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Brandt-Bericht: Empfehlungen und Ergebnisse

Der Name WILLY BRANDTs steht für bestimmte politische Einsichten und Veränderungen im nationalen und internationalen Rahmen. Die Ostpolitik, für die er 1971 in Oslo den Friedensnobelpreis erhielt, bildete einen wichtigen Baustein zur Überwindung der europäischen Spaltung und der deutschen Teilung. Als Vorsitzender der Unabhängigen Kommission für Internationale Entwicklungsfragen (Nord-Süd-Kommission) trug er wesentlich dazu bei, die Sichtweise des Nordens und des Westens gegenüber den Ländern des Südens und des Ostens zu verändern. Er leitete damit ein neues Verständnis für Entwicklung sowie Entwicklungspolitik als vorsorgende Friedenspolitik ein. Der Brandt-Bericht hat weltweit große Aufmerksamkeit erfahren und viel Zustimmung erhalten. Er hat aber auch Kritik provoziert und Kontroversen ausgelöst. Der Bericht hat einen entscheidenden Beitrag zur entwicklungspolitischen Bewusstseinsbildung geleistet. Seine Wirkungen auf die Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen sind jedoch begrenzt geblieben. Viele Forderungen und Empfehlungen wurden nicht realisiert. Das ist vor allem auf die Dominanz des Westens in der internationalen Politik, auf den hegemonialen Anspruch der USA, auf nationale Egoismen sowie auf die globale Ausrichtung der kapitalistischen Wirtschaftsweise zurückzuführen. Im Hinblick auf die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen für die Friedens- und Entwicklungspolitik ist der Brandt-Bericht nach wie vor von großer Wichtigkeit.

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Brandt-Bericht und seine Wirkungen

WILLY BRANDT leitete die seit 1977 tätige Unabhängige Kommission für internationale Entwicklungsfragen, die sich mit Ursachen und Lösungsmöglichkeiten des Nord-Süd-Konflikts befasste. Mitglieder der Kommission waren 18 Politiker und Wissenschaftler aus Entwicklungs- und Industrieländern. WILLY BRANDT übergab am 12. Februar 1980 den Bericht der Nord-Süd-Kommission unter dem Titel „Das Überleben sichern. Gemeinsame Interessen der Industrieländer und Entwicklungsländer“ an den Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Der Bericht hat weltweit große Aufmerksamkeit erfahren und viel Zustimmung erhalten. Er hat aber auch Kritik provoziert und Kontroversen ausgelöst. Zustimmung fand der Bericht insbesondere bei Führungskräften der Dritten Welt, bei den sozialdemokratischen Parteien und den Verantwortlichen für Entwicklungspolitik. Auf Ablehnung stieß er dagegen bei den Regierungen der USA und Großbritanniens, die sich insbesondere gegen die Forderung nach einer Neuen Weltwirtschaftsordnung wendeten. Kritische Stimmen kamen auch aus politischen und akademischen Kreisen. Sie äußerten sich sehr skeptisch über die Wirkung politischer Vernunft, über die Fähigkeit von globalen Institutionen und multilateralen Entwicklungsfonds, Probleme zu lösen, sowie über die Parteinahme für die Interessen des Südens. Prominente Akademiker wie RALF DAHRENDORF und ROBERT W. TUCKER betrachteten beispielsweise die Annahme gemeinsamer Interessen zwischen Norden und Süden als illusionär.

Im Jahr 2000 erinnerten die von ihm gegründete Stiftung Entwicklung und Frieden und die Bundeskanzler WILLY-BRANDT-Stiftung mit einer gemeinsamen internationalen Konferenz an das Erscheinen des Brandt-Berichts vor 20 Jahren. Der anlässlich dieser Konferenz herausgegebene Erinnerungsband verweist auf die bleibende Bedeutung und Nachwirkung des Brandt-Berichts, denn der Bericht hat wie kein anderer bisher die internationale Diskussion über das Nord-Süd-Problem beeinflusst. Die Konferenzteilnehmer waren sich darin einig, dass die in dem Bericht enthaltenen Analysen und Empfehlungen weltweit große Aufmerksamkeit erfahren haben und den Prozess des Nachdenkens über die Weltprobleme bis in die Gegenwart hinein beeinflussen.

Der Brandt-Bericht hat einen entscheidenden Beitrag zur entwicklungspolitischen Bewusstseinsbildung geleistet. Seine Wirkungen auf die Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen sind jedoch begrenzt geblieben. Viele Forderungen und Empfehlungen wurden nicht realisiert. Die Bilanz ist ernüchternd.

Bilanz der Realisierung ausgewählter Empfehlungen

Empfehlungen sind:

  • Bekämpfung der Armut in der Welt
    „Den Bedürfnissen der ärmsten Länder und Regionen muss Vorrang eingeräumt werden. Wir fordern eine umfassende Initiative zugunsten der Armutsgürtel Afrikas und Asiens“.
     
  • Beseitigung des Hungers
    „Die Welt muss danach trachten, bis zum Ende des Jahrhunderts Hunger und Unterernährung durch Beseitigung der absoluten Armut abzuschaffen“.
     
  • Aufgaben des Südens
    „Bei jedem Angriff auf die internationale Armut müssen soziale und wirtschaftliche Reformen innerhalb der Entwicklungsländer die entscheidende Rolle ergänzen, die das internationale Entwicklungsumfeld spielt …
    Besseres wirtschaftliches Management und die verstärkte Mobilisierung heimischer Ressourcen sind für die Förderung der Entwicklung wesentlich …
    Die Mitwirkung breiter Schichten am Entwicklungsprozess sollte gefördert werden…“
  • Entwicklungsfinanzierung
    „Die von uns definierten Ziele werden …einen Kapitaltransfer von recht beträchtlichem Umfang erforderlich machen … Die reichen Länder müssen sich auf einen Zeitplan zur Erreichung des Entwicklungshilfeziels von 0,7 Prozent verpflichten, der … 1985 erreicht wird …“
  • Welthandel und Entwicklung
    „Protektionismus gefährdet die Zukunft der Weltwirtschaft und schädigt die langfristigen Interessen der Entwicklungsländer wie der Industrieländer gleichermaßen … Maßnahmen zur Stabilisierung von Rohstoffpreisen auf einträglichem Niveau sollten mit höchster Dringlichkeit in Angriff genommen werden …“
  • Multinationale Unternehmen
    „Es sind internationale Verhaltensregeln nötig, die einen Rahmen für die Aktivitäten transnationaler Konzerne liefern.“
  • Abrüstung und Entwicklung
    „Die Welt braucht ein umfassendes Sicherheitsverständnis, das sich weniger auf rein militärische Aspekte beschränkt …
    Verstärkte Bemühungen sollten der Erreichung von Abkommen über die Offenlegung des Exports von Waffen und Waffenproduktionsanlagen gelten …“
  • Umwelt und Entwicklung
    „Die weltweite Umweltbelastung entsteht hauptsächlich aus dem Wachstum der Industriewirtschaften, aber auch durch die Zunahme der Weltbevölkerung. Sie bedroht das Leben und die Entwicklungsmöglichkeiten künftiger Generationen“.
     
  • UN-Reform und Global Governance
    „Politiken, Vereinbarungen und Institutionen in den Bereichen wirtschaftlicher, finanzieller und Währungszusammenarbeit sollten vom Prinzip der Universalität geleitet werden.
    Das UN-System, das vor stets größer werdenden Aufgaben steht, muss gestärkt und wirksamer gemacht werden“
    .

Ergebnisse des Brandt-Berichts sind:

  • Die Zahl der absolut Armen ist auf 1,3 Mrd. gestiegen.
     
  • Die umfassende Initiative für die Armutsregionen blieb aus.
     
  • Die Umsetzung des Ziels von OECD, IWF, Weltbank und des Millenniumsgipfels der UN, die Zahl der Armen weltweit bis 2015 zu halbieren, ist fraglich (z. B. wegen sinkender Entwicklungsetats, unzureichender Orientierung auf armutsorientierte Entwicklungspolitik).
     
  • Im Jahr 2003 betrug die Zahl der Hungernden weltweit 840 Mio.
     
  • Forderungen nach einem internationalen Getreideabkommen, größeren internationalen Notreserven, Erhöhung der Nahrungsmittelhilfe und Agrarreformen blieben weitgehend unerfüllt.
     
  • Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass nicht mehr Hilfe von außen, sondern wirtschaftliche, soziale und politische Reformen entscheidend für Entwicklung sind.
     
  • Mit der Verschärfung der Schuldenkrise der 1980er-Jahre konnten IWF und Weltbank marktwirtschaftlich orientierte Strukturanpassungsprogramme in den Entwicklungsländern durchsetzen.
     
  • Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wurde Entwicklungshilfe verstärkt an Good Governance, Demokratisierung und Achtung der Menschenrechte gekoppelt.
     
  • In den meisten Entwicklungsländern mangelte es an durchgreifenden politischen und sozialen Strukturreformen sowie an der „Entwicklungsorientierung“ der Eliten.
     
  • Die Verhandlungsmacht der Gruppe der 77 und der Bewegung der Blockfreien wurde durch Interessengegensätze zwischen verschiedenen Ländergruppen geschwächt.
     
  • Die Entwicklungshilfeetats der OECD-Länder sind von 0,35 % des BSP 1990 auf 0,22 % 2000 gesunken.
     
  • Gestiegene Privatinvestitionen konzentrieren sich vor allem auf Schwellenländer Asiens und Lateinamerikas.
     
  • Die Einrichtung eines Weltentwicklungsfonds und der Vorschlag des Nobelpreisträgers JAMES TOBIN, Spekulationsgewinne in Entwicklungsfonds zu speisen, wurden negiert.
     
  • Der Agrarprotektionismus der EU benachteiligt nach wie vor die Entwicklungsländer.
     
  • Außer dem Abkommen für Naturkautschuk enthalten alle anderen Abkommen keine markt- und preisregulierenden Bestimmungen.
  • Von der Liberalisierung des Welthandels im Rahmen der WTO konnten die Rohstoff exportierenden Länder am wenigsten profitieren.
     
  • Transnationale Unternehmen sind zwar der Motor der Globalisierung, es gibt aber keine völkerrechtlich verbindlichen Verhaltensregeln.
     
  • Versuche einzelner Staaten und von NGOs, das WTO-Regelwerk durch Sozial- und Umweltklauseln nachzubessern, stieß aus Furcht vor Verlust ihrer komparativen Kostenvorteile auch in den Entwicklungsländern auf Widerstände.
     
  • Das Ende des Kalten Krieges hat zwar zu einem veränderten Sicherheitsverständnis geführt und eine Verringerung der weltweiten Rüstungsausgaben ermöglicht, jedoch nicht zu einer Friedens- und Entwicklungsdividende geführt.
     
  • Konkurrenz zwischen den Waffenproduzenten verhinderte ein internationales Abkommen über Waffenexporte.
     
  • Viele arme Entwicklungsländer geben noch immer mehr für Rüstung als für Armutsbekämpfung aus.
     
  • Im Umweltbereich entwickelten sich multilaterale Lösungsansätze, z. B. die Agenda 21 der Rio-Konferenz von 1992.
     
  • Es begann sich die Einsicht durchzusetzen, dass die Industrieländer die entscheidenden Verursacher der globalen Umweltbelastungen sind, aber auch Wachstum der Weltbevölkerung und Armut in der Welt verursachen Umweltzerstörungen.
     
  • Bei der Bewältigung der Weltprobleme steht der hegemoniale Unilateralismus der USA der Orientierung im Brandt-Bericht auf Multilateralismus durch Stärkung des UN-Systems entgegen.
     
  • Die Vielzahl der Entwicklungsorganisationen ist nur wenig effizient.
     
  • Das „Elitenkonzept“ des Brandt-Berichts hat sich überholt, weil Global Governance das Zusammenwirken von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren bedeutet.

Einer der wichtigsten Gründe für diese ernüchternde Bilanz ist darin zu sehen, dass die Nord-Süd-Kommission und WILLY BRANDT viele der Ereignisse der vergangenen zwanzig Jahre nicht vorhersehen konnten: die Auflösung der Sowjetunion, das Wiederaufflammen des Nationalismus in Europa, regionale Konflikte in der Welt, die Fundamentalisierung religiös orientierter Bevölkerungsgruppen, Völkermord in Afrika, ständige Rückgriffe auf militärische Aktionen, um Konflikte zu beenden und Sicherheit zu stabilisieren.

Das Instrumentarium des Brandt-Berichts, mit dessen Hilfe die anvisierten Ziele erreicht werden sollten, war insbesondere auf zwei zentrale politische Initiativen ausgerichtet:

  • auf umfangreichen Kapitaltransfer vom Norden nach dem Süden in Verbindung mit der Erschließung zusätzlicher finanzieller Quellen (z. B. Abgaben auf internationalen Handel, Militärausgaben oder Waffenexporte sowie Einkünfte aus Gemeinbesitz der Menschheit wie Rohstoffen auf dem Meeresboden) sowie
     
  • auf eine große politische Initiative für globale Verhandlungen, um das internationale Wirtschafts- und Finanzsystem neu zu ordnen.

Diese Instrumente kamen jedoch nicht zur Entfaltung wegen

  • der Dominanz des Westens in der internationalen Politik der 1980er- und 1990er-Jahre,
  • dem hegemonialen Anspruch der in den 1990er-Jahren verbliebenen Supermacht USA,
  • dem Vorrang nationalstaatlicher Sichtweisen und nationaler Egoismen sowie
  • der globalen Ausrichtung der kapitalistischen Wirtschaftsweise.

Im Hinblick auf die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen für die Friedens- und Entwicklungspolitik ist der Brandt-Bericht nach wie vor von großer Wichtigkeit. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht der Leitsatz WILLY BRANDTs:

„Entwicklungspolitik von heute ist Friedenspolitik von morgen“.

Dabei verweist er insbesondere auf den engen Zusammenhang zwischen Entwicklung und Frieden sowie auf die Notwendigkeit, die Globalisierung politisch zu gestalten.

Global Governance gehört zu den aus dem Handlungsbedarf globaler Politik abgeleiteten Visionen WILLY BRANDTs und macht den Brandt-Bericht auch gegenwärtig noch zu einer bedeutenden Quelle für verantwortungsbewusstes globales Denken.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Brandt-Bericht: Empfehlungen und Ergebnisse ." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/index.php/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/brandt-bericht-empfehlungen-und-ergebnisse (Abgerufen: 24. May 2025, 03:03 UTC)

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