- Zwei Geraden g und h im Raum heißen zueinander windschief, wenn sie sich weder schneiden noch zueinander parallel sind.
Wir greifen das im Beitrag „Lagebeziehungen von Geraden im Raum“ betrachtete Beispiel wieder auf: Ein Flugzeug bewege sich auf folgender Geraden (bzw. auf der entsprechenden Halbgeraden für
Für die „Bewegungsgerade“ eines zweiten Flugzeuges gelte:
Um die Kollisionsgefahr abschätzen zu können, ist zunächst die Lagebeziehung der beiden Geraden zueinander zu untersuchen. Dies ergibt, dass g und h zueinander windschief sind (s. dazu oben genannten Beitrag).
Ist damit aber die Kollisionsgefahr gebannt?
Sicher nicht, schließlich ist für die Flugsicherheit ein gewisser Mindestabstand der Flugzeuge notwendig. Wir müssen daher unsere Überlegungen diesbezüglich ergänzen und wollen zunächst den Abstand der beiden „Bewegungsgeraden“ voneinander bestimmen.
Anmerkung: Eine Bewertung dieses Abstandes hinsichtlich unserer Fragestellung kann selbstverständlich nur unter Zugrundelegung der benutzten Längeneinheit erfolgen. Auf eine diesbezügliche Diskussion wollen wir an dieser Stelle verzichten und uns mit der prinzipiellen Vorgehensweise begnügen.
Bei der letzten Formulierung waren wir allerdings etwas schnell: Was soll unter dem Abstand zweier windschiefer Geraden überhaupt verstanden werden?
In Analogie zur Definition des Abstandes anderer geometrischer Objekte wollen wir unter dem Abstand zweier windschiefer Geraden g und h im Raum die Länge der kürzesten Strecke verstehen, die einen beliebigen Punkt A von g mit einem beliebigen Punkt B von h verbindet.
Aber existiert zu beliebigen windschiefen Geraden g und h immer ein (derartig definierter) Abstand, also eine kürzeste Verbindungsstrecke?
Wir wollen dazu die folgenden Überlegungen anstellen: Sei die Ebene, die h enthält und parallel zu g verläuft (da die Geraden g und h windschief zueinander sind, ist diese Ebene eindeutig bestimmt).
Es sei die Normalprojektion von g auf die Ebene Da g und h zueinander windschief sind, schneidet die Gerade h in einem eindeutig bestimmten Punkt das Urbild dieses Punktes bezüglich der betrachteten Projektion sei .
Nach unserer Konstruktion ist eine Verbindungsstrecke von g und h, die sowohl auf der Geraden g als auch auf der Geraden h senkrecht steht.
Da ein Punkt A auf g von einem Punkt B der Geraden h mindestens so weit entfernt ist wie von der Ebene ist die kürzeste Verbindungsstrecke von g und h. Die Eindeutigkeit folgt aus der Eindeutigkeit des Punktes Dies folgt beispielsweise daraus, dass in einem rechtwinkligen Dreieck die Hypotenuse größer als jede Kathete ist.
Wir müssen nur noch deren Länge bestimmen, also den Abstand des Punktes oder einfacher eines beliebigen Punktes A auf g von der Ebene
Da das Kreuzprodukt der Richtungsvektoren von g und h ein Normalenvektor von ist, gilt mit einem beliebigen Punkt
Für die von uns oben betrachteten „Bewegungsgeraden“ gilt mit und
also auch:
Gehen wir einmal davon aus, dass dieser Abstand tatsächlich eine kritische Grenze unterschreitet: Kollidieren die beiden Flugzeuge
Dies ist selbstverständlich nur dann möglich, wenn sich beide zur selben Zeit im kritischen Bereich befinden. In unserem Modell ist dies dann der Fall, wenn kurze Abstände der Flugzeuge für etwa gleiche Parameter r und s in den Geradengleichungen erreicht werden.
Wir wollen dies überprüfen, indem wir bestimmen, für welche r und s der Differenzvektor
parallel zum Normalenvektor
wird.
Dazu ist das folgende Gleichungssystem zu lösen:
Es ergibt sich
Da zwischen Punkten der beiden Bewegungsgeraden sehr kleine Abstände nur für ziemlich unterschiedliche Parameter r und s erreicht werden, besteht nach unserem Modell wohl keine Kollisionsgefahr.