Biruté Galdikas

Leben und Wirken

BIRUTÉ GALDIKAS wurde am 10. Mai 1946 in Wiesbaden geboren. Ihre litauischen Eltern hielten sich für kurze Zeit in Deutschland auf, um sich dann in Toronto, Kanada, niederzulassen. Dort verbrachte BIRUTÉ GALDIKAS auch ihre Kindheit und Jugend. Schon früh stellte sie sich Fragen nach der Herkunft des Menschen, beobachtete in ihrer Freizeit wildlebende Tier im High Park von Toronto und begeisterte sich für Menschenaffen. Mit ihren Eltern zog sie 1964 in die Vereinigten Staaten und studierte Psychologie, Biologie und Anthropologie an der University of California in Los Angeles.

1969 traf sie auf den bekannten Paläontologen Dr. LOUIS LEAKEY und berichtete ihm von ihrem Plan, in einer Langzeitstudie freilebende Orang-Utans in ihrem natürlichen Lebensraum zu erforschen. Dies galt in Fachkreisen als kaum durchführbar, da die asiatischen Menschenaffen extrem einzelgängerisch leben und nicht wie Schimpansen und Gorillas in geselligen Gruppen. Schließlich gewann die junge Wissenschaftlerin die Unterstützung LEAKEYs und der National Geographic Society. 1971 brach sie mit ihrem ersten Mann, dem Fotografen ROD BRINDAMOUR, nach Indonesien auf, um im Tanjung Puting Reservat eine bisher einmalige Feldstudie an Orang-Utans zu beginnen.

Der Anfang war schwer: Im Urwald Borneos kämpfte GALDIKAS mit unerträglich schwül-heißem Klima, mit Moskitos, Wolfsspinnen - und der geringen Aussicht, im undurchdringlichen Tropenwald überhaupt einen Orang-Utan ausfindig zu machen. Die menschenscheuen Tiere leben hoch auf den Bäumen, sie hangeln sich lautlos von Ast zu Ast und sind für das ungeübte Auge kaum auszumachen. Sie sind „Meister im Versteckspiel“ und versuchen Eindringlinge durch alle möglichen Wurfgeschosse zu vertreiben. BIRUTÉ GALDIKAS musste also in Deckung gehen, um ihrem Traum näher zu kommen:

„Ich habe mir immer gewünscht, den einzigen Primaten zu studieren, der nie den Garten Eden verlassen hat. Ich wollte wissen, was wir hinter uns gelassen hatten.“ Ihre Mühe zahlte sich aus. Am Heiligabend 1971 konnte sie erstmals über einen Tag ein Orang-Utan-Weibchen mit seinem Baby beobachten. Bis heute konnten in Camp Leakey hunderte von individuellen Biografien der scheuen „Waldmenschen“ erfasst werden. BIRUTÉ GALDIKAS' Forschungsergebnisse wurden durch zahlreiche Publikationen, Vorträge und Filme bekannt, ihre Arbeit und ihr Engagement durch vielfache Ehrungen ausgezeichnet.

Professor GALDAKIS lehrt an der SIMON FRASER University, Kanada, und an der Universität in Jakarta. Sie ist Gründerin und Präsidentin der „Orangutan Foundation International“ und Unterzeichnerin der Deklaration über die Großen Menschenaffen. Zusammen mit ihrem jetzigen Mann PAK BOHAP lebt sie abwechselnd in British Columbia, Kanada, in Los Angeles und auf Borneo. Dort unterhält sie eine Aufzucht- und Auswilderungsstation für verwaiste Orang-Utans und fördert die weitere wissenschaftliche Arbeit in Camp Leakey. Als anerkannte Expertin und engagierte Artenschützerin setzt sie sich konsequent für die Belange der gefährdeten „Waldmenschen“ ein.

Wissenschaftliche Arbeit/
Bedeutung für die Verhaltensforschung

Zusammen mit JANE GOODALL und DIAN FOSSEY gehört BIRUTÉ GALDAKIS zu den drei großen Frauen der Primatenforschung, die auf Anregung LOUIS LEAKEYs Langzeitstudien an Großen Menschenaffen durchgeführt haben. Geduld, Einfühlung und die Bereitschaft, ihr Leben ganz in den Dienst unserer nahen tierischen Verwandten zu stellen, zeichnen alle drei Wissenschaftlerinnen aus. Ihnen verdankt die Ethologie (Verhaltensforschung) bahnbrechende Erkenntnisse.

Pongo pygmaeus, so der wissenschaftliche Name für den Orang-Utan, gilt als eher ungesellig. Aber das täuscht. Die sozialen Beziehungen der Tiere sind fein strukturiert und ihrem natürlichen Lebensumfeld angepasst. Mürrisch und reizbar benahm sich zunächst auch THROATPOACH, das erste ausgewachsene Orang-Männchen, das später über Monate BIRUTÉ GALDIKAS in seiner Nähe duldete. Die gemächlichen Kletterer lieben die Ruhe und gehen normalerweise auf Abstand - auch untereinander. Jungtiere bleiben bis zur Pubertät bei der Mutter, sonst streifen die eingefleischten Einzelgänger solo durchs Revier. Nur zu den Paarungszeiten und in der Adoleszenz kommt es zu intensiveren Kontakten.

Die lange Mutter-Kind-Beziehung ist wichtig, um das hilflose Junge auf das Leben im Urwald vorzubereiten. Dabei erwerben die intelligenten Tiere erstaunliche Kulturfähigkeiten: Innerhalb der von ihr untersuchten Gruppen machte BIRUTÉ GALDIKAS einzigartige Verhaltensweisen aus, die jeweils an die nachfolgende Generation weitergegeben wurden (Traditionsbildung). Dazu gehören der Gebrauch von Stöcken als Werkzeug, spezielle Lautgebungen zur Verständigung sowie die Benutzung von Blättern als Handschuh oder Serviette.

Die Orang-Utan-Populationen auf Sumatra und Borneo sind zunehmend in ihrem Bestand gefährdet. Landgewinnung durch Brandrodung, verheerende Waldbrände und illegale Abholzungen innerhalb ihrer Reviere zerstören den Lebensraum der orange-roten Urwaldkletterer. Experten schätzen, dass die Spezies innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre akut vom Aussterben bedroht sein wird. Umso dringlicher sind bindende Schutzmaßnahmen, die den dramatischen Rückgang der Tiere aufhalten. BIRUTÉ GALDIKAS setzt sich mit ganzer Kraft für ihren Schutz ein:

Die „Orangutan Foundation International“ und viele freiwillige Helfer unterstützen ihre Arbeit im „Orangutan Care Center and Quarantine“ in Pangkulan Ban. Hier werden verwaiste und verletzte Tiere aufgenommen, medizinisch betreut und für ein Leben in der Wildnis fit gemacht. Zurzeit (Stand: 2004) leben über 225 Orangs in der Obhut der Auffangstation. Die Aufzucht ist langwierig, schwierig und kostenintensiv. Erst nach Jahren können die Tiere in ausgewiesene Schutzgebiete entlassen oder in bestehende Orang-Populationen eingeführt werden.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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