Architekturstile des 20. Jahrhunderts: Frührationalismus
Als „Frührationalismus“ wird eine kritisch rationale Architekturströmung bezeichnet, die zu Beginn des 20. Jh. neben dem Funktionalismus die architektonische Phase der „Väter der Moderne“ (ca. 1900–1920) kennzeichnete.
Der Frührationalismus lehnte den Überschwang an Dekoration und Ornamentik, wie er bis dahin für den Jugendstil typisch war, ab und legte den Schwerpunkt dagegen auf die Konstruktion und Funktionalität. Typisch waren extreme Klarheit unter Verwendung neuer Materialien und sonstiger technischer Neuerungen.
Aus Sicht der Architektur ist das 20. Jh. das Zeitalter der „modernen Architektur“. Zu Beginn des Jahrhunderts galt dieser Begriff für eine Auffassung von Architektur, die sich vom Stilgemisch des 19. Jh. abzukehren versuchte. Neue Materialien wie Stahl, Beton, Glas, Aluminium und Kunststoff traten an die Stelle der bisher verwendeten. Technische Errungenschaften wurden in die Sprache der Architektur, in Konstruktion und Bauprozesse einbezogen.
Architekturströmungen dieser als „Väter der Moderne“ bezeichneten, von ca. 1900–1920 andauernden Phase waren:
- Frührationalismus,
- Funktionalismus.
Frührationalismus
In den neunziger Jahren des 19. Jh., als in Europa der Jugendstil in Mode kam, entwickelte sich daneben eine andere Strömung – ein kritischer Rationalismus (Frührationalismus).
Diese Tendenz lehnte den Überschwang an Dekoration zugunsten der Konstruktion ab. Die Entwürfe zeigen für die damalige Zeit eine extreme Klarheit und maximale Sparsamkeit unter Einbeziehung technischer Neuerungen. Zu den Architekten des Frührationalismus gehörten u. a.:
- OTTO WAGNER (1841–1918),
- PETER BEHRENS (1868–1940),
- ADOLF LOOS (1870–1933) und
- JOSEF HOFFMANN (1870–1956).
Der österreichische Architekt OTTO WAGNER baute für seine Zeit mit sparsamerer Ornamentik konstruktiv, funktional und materialbestimmt. Sein bekanntestes Bauwerk ist das Postsparkassenamt in Wien (1904–1906), das durch technische Neuerungen – eine Marmorverkleidung außen und ein tonnengewölbtes Glasdach sowie einen Fußboden aus Glas innen – bestimmt wurde.
Ein Schüler WAGNERs, ADOLF LOOS, verzichtete radikal auf jedes Ornament. Er nannte Dekor ein „Verbrechen“ und forderte seine Abschaffung. Flächen am Bau wurden unter Verwendung kostbarer Materialien gestaltet. Architektur bestand für ihn aus kubischen Elementen. Großen Einfluss übte er auf die Architekten des International Styles aus. Auch PETER BEHRENS verbindet das Bekenntnis zur Technik mit anspruchsvoller Formgebung.