Die Umfrage (oder Befragung) gehört zu den wichtigsten Methoden der Datengewinnung in der empirischen Sozialforschung. Der für die Umfrageforschung ebenfalls gebräuchliche Begriff „Demoskopie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Abbildung, Darstellung des Volkes“ („demos“ = „Volk“ und „skopein“ = „schauen, betrachten, untersuchen“), womit zunächst offen bleibt, was im Einzelnen genau untersucht und abgebildet wird. In der empirisch orientierten Politikwissenschaft spielt die Umfrageforschung (z. B. durch die Forsa-Gesellschaft oder das Infas-Institut) vor allem für:
eine bedeutsame Rolle. Zunächst wurde die Umfrageforschung überwiegend in den USA vorangetrieben. Die Methode wurde hier in enger Zusammenarbeit universitärer und anwendungsorientierter Forschung entwickelt und eingesetzt. In Deutschland konnte sich die Umfrageforschung erst nach dem Zweiten Weltkrieg etablieren und hatte ihren Schwerpunkt dabei noch vor allem im wirtschaftlichen Bereich.
Erst seit Beginn der 1970er-Jahre erlangte sie auch in der deutschen Forschung weitgehende Verbreitung und ein entsprechendes theoretisches sowie praktisches Fundament.
Alle Befragungen zielen darauf ab, auf Stichproben beruhende Daten zu erhalten, um mit ihrer Hilfe verlässliche Aussagen über die Realität zu ermöglichen. Je nach Beschaffenheit einer Befragung und der Auswahl von Probanden lassen sich aber verschiedene Typen von Umfragen beschreiben. Diese Einteilungen variieren allerdings häufig von Lehrbuch zu Lehrbuch. Sie sind daher nicht als strenge Klassifizierungen, sondern vielmehr als charakteristische Typen aufzufassen. Alle Befragungstypen haben spezielle Vor- und Nachteile und ihre Auswahl orientiert sich meist am Kontext des Forschungsinteresses.
Zu unterscheiden sind mündliche (immer häufiger auch telefonische) und schriftliche Umfragen.
Letztere haben gegenüber persönlichen Interviews den Nachteil, dass in ihrem Verlauf nicht motivierend oder regulierend Einfluss auf die Beantwortung der Fragen genommen werden kann (vor allem dann nicht, wenn es sich um per Post verschickte oder auf der Straße verteilte Fragebögen handelt, wodurch zwar auf der einen Seite Kosten gespart werden, weil der Befragte nicht persönlich aufgesucht wird, auf der anderen Seite dafür aber die Zahl der verweigerten oder falsch aufgefassten Fragen steigt). Genau hierin liegt gleichzeitig aber auch ein großer Nachteil von mündlichen Befragungen: Der soziale Kontext, in dem die Durchführung des Interviews steht, führt nämlich häufig zu Antworten, die weniger mit den Überzeugungen oder dem tatsächlichen Verhalten des Befragten übereinstimmen als vielmehr mit solchen Ansichten, von denen der Befragte annimmt, sie seien von seinem Gegenüber, dem Interviewer, „erwünscht“. (Ein Beispiel hierfür liefern Umfragen zum umweltgerechten Verhalten, bei denen sich sehr häufig mehr Menschen zu ökologischen Handlungsweisen bekennen, als es durch empirische Studien dann bestätigt werden kann).
Je nachdem, wie die Fragen eines Interviews oder eines Fragebogens formuliert sind, unterscheidet man außerdem Leitfadeninterviews und strukturierte oder standardisierte Befragungen sowie offene und geschlossene Fragen:
Auch die Anzahl von Antwortvorgaben kann variieren, was insbesondere bei der Konzeption von Fragebögen zum Tragen kommt.
Mündliche wie schriftliche Umfragen lassen sich des weiteren nach der Häufigkeit der Durchführung charakterisieren.
Weitere Typisierungen von Befragungsformen orientieren sich an der Anzahl der Befragten sowie an der Auswahl der Stichprobe:
Ein grundsätzliches Problem stellt sich für die Umfrageforschung ein, wenn ihre Ergebnisse auf internationaler Ebene verglichen werden sollen. Zum einen gilt dies schon für die Konstruktion der Fragen, da eine reine Übersetzung des Wortlautes in die entsprechende andere Sprache meist nicht ausreicht, um identische Befragungssituationen zu schaffen, weil der kulturelle und institutionelle Hintergrund zwischen den Ländern in der Regel variiert. Zum anderen wird auch das Antwortverhalten nicht selten durch kulturelle Hintergründe beeinflusst, wodurch die Auswertung und der Vergleich von Ergebnissen erschwert wird (z. B.: Neigung zur Übertreibung in mediterranen Ländern versus Tendenz zu Untertreibungen beispielsweise in Großbritannien) (vgl. SCHMITT 1994).
Dennoch lässt sich sagen, dass innerhalb Deutschlands vor allem die stichprobenbezogene, standardisierte mündliche Befragung zu einer der wichtigsten Methoden demoskopischer Untersuchungen geworden und „aus dem Leben moderner Industriegesellschaften nicht mehr wegzudenken“ (KRIZ 1994, 93) ist.
Befürworter der Umfrageforschung weisen nicht nur auf den fortgeschrittenen Stand der methodischen Entwicklung und die damit einhergehende Aussagekraft von Befragungen hin, sondern betonen vor allem auch ihre Bedeutung für die Einbeziehung der öffentlichen Meinung in die politische Willensbildung: Schließlich seien Befragungen die einzige Möglichkeit, die Bewertung und Akzeptanz politischer Prozesse und Entscheidungen in der Bevölkerung zu beobachten und zu berücksichtigen (vgl. CANTRIL 1991).
Vor allem in Deutschland wird die Umfrageforschung allerdings auch kritisch betrachtet. Kritiker bezweifeln die Verlässlichkeit von Umfrageergebnissen und verweisen dabei einerseits auf Methodenprobleme, andererseits aber auch auf den häufigen Missbrauch durch Datenmanipulation und den sehr häufigen und nicht immer professionellen Einsatz von Umfragen. Abgesehen davon wird auch die Wirkung von Umfrageergebnissen gerade auf die öffentliche Meinung kritisch betrachtet, da durch Mitläufer-Effekte zum Beispiel Wahlergebnisse beeinflusst werden, aber auch Politiker in ihrem Handeln und Entscheiden durch Umfrageergebnisse beeinträchtigt werden könnten (vgl. NOELLE-NEUMANN 1989; TRAUGOTT 1970).
Stand: 2010
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