Bau solcher Kraftwerke ist es besonders wichtig, dass die Strömungsverhältnisse vor Ort genau bekannt sind. Unter der Oberfläche können die im Meerwasser selbst enthaltenen natürlichen Ressourcen als Rohstoffquelle genutzt werden: Dazu gehören im Wasser gelöste Salze, die allerdings sehr unterschiedlich in den Meeren verteilt sind. Ihr Anteil im Meerwasser beträgt im Durchschnitt etwa 3,5 %. Den größten Anteil besitzt mit 2,8 % das Salz, das bereits seit Jahrtausenden auch wirtschaftlich genutzt wird.
Im Übrigen sind im Meerwasser alle chemischen Elemente in sehr unterschiedlichen Anteilen enthalten. Mittels Elektrolyse oder ähnlichen Verfahren werden beispielsweise bereits Magnesium und Brom gewonnen. Bei der Gewinnung weiterer Elemente, z. B. von Gold, ist die Frage der Wirtschaftlichkeit noch sehr umstritten. Insgesamt befindet sich die Gewinnung von Mineralien und Metallen aus dem Meerwasser, mit vertretbarem Aufwand und in den erforderlichen Größenordnungen, aber noch in den Kinderschuhen.

3. Ebene – der Meeresboden


Der Meeresboden enthält eine Vielzahl nutzbarer Rohstoffe. Das sind zum einen Sande, Kiese, Muschelschalen und Kalk, die vorzugsweise als Baustoffe Verwendung finden. Einen weiteren Verwendungszweck zeigt das unten. Von größter Bedeutung ist zum anderen die Gewinnung mineralischer Rohstoffe vom Meeresgrund, z. B. von Erzschlämmen und Manganknollen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass der Meeresboden zu etwa 10 % seiner Fläche von kartoffel- bis pampelmusengroßen erzreichen Knollen bedeckt ist. Das ist vor allem in den Tiefseegebieten des nordwestlichen Pazifiks, des zentralen Pazifiks nördlich der Cook-Inseln und im Indischen Ozean der Fall. Die auch als polymetallische Konkretionen bezeichneten Knollen enthalten 20 bis 30 % Mangan, daneben 1 bis 2 % solcher wirtschaftlich interessanten Elemente, wie Kupfer, Nickel und Cobalt. Beim gegenwärtigen Entwicklungsstand der Technik ist es schon möglich, Manganknollen vollautomatisch aus Tiefen von bis zu 6000 m zu fördern.

4. Ebene – der Raum unter dem Meeresboden
Unter dem Meeresboden lagern in einigen Regionen der Erde, z. B. in der Nordsee, im Persischen Golf oder vor der Küste Venezuelas, riesige Vorkommen an Erdöl und Erdgas. Es wird vermutet, dass es sich dabei weltweit um ca. ein Viertel der Erdölvorräte handelt. Allerdings ist für die Gewinnung ein erheblicher Aufwand vor allem bei größeren Meerestiefen notwendig. Außerdem sind die Umweltbelastungen nicht zu unterschätzen, die durch Rohölaustritte aus den Fördersystemen oder durch Lärm als Stressfaktor für die Meerestiere verursacht werden.

Organischer Kohlenstoff in Form von Methangashydrat ist eine weitere bedeutsame mineralische Ressource. Sie kommt vor allem unter dem Meeresboden an den Kontinentalabhängen vor. Die Vorkommen, die schätzungsweise ca. 10000 Mrd. Tonnen betragen, werden als noch umfangreicher als die von Erdöl und Erdgas eingeschätzt. Damit scheint Methangashydrat ein schier unerschöpflicher Energieträger zu sein und könnte die Menschheit über viele Jahrhunderte hinweg mit Energie versorgen. Allerdings ist die technische Gewinnung aus Gründen, die mit den Eigenschaften des Rohstoffes und seinen Lagerungsbedingungen zusammenhängen, sehr schwierig. Auch sind die ökologischen Folgen des Abbaus in ihrem ganzen Ausmaß noch nicht exakt einzuschätzen. Insofern wird die wirtschaftliche Nutzung dieses zukunftsträchtigen Rohstoffes in absehbarer Zeit und in großem Stil noch nicht möglich sein.

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