Justus Freiherr von Liebig

Ausbildung und politisches Engagement

JUSTUS FREIHERR VON LIEBIG wurde am 12. Mai 1803 in Darmstadt als Sohn eines Drogisten geboren. In den Jahren 1817 und 1818 war er als Lehrling bei einem Apotheker in Heppenheim. 1820 begann er an der Universität in Bonn bei KARL WILHELM GOTTLOB KASTNER (1783-1857) sein Chemiestudium und folgte ihm noch im gleichen Jahr nach Erlangen.

Als Mitglied einer verbotenen Burschenschaft und aufgrund seiner Teilnahme an Studentenunruhen musste er im März 1822 sein Studium abbrechen. Noch im gleichen Jahr kehrte er nach Darmstadt zurück, wo er sich wiederum politisch betätigte. Er bekam Stadtarrest. Doch noch im gleichen Jahr erhielt er durch ein großherzögliches Stipendium die Möglichkeit, sein Studium in Paris fortzusetzen. Er besuchte nun Vorlesungen bei PIERRE LOUIS DULONG (1785-1838), LOUIS JACQUES THENARD (1777-1857), JOSEPH-LOUIS GAY-LUSSAC (das „Oberhaupt“ der französischen Chemie jener Zeit, 1778-1850) und DESORMES. Hier begann LIEBIG auch mit seinen Forschungen und beschäftigte sich mit den Eigenschaften von Knallquecksilber und den Salzen der Knallsäure.

Forschung in Paris und Rückkehr nach Deutschland

1823 trug J. L. GAY-LUSSAC die Ergebnisse von LIEBIGs Arbeiten an der französischen Akademie der Wissenschaften vor. Unter den Zuhörern befand sich auch F. H. ALEXANDER VON HUMBOLDT, der JUSTUS FREIHERR VON LIEBIG persönlich mit GAY-LUSSAC bekannt machte. GAY-LUSSAC nahm LIEBIG mit in sein Labor, wo dieser seine Arbeiten über die Knallsäureverbindungen abschloss. Noch während seiner Pariser Zeit wurde LIEBIG für seine Ergebnisse bei der Untersuchung von Knallsäure von der Universität Erlangen zum Doktor phil. ernannt.

1824 wurde LIEBIG auf Empfehlung von HUMBOLDT als außerordentlicher Professor an die Universität Gießen berufen. Hier richtete er sein Labor im Waschraum einer alten Kaserne ein. Später sollte dieses Labor weltbekannt werden. Ein Jahr darauf folgte die Berufung zum ordentlichen Professor. Im gleichen Jahr begann er mit der Entwicklung seines Plans für ein chemisch-pharmazeutisches Institut. Dabei orientierte er sich am trommsdorffschen Vorbild in Erfurt. 1826 konnte LIEBIG seinen Plan einer „Pharmazeutisch-technischen Lehranstalt“ mit den Professoren FRIEDRICH WERNEKINGK (Professor für Mineralogie, 1798-1835) und HERRMANN UMPFENBACH (Vertreter der Mathematik, 1798-1862) als Privatunternehmen verwirklichen. In Deutschland bestanden bis dahin nur zwei solche Anstalten, eine in Erfurt unter der Leitung von Prof. JOHANN BARTHOLOMÄUS TROMMSDORFF(1770-1837), die andere in Jena, welche Herr Dr. HEINRICH GÖBEL (1818-1893) errichtet hatte.

JUSTUS FREIHERR VON LIEBIG zählte in Deutschland zu den ersten Chemikern, die das chemische Praktikum als Ergänzung zur Experimentalvorlesung in die Ausbildung einführten. Er selbst bildete dabei viele später berühmt gewordene Chemiker aus, darunter auch ADOLPH STRECKER (1822-1871), AUGUST WILHELM VON HOFMANN (1818-1896), AUGUST KEKULÉ VON STRADONITZ (1829-1896) u. a.

Quantitative Analyse verschiedener Stoffe

1826 konnten LIEBIG und FRIEDRICH WÖHLER (1800-1882) ihren Streit beilegen und zwar mit der Erkenntnis, dass WÖHLERs Silbercyanat und LIEBIGs Knallsilber die gleiche quantitative Zusammensetzung haben. Zwischen WÖHLER und LIEBIG war das der Beginn einer lebenslangen tiefen Freundschaft.

LIEBIG führte Versuche an Harnsäure, Campher, Camphersäure, Hippursäure und anderen Stoffen durch. Dabei stieß er auf viele Grenzen und erkannte, wie unzureichend die damaligen analytischen Apparaturen waren. Damit war sein Forschergeist geweckt und er suchte nach Möglichkeiten, die Apparaturen effektiver zu gestalten. 1831 gelang ihm die Entwicklung des Fünf-Kugel-Apparats für die quantitative Analyse chemischer Mischungen. Später wurde sie als die liebigsche Elementaranalyse bezeichnet. Mit dieser Apparatur konnte er die Zusammensetzung verschiedener Stoffe klären, darunter Silicium, Coniin und Koffein.

Liebig und Wöhler begründen die Radikaltheorie

1932 beschäftigte sich LIEBIG vorwiegend mit Alkohol und Chlor und ihrer Umsetzung zur Chloral und Chloroform. Gemeinsam mit WÖHLER untersuchte er das Öl der Bittermandel (Benzaldehyd) sowie seine Umsetzung zu Benzolsäure. Diese Untersuchungen bildeten schließlich die Grundlage für die Radikaltheorie der organischen Chemie, die von LIEBIG und WÖHLER begründet wurde. Im gleichen Jahr wurde LIEBIG zum Mitherausgeber der „Annalen für Chemie und Pharmazie“, dem früheren „Geigers Magazin für Pharmazie“.

Inzwischen war man auch im Ausland auf die Arbeit LIEBIGs aufmerksam geworden, und so erhielt er 1837 eine Einladung zur Versammlung der British Association for the Advancement of Science in Liverpool. Die Reise nach England nutzte LIEBIG, um gleichzeitig eine Rundreise durch England und Irland zu unternehmen. Dabei besuchte er auch zahlreiche chemische Fabriken.

Liebigs' Agrikulturchemie

Durch die British Association for the Advancement of Science erhielt LIEBIG die Anregung, einen Bericht über den aktuellen Stand der organischen Chemie und der Analytik zu verfassen. 1840 erschien dann seine Arbeit „Die organische Chemie und ihre Anwendung auf Agricultur und Physiologie“, eine erweiterte Fassung folgte 1862. Mit diesem Werk schuf LIEBIG die Grundlage für die Agrikulturchemie. Doch damit nicht genug. Ebenfalls 1840 beschrieb LIEBIG erstmals den Gedanken eines Kohlenstoffkreislaufs in der Natur. Auch erkannte er das Gesetz des Minimums. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Ertrag von dem Nährstoff bestimmt wird, der in der kleinsten Menge vorhanden ist. Im Folgenden versuchte er dem Nährstoffmangel entgegenzuwirken. Hierzu stellte er eine Mischung aus verschiedenen, schwer löslichen Salzen zusammen, die sich jedoch als wenig wirksam erwies. Später erkannte er, dass leicht lösliche Salze aus der Erdkruste nicht ausgewaschen werden und konnte so einen wirksamen, künstlichen Dünger herstellen.

1842 unternahm er den ersten Versuch, mit der Veröffentlichung des Beitrags „Organische Chemie und ihre Anwendung auf Physiologie und Pathologie“ eine naturwissenschaftliche Grundlage für die Medizin zu schaffen.

Liebig und die Nahrungsmittelchemie

Im Folgenden wendete sich LIEBIG der Zubereitung von Fleisch und Fleischbrühe zu. Aus diesen Erkenntnissen entwickelte er 1847 einen Fleischextrakt, später bekannt geworden als LIEBIGs Fleischextrakt. MAX JOSEF VON PETTENKOFER (1818-1901) empfahl es schließlich als Stärkungs- und Anregungsmittel. Der englische Ingenieur GILBERT, der in Uruguay eine neue Heimat gefunden hatte, legte mit Zustimmung LIEBIGs diese Erkenntnisse über den Fleischextrakt schriftlich nieder. Damit schuf er die Grundlage dafür, dass die in Südamerika gehaltenen Kühe und Schafe nicht mehr nur als Fell- und Fettlieferanten gehalten wurden. Auch das Fleisch der Tiere fand seine Verwertung.

1852 wurde LIEBIG nach München berufen, wo er bis zu seinem Tod am 18. April 1873 lebte. Auch hier stand die Lösung praktischer Probleme im Vordergrund seiner Arbeit. So bemühte er sich um die Entwässerung des Roggenbrots und machte sich um die Herstellung von Backpulver und Säuglingsnahrung verdient.

LIEBIG führte Gährungsprozesse allein auf Fermente zurück und widersprach damit PASTEURs (1822-1895) Theorie der bakteriellen Gärung von 1860. Erst 1897 gelang es MAX FRANZ CHRISTIAN BUCHNER (1866-1934), beide Theorien zusammenzuführen.

Wissenschaftliche Leistungen

  • Entwicklung des Fünf-Kugel-Apparats und damit Begründung der liebigschen Elementaranalyse; mit dieser Methode konnte er die Zusammensetzung von Silicium, Coniin und Koffein erklären.
  • Er begründete die Agrikulturchemie.
  • LIEBIG beschäftigte sich mit der Zubereitung von Fleisch und Fleischbrühe und entwickelte daraus „Liebigs Fleischextrakt“.
  • Er schuf mit seiner Erforschung verschiedener Salze und Mangelzustände die Grundlagen der künstlichen Düngung. Damit wurden innerhalb kürzester Zeit Ertragssteigerungen um etwa ein Drittel möglich.
  • Er beschäftigte sich mit alltäglichen Problemen. Zu seinen Leistungen in diesem Bereich zählen die Entsäuerung von Roggenbrot sowie die Herstellung von Backpulver und Säuglingsnahrung.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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