Die Bedeutung des Schlafs

Historisches

In der griechischen Mythologie war der Gott des Schlafs HYPNOS dafür verantwortlich, Menschen und Tieren den Schlaf zu bringen. Angeblich lebte er in einem düsteren Tal, das vom Fluss des Vergessens durchzogen wurde. Im Garten seiner Behausung wuchsen Kräuter, denen man eine Schlaf veranlassende Wirkung zuschrieb. Ebenfalls wurde der Schlaf sehr eng mit dem Tod verknüpft, so war beispielsweise der Bruder von HYPNOS der Gott des Todes THANATOS. Die Sichtweise, Schlaf als passiven, inaktiven Zustand zu sehen, war bis Mitte des 19. Jahrhunderts bestimmend in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem Thema. Erste experimentelle Forschungsansätze stammen von ARNOLD KOHLSCHÜTTER (1883-1969) – die sog. Weckschwellenversuche. Die Entdeckung des menschlichen Elektroenzephalogramms (EEG) durch HANS BERGER (1873-1941) ermöglichte die Messung der Hirnaktivität im wachen und schlafenden Zustand und somit den Beginn der empirischen Schlafforschung.

Klassifikation des Schlafs

1968 wurde von amerikanischen Schlafforschern eine immer noch gültige Klassifikation der verschiedenen Schlafstadien vorgeschlagen. Die zentralnervösen Erregungsprozesse des Gehirns schlagen sich in rhythmischer Aktivität im EEG nieder. Anhand der Auswertung dieser Erregungsprozesse erfolgte die Einteilung des Schlafs in die zwei Phasen Non-REM-Schlaf (Tiefschlaf) und REM-Schlaf (Dämmerschlaf).

Der Non-REM-Schlaf (NREM-Schlaf) ist in 4 Stadien gegliedert:
Stadium 1:Übergang zwischen Wachen und Schlafen
(Augen rollen langsam, langsame statische Traumbilder)
Stadium 2:Einschlafzeitpunkt
(keine Augenbewegungen, kognitive Inhalte beim Wecken abrufbar)
Stadium 3 und 4:Tiefschlaf (slow wave sleep)
(keine Augenbewegungen, keine Inhalte abrufbar)
REM-Schlaf (REM = Rapid Eye Movements)
(schnelle Augenbewegungen, Traumsequenzen mit halluzinatorischem Charakter, Muskelzuckungen, erhöhte Herz- und Atemfrequenz, Peniserektionen, erhöhte Vaginaldurchblutung)

Die Verteilung und Länge der Schlafphasen variiert sowohl innerhalb unterschiedlicher Altersgruppen einer Art (Die Schlafdauer und somit die Länge und der Zeitpunkt des Schlafs nimmt mit zunehmendem Alter ab.) als auch unter den verschiedenen Spezies. Beispielsweise tritt bei Vögeln der REM-Schlaf nur im Kükenalter auf. Beutel- und Plazentatiere zeigen das für den Menschen typische Schlafmuster von abwechselnden REM- und Non-REM-Schlafphasen.

Schlafzyklus

Schlafzyklus

Neurologie des Schlafs

Durch die moderne Technik der Implantation feinster Mikroelektroden (Drähte mit einem Durchmesser von etwa 32 Mikrometer) in einzelne Nervenzellen in beliebigen Regionen des Gehirns kann heute die Gehirnaktivität im Schlafen und Wachen genauer als über das EEG untersucht werden. So unterscheidet sich das Aktivitätsmuster des Gehirns im REM- und NREM-Schlaf völlig, Körperhaltung und Registrierung von Umweltreizen sind in beiden Phasen jedoch in gleicher Weise eingeschränkt.

Während des Tiefschlafs (Non-REM-Schlaf) sind die Neurone des Hirnstamms nicht mehr oder nur sehr wenig aktiv. In der Großhirnrinde sinkt die Aktivität der Neurone nur leicht. An der Basis des Großhirns wurden „Schlafneurone“ entdeckt, die im Tiefschlaf eine hohe Aktivität aufweisen.

Während des REM-Schlafs ähnelt die Aktivität der Neurone der Großhirnrinde und des Hirnstamms dem Wachzustand. Offensichtlich sind bestimmte Zellen im Hirnstamm, die „REM-Schlafneurone“, durch ihre Aktivität für diesen Zustand verantwortlich.

Im REM-Schlaf ist der Gesamtenergieverbrauch des Körpers sehr hoch. Dieser Umstand ist u.a. auf die dort stattfindenden schnellen Augenbewegungen zurückzuführen. Warum bewegen sich die Augen, aber nicht die anderen Muskeln?
Transmittersubstanzen, die Muskelbewegungen auslösen (z. B. Acetylcholin), werden im Schlaf gehemmt. Es kommt lediglich zu kurzen Zuckungen der Muskulatur. Die Augenmuskulatur ist davon nicht betroffen.
Im REM-Schlaf schwanken Pulsrate und Atemfrequenz ähnlich wie im Wachzustand, die Regulation der Körpertemperatur ist eingeschränkt.

Funktion des Schlafs

Warum hat Schlafentzug gesundheitsschädigende Folgen?
Bei Ratten führte experimentell herbeigeführter Schlafentzug zu einer erhöhten Pulsfrequenz, zu erhöhtem Energieverbrauch, zu Wärmeverlust und trotz normaler Futteraufnahme schließlich zum Tod.
Beim Menschen sind bei Schlafentzug eine ständig wachsende Müdigkeit, Abnahme der Konzentration, Symptome von Stressreaktionen, Mikroschlafphasen und schließlich ungehemmter Schlaf zu beobachten.
Bekannt ist, dass durch erhöhten Stoffwechsel freie Radikale (hochreaktive Molekülbruchstücke) entstehen, die Zellen schädigen oder vernichten können. Im Gegensatz zu anderen Geweben produziert das Gehirn fast keine neuen Zellen nach der Geburt. Man nimmt heute an, dass sogenannte Reparaturenzyme während des Tiefschlafs Schäden, die durch freie Radikale an den Neuronen entstehen, beheben. Außerdem können „alte“ Enzyme durch die Synthese neuer Enzyme ersetzt werden. Schlaf hat also eine Regenerierungsfunktion.

Im REM-Schlaf scheint ein anderer Mechanismus zur Regeneration des Körpers zu führen. Die Hemmung der Transmitterfreisetzung bzw. -übertragung in dieser Schlafphase sichert durch die Nichtbeanspruchung eine Erhöhung der Rezeptormoleküle in den Zellmembranen und ihre gute Reaktionsfähigkeit in der Wachphase (Hirnreifung).
Untersuchungen an Taufliegen haben bestätigt, dass die regelmäßige Ruhe zur Wiederherstellung der Transmitterfunktion nicht nur bei Säugetieren wichtig ist. Zudem wird angenommen, dass der REM-Schlaf beim Erwachsenen der Verarbeitung von tagsüber aufgenommenen Informationen dient. Schlafentzug hat v.a. Auswirkungen auf die Gedächtnisleistung. Besonders Fertigkeiten, die unmittelbar vor dem Schlaf erlernt wurden, sind davon betroffen. Es konnte gezeigt werden, dass im Schlaf neuronale Erregungsmuster wiederholt werden, die kurz zuvor als neue Eindrücke entstanden. Vermutlich sorgen diese Wiederholungen für eine dauerhaftere Speicherung der Informationen.
Eine exakte wissenschaftliche Erklärung der Bedeutung des Schlafs konnte jedoch bis heute nicht gegeben werden.

Schlaf-Wach-Rhythmus

Tiere und Menschen haben bestimmte Schlaf-Wach-Rhythmen, die von vielen Faktoren wie z. B. Licht-Dunkel-Wechsel, Umweltfaktoren, inneren Faktoren wie Hormonproduktion und subjektiven Bedingungen abhängig sind. Beispielsweise gehören Menschen in Deutschland zu den Frühaufstehern, was auch durch ihre gesellschaftlichen Traditionen bedingt ist.
Im Laufe des Lebens nimmt der Schlafbedarf ab. Der geringere Schlafbedarf im Alter wird häufig als Schlafstörung bezeichnet.
Aufregende Erlebnisse kurz vor der gewohnten Einschlafzeit können den Schlaf beeinträchtigen. Schlaflabore untersuchen mögliche Ursachen von Schlafstörungen und empfehlen unterschiedliche Therapien. Mittlerweile ist man zu der Erkenntnis gelangt, dass Schlaftabletten nicht der richtige Weg sind, Schlafprobleme zu lösen. Sie bekämpfen nur die Erscheinung des „Nicht-Schlafen-Könnens“, nicht aber deren Ursachen.
Eine Verbesserung von Gedächtnisleistung und Lernvermögen während des Schlafs ist immer noch umstritten. Während deutsche Wissenschaftler das befürworten, ist diese Annahme nach amerikanischen Forschungsinstituten umstritten.

Gibt es Beziehungen zwischen Körpergröße und Schlafdauer?
Untersuchungen an Tieren verschiedener Größe zeigten eine längere Schlafdauer bei kleineren Tieren (z. B. Nagetiere). Im Vergleich dazu weisen Elefanten kürzere Schlafzeiten und weniger Tiefschlaf auf. Da kleine Tiere eine wesentlich höhere Stoffwechselintensität besitzen, dürften die Vorteile des Schlafs in seiner energiesparenden Funktion liegen. Der Schlaf und die damit erwirkte Ruhe des Organismus erlaubt es, Energie zu sparen und zu speichern. Nach einer energieverbrauchenden Zeitdauer ist eine Ruhe- und Entspannungsphase notwendig, um Energiereserven zu sparen und aufzuheben. Das regelmäßige Auftreten von REM-Phasen könnte ein zu tiefes Absinken der Stoffwechselaktivität verhindern, indem der Körper immer wieder in einen aktiveren Zustand versetzt wird.
Eine weitere Vermutung orientiert sich an der angeblichen Reparaturleistung an Nervenzellen während des Schlafs: Es wird angenommen, dass die höhere Stoffwechselintensität kleinerer Tiere und die damit verbundene stärkere Schädigung der Zellen durch freie Radikale die Notwendigkeit längerer Reparaturleistungen und damit eine längere Schlafdauer zur Folge hat.

Schlafzyklen von Menschen unterschiedlichen Alters

Schlafzyklen von Menschen unterschiedlichen Alters

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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