- Lexikon
- Physik Abitur
- 7 Atom- und Kernphysik
- 7.2 Physik des Atomkerns
- 7.2.1 Atomkerne, Radioaktivität und radioaktive Strahlung
- Strahlenbelastung und Strahlenschutz
Natürliche Radioaktivität und künstliche Radioaktivität führen zu einer ständigen Strahlung. Wir alle sind also ständig einer gewissen Strahlenbelastung ausgesetzt. Als Strahlenbelastung wird meist die Äquivalentdosis
, die ein Körper in einer bestimmten Zeit aufnimmt, angegeben. Man nennt diese Größe auch Dosisleistung und misst sie in Millisievert je Jahr (mSv/a).
Diese Strahlenbelastung ist nicht überall gleich groß, sie hängt von dem konkreten Umfeld ab. Insbesondere die natürliche Strahlenbelastung gibt es schon solange, wie die Erde existiert. Sie hat auch die Entwicklung des Lebens auf der Erde begleitet und führt nach allen Erkenntnissen zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Vergrößert hat sich die Strahlenbelastung allerdings durch künstliche Strahlungsquellen, insbesondere im medizinischen Bereich. Zusätzliche Gefährdungen bestehen auch dadurch, dass durch Kernexplosionen oder durch Unfälle in Kernkraftwerken radioaktive Stoffe freigesetzt werden und zu einer zusätzlichen Strahlenbelastung führen können.
Radioaktive Strahlung natürlichen Ursprungs hat verschiedene Quellen:
Insbesondere die von der Erde ausgehende Strahlung, man nennt sie terrestrische Strahlung , ist weitgehend vom geologischen Untergrund und von den verwendeten Baumaterialien abhängig. Für Deutschland gilt allgemein: Die terrestrische Strahlung nimmt vom Norden nach den Süden hin zu. Nachfolgend sind einige Durchschnittswerte für die terrestrische Strahlung genannt, die allerdings nur ein Teil der gesamten durchschnittlichen Strahlenbelastung ist.
Ort/Land | Dosisleistung in mSv/a |
Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern |
0,15 |
Weserbergland, Braunschweig | 0,60 |
Harz/Spessart | 1,00 |
Bayerischer Wald | 1,50 |
Katzenbuckel bei Eberbach (Baden-Württemberg) |
6,30 |
Brasilien/Atlantikküste | 8 |
einzelne Gebiete des Iran | 18 |
Die gesamte natürliche Strahlenbelastung beträgt in Deutschland im Durchschnitt 2,4 mSv/a. Davon ist etwa ein Drittel Strahlung, die von außen auf den Körper trifft. Etwa zwei Drittel der natürlichen Strahlenbelastung kommt „von innen“ Das kommt dadurch zustande, weil wir zum einen Luft einatmen, in der sich auch radioaktive Gase befinden, insbesondere das Radon und seine Folgeprodukte. Es liefert den größten Beitrag zur Strahlenbelastung. Zum anderen nehmen wir mit der Nahrung auch radioaktive Stoffe auf. Bild 2 gibt einen Überblick über die einzelnen Bereiche.
Radioaktive Strahlung künstlichen Ursprungs hat ebenfalls verschiedene Quellen. Das sind vor allem
Die mit Abstand stärkste Belastung erfolgt im medizinischen Bereich (Bild 2), insbesondere durch Strahlendiagnostik und -therapie. Die Strahlenbelastung durch andere Strahlungsquellen ist heute vernachlässigbar gering.
Die durchschnittliche Strahlenbelastung durch künstliche Quellen beträgt in Deutschland 1,5-1,6 mSv, die Gesamtbelastung etwa 4 mSv/a. Das bedeutet für einen Menschen, dass er im Jahr durch radioaktive Strahlung eine Energie von 4 mJ je Kilogramm Körpergewicht aufnimmt. Der genannte Wert ist ein Durchschnittswert. Örtlich kann die Strahlenbelastung zwischen 1 mSv/a und 10 m Sv/a liegen.
Nach gegenwärtigen Erkenntnisse können ab 250 mSv/a Schäden auftreten, eine kurzzeitige Strahlenbelastung von über 5000 mSv ist in der Regel tödlich.
Für Menschen, die beruflich radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind, gilt z. Z. ein Grenzwert von 20 mSv/Jahr.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass z.B. in großen Höhen eine wesentlich höhere Strahlenbelastung auftreten kann. Als Beispiel sei die Strahlenbelastung in Flugzeugen genannt. In 12.000 m Flughöhe beträgt die Dosisleistung etwa 0,007 mSv/h. Geht man von 25 Flugstunden im Jahr (mehrere Transatlantikflüge) aus, dann ergibt sich daraus eine Dosisleistung von etwa 0,2 mSv/a und damit ca. 1/10 der natürlichen Strahlendosis.
Wegen möglicher Schäden durch radioaktive Strahlung gilt als Grundsatz:
Die Strahlung, der man sich aussetzt, sollte so gering wie möglich sein.
Wichtige Maßnahmen zum Schutz vor ionisierender Strahlung sind:
Personen, die beruflich mit ionisierender Strahlung in Berührung kommen, müssen eine Dosimeterplakette tragen, durch die radioaktive Strahlung registriert wird. Diese Plaketten werden regelmäßig kontrolliert.
Die Einhaltung aller Strahlenschutzmaßnahmen ist insbesondere auch deshalb unbedingt erforderlich weil wir radioaktive Strahlung mit unseren Sinnensorganen nicht wahrnehmen können und bei Nichteinhaltung von Schutzmaßnahmen Strahlenbelastungen auftreten können, die erst Jahre später zu gesundheitlichen Schäden führen.
Nach dem Strahlenschutz-Vorsorgegesetz von 1986 wird die Umweltradioaktivität ständig nach einheitlichen Kriterien überwacht. Grundlage dafür ist das Mess- und Informationssystem IMIS. Dieses System ermöglicht es, durch permanente Messungen Änderungen der Umweltradioaktivität schnell und zuverlässig zu erfassen und zu bewerten. Darüber hinaus ist es die Grundlage für eine umfassende Information der Öffentlichkeit. Zu dem System gehören:
- ca. 2150 Messstellen des Bundesamtes für Strahlenschutz zur Überwachung der bodennahen Gamma-Ortsdosisleistung,
- 39 Messstellen des Deutschen Wetterdienstes zur Überwachung der Umweltradioaktivität von Luft und Niederschlägen,
- 10 Messstellen des Umweltbundesamtes zur Messung der Luft,
- 40 Messstellen der Bundesanstalt für Gewässerkunde zur Überwachung der Bundeswasserstraßen,
- 12 Messstellen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie zur Überwachung der Küstengewasser.
Im Routinebetrieb werden die Daten täglich bearbeitet. Im Intensivbetrieb ist eine Verarbeitung der Daten im Zweistundentakt möglich.
Mittlere Strahlenbelastung in der Bundesrepublik Deutschland
Bei Strahlenbelastungen ist zu beachten, dass dazu alle Arten ionisierender Strahlung einen Beitrag leisten. Dazu gehören nicht nur die beim Kernzerfall auftretenden Strahlungen (Alpha-, Beta- und Gammastrahlung), sondern auch Röntgenstrahlung, kurzwelliges UV und Höhenstrahlug.ng. Erfasst werden die biologischen Wirkungen ionisierender Strahlung durch die Äquivalentdosis H. wobei gilt:
Die Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) hat 1991 anstelle dieses Qualitätsfaktors den sogenannten Strahlungs-Wichtungsfaktor eingeführt. Für eine bestimmte Strahlungsart R gilt dann: Das Produkt aus der von einem Organ oder Gewebe T aufgenommenen Energiedosis und dem betreffenden Strahlungs-Wichtungsfaktor ergibt die Organdosis :
Sie wird in Millisievert (mSv) gemessen. Erfolgt die Bestrahlung durch mehrere Strahlungsarten R, so werden die einzelnen Beiträge summiert und man erhält:
Für die Strahlungs-Wichtungsfaktoren gilt:
Strahlungsart und Energiebereich |
Strahlungs-Wichtungsfaktor |
Photonen beliebiger Energie | 1 |
Elektronen beliebiger Energie | 1 |
Neutronen < 10 keV 10 keV bis 100 keV 100 keV bis 2 MeV 2 MeV bis 20 MeV > 20 MeV |
5 10 20 10 5 |
Protonen |
5 |
Alphateilchen, Spaltfragmente, schwere Kerne | 20 |
Die Organdosis besagt nur wenig darüber, wie groß das strahlenbedingte Risiko für Schädigungen tatsächlich ist, da die Strahlenempfindlichkeit der einzelnen Organe sehr unterschiedlich ist. Maß für das gesamte Strahlenrisiko ist die effektive Dosis E. Die effektive Dosis E für eine Strahlungsart und ein Organ oder Gewebe T ist die mit dem Gewebe-Wichtungsfaktor multiplizierte Organdosis:
Sind mehrere Strahlungsarten und verschiedene Organe beteiligt, so ergibt sich die effektie Dosis als Summe aller Anteile zu:
Gemessen wird die effektive Dosis ebenfalls in Millisievert (mSv). Auf die Zeit bezogen wird sie effektive Dosisleistung genannt. Diese auf den menschlichen Körper bezogene effektive Dosisleistung liegt in Deutschland im Mittel bei etwa 4 mSv/Jahr. Wegen der sehr unterschiedlichen Individualität der Menschen geht man bei wissenschaftlichen Berechnungen von einem Standardmenschen aus. Dieser Standardmensch hat ein Alter von 20 bis 30 Jahren, eine Gesamtlebensdauer von 70 Jahren, ein Körpergewicht von 70 kg, eine Körperoberfläche von 1,8 Quadratmetern und eine Körpergröße von 170 cm. Auch die Zusammensetzung des Körpers dieses Standardmenschen ist festgelegt (z. B. 45,5 kg Sauerstoff, 12,6 kg Kohlenstoff, 7,0 kg Wasserstoff, 2,1 kg Stickstoff, 1,05 kg Calcium sowie Anteile von weniger als 700 g an Phosphor, Schwefel, Kalium, Natrium, Chlor, Magnesium, Eisen, Kupfer und Iod).
Einige Gewebe-Wichtungsfaktoren sind in der nachfolgenden Tabelle angegeben.
Gewebe oder Organ
|
Gewebe-Wichtungsfaktoren |
Keimdrüsen | 0,20 |
Dickdarm | 0,12 |
Knochenmark (rot) | 0,12 |
Lunge | 0,12 |
Magen | 0,12 |
Blase | 0,05 |
Brust | 0,05 |
Leber | 0,05 |
Schilddrüse | 0,05 |
Speiseröhre | 0,15 |
Haut | 0,01 |
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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