Luftatmende Säugetiere leben normalerweise dort, wo sie diese Bedingung im Überfluss vorfinden - auf dem Land. Trotzdem gibt es Säugetiere, die den Lebensraum Wasser besiedeln und das mit großem Erfolg. Denken wir nur an die gewaltige Größe einiger Meeressäuger wie Wal- oder Seekuharten. Ihr Leben im und unter Wasser erfordert von ihnen besondere Techniken, um den benötigten Sauerstoffbedarf zu decken. Geübte menschliche Taucher können selten länger als 3 Minuten unter dem Wasser bleiben, ohne erneut Luft zu holen. Meeressäuger sind in der Lage während ihrer Tauchgänge die Luft um ein Vielfaches länger anzuhalten. Auch die Atemfrequenz unterscheidet sich: während wir Menschen in der Ruhelage etwa alle 3-5 Sekunden atmen, holen Wale durchschnittlich nur alle 15 Sekunden Luft, wenn sie ruhig an der Wasseroberfläche schwimmen. Der Atemvorgang selber verläuft blitzschnell:
Beim Auftauchen öffnen Wale ihre Blaslöcher und stoßen mit großem Druck die verbrauchte Luft aus (keine Wasserfontainen, sondern kondensierten Wasserdampf). Danach atmen sie sofort wieder ein und schließen ihre Blaslöcher. Dieser Vorgang dauert etwa eine halbe Sekunde bei Schweinswalen und Delphinen, ein bis zwei Sekunden bei den großen Walen. Der normale Bewegungsablauf beim Schwimmen wird dabei so gut wie nicht beeinträchtigt, obwohl manche Forscher annehmen, dass Delphine unter anderem auch deswegen so hoch aus dem Wasser springen, damit sie ohne Geschwindigkeitsverlust lange genug über dem Wasser sind, um atmen zu können.
Besondere Anpassungen der Atmung und des Kreislaufes ermöglichen es den Seehunden, Walen und Delphinen extrem lange Tauchgänge zu unternehmen. Die niedrige Atemfrequenz wird durch eine effektivere Nutzung der Atemluft ausgeglichen. Während Menschen nur ca. 15% der eingeatmeten Luft austauschen, entleeren Wale 80-90% ihres Lungenvolumens, bevor sie wieder einatmen. Weiterhin nimmt man an, dass auch die Ausnutzung des in der Atemluft enthaltenen Sauerstoffs viel besser ist.
Besonders gut sind diese Faktoren bei der Weddelrobbe, die in den arktischen Gewässern lebt, untersucht. Sie ist etwa 400 kg schwer und fängt Dorsche und andere Fische in Tiefen bis zu 500 m. Gewöhnlich bleibt sie 20 Minuten unter Wasser und schwimmt von einem sogenannten Atemloch in der Eisdecke bis zum nächsten unter dem Packeis entlang. Diesen extremen Bedingungen des Langzeittauchens sind die Tiere dadurch angepasst, dass sie große Sauerstoffmengen speichern können.
Robben enthalten pro Kilogramm Körpergewicht doppelt soviel Sauerstoff wie der Mensch. Er ist hauptsächlich im Blut und in den Muskeln gespeichert. Während sich beim Menschen 36 % des Sauerstoffs in den Lungen und 51 % im Blut befinden, sind es bei den Robben 5 % in den relativ kleinen Lungen und 70 % im Blut. Im Vergleich zum Menschen besitzt die Robbe ein doppelt so hohes Blutvolumen je kg Körpergewicht und einen höheren Hämoglobingehalt. Eine weitere Anpassung an die Tauchgänge ist die übergroße Milz. Sie kann bis zu 24 Liter Blut speichern. Während des Tauchens gibt sie sauerstoffbeladene Erythrozyten in den Kreislauf ab. In den Muskeln ist der Myoglobingehalt, ein speicherndes Muskelprotein, höher als beim Menschen. Es speichert 25 % des Sauerstoffs.
Eine sauerstoffsparende Anpassung ist auch der Tauchreflex. Hierbei werden Herzfrequenz und Pumpvolumen des Blutes verringert. Dadurch wird die Stoffwechselrate, vor allem die Rate der Zellatmung, herabgesetzt. Auch der Weg des Blutes durch den Körper verändert sich. Das meiste Blut wird durch Gehirn, Rückenmark, Herz, Lungen, Augen, Nebennieren und bei trächtigen Tieren durch die Plazenta geleitet, während die Blutzufuhr zu den Muskeln eingeschränkt ist.
Dauert der Tauchgang länger als 20 Minuten, kann die Zellatmung auf Milchsäuregärung umgestellt werden.
Wenn man weiß, dass Wale mit Luft gefüllten Lungen abtauchen, ist eine Tauchtiefe von über 100 Meter verwunderlich. Durch den enormen Wasserdruck in dieser Tiefe kollabieren normalerweise die Lungen völlig, d.h. sie werden vollständig zusammengedrückt. Der restliche Lungeninhalt, meist Stickstoff, sammelt sich dann in der relativ steifen Luftröhre. Wale müssen demnach die Fähigkeit besitzen, aus ihrem Blut jeglichen Stickstoff herauszufiltrieren. Dieser würde nämlich beim Auftauchen durch den wieder geringer werdenden Wasserdruck „auskochen“. Wir Menschen kennen dieses Phänomen als Taucherkrankheit. Dafür besitzt das Blut der Wale viel Hämoglobin und Myoglobin: Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport im Blut wichtig, Myoglobin für das Herauslösen und Bereitstellen des Sauerstoffs in den Muskeln und im Gehirn.
Vergleich der Stoffwechseltätigkeit von Mensch und Weddelrobbe
Schwimmender Mensch | Schwimmende Weddelrobbe | |
Aufenthalt unter Wasser | Höchstens 3 Minuten | 20 Minuten und länger |
in den Lungen | 36 % | 5 % |
im Blut | 51 % | 70 % |
Blutvolumen je kg Körpergewicht | niedrig | hoch |
Hämoglobingehalt der Erythrozyten | niedrig | hoch |
Blutspeichervermögen der Milz | gering | 24 l |
Myoglobingehalt der Muskeln | niedrig 0,5 % im Herzmuskel | hoch 8 % im Herzmuskel |
Speicherung in den Muskeln | 13 % | 25 % |
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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