Protista (Begründer)

Die Protista sind eine Sammelgruppe für alle jene Eukaryota, die nicht eindeutig Pflanzen, Pilzen oder Tieren zuzuordnen sind. Sie lassen sich in mindestens 30 Abteilungen bzw. Stämme untergliedern.

Protista mit tierähnlicher Ernährungsweise werden auch Protozoa („Urtiere“) genannt:

  • Die Wurzelfüßer (Rhizopoda) haben keine begeißelten Stadien. Dafür ist ihre Zelloberfläche sehr beweglich, und es werden ständig neue Zellfortsätze, sogenannte Scheinfüßchen oder Pseudopodien, gebildet. Syngamie und Meiose sind unbekannt. Auch die beiden folgenden Gruppen bilden keine Geißeln, dafür dünne Scheinfüßchen.
  • Die Strahlenfüßer (Actinopoda) bilden sehr dünne lange Pseudopodien (Axopodien) aus. Diese Fortsätze halten die Organismen in Schwebe und dienen der Nahrungsaufnahme. Im Süßwasser kommen die „Sonnentierchen“ (Heliozoa), im Salzwasser die „Strahlentierchen“ (Radiolaria) mit einem Kieselsäureskelett vor.
  • Die Kammerlinge (Foraminifera) sind ausschließlich marin. Sie leben in gekammerten Schalen aus organischem Material, das durch Kalk verfestigt ist. Lange Pseudopodien dienen - wie bei der vorigen Gruppe - zum Schweben und zur Nahrungsaufnahme. Foraminiferen sind häufig Leitfossilien (z. B. Kreidefelsen von Dover).
  • Die „Sporentierchen“ (Sporozoa) leben häufig parasitisch. Besonders bekannt ist der Erreger der Malaria (Gattung Plasmodium). Durch ständige Veränderung ihrer Oberflächenproteine können Plasmodien das Immunsystem von Menschen und Säugetieren unterlaufen.
  • Die „Wimpertierchen“ (Ciliata) haben zwei verschiedene Zellkerntypen: einen großen Makrokern und meist mehrere kleine Mikrokerne. Die Gene sind nicht auf Chromosomen verteilt, sondern auf viel kleineren DNA-Einheiten. Der bis zu 50fach polyploide Makrokern kontrolliert den gesamten Stoffwechsel und Bewegungsvorgänge der Zelle, auch die asexuelle Fortpflanzung (meist Zweiteilung). Viel seltener kommt sexuelle Reproduktion vor, wobei es zur Konjugation von zwei Zellen kommt. Die Mikronuclei sorgen für den Austausch von genetischem Material.
  • Zu den „Geißeltierchen“ (Flagellata) zählte man früher viele Arten, die heute in unterschiedliche Gruppen gestellt werden. Den Diplomonadina und den Trichomonadina fehlen als einzigen Protista Mitochondrien. Allerdings wurden sie vermutlich sekundär durch parasitische Lebensweise verloren. Vielgeißelige Einzeller im Darm von Wiederkäuern sind die Polymastiginen. Die Kinetoplastida enthalten nur ein großes Mitochondrium. Zu ihnen zählen gefährliche Blutparasiten (z. B. der Erreger der Schlafkrankheit Trypanosoma).

Zu den pilzähnlichen Protista zählen Schleimpilze und Algenpilze.

  • Bei den Echten Schleimpilzen besteht das nahrungsaufnehmende Stadium aus einer amöboiden zellwandlosen Protoplasmamasse, dem sogenannten Plasmodium. Aus den Plasmodien entwickeln sich umweltgesteuert Sporocysten, in denen unter Meiose haploide Sporen entstehen. Aus diesen schlüpfen einzellige Amöben oder Flagellaten. Nach Syngamie entwickelt sich erneut ein Plasmodium durch mitotische Kernteilung.
  • Die ähnlichen zelligen Schleimpilze bilden keine Plasmodien ohne Zellwände, sondern Aggregationen von amöboiden Zellen (Pseudoplasmodien). Der Entwicklungszyklus läuft weitgehend in der Haplophase ab.
  • Die Algenpilze (Oomycota) bilden dünne verzweigte Zellfäden (Hyphen) ohne Querwände mit einer Außenwand aus Cellulose. Die Kerne sind diploid. Lediglich bei der Gametocystenbildung kommt es innerhalb der Gametocyste zur Reduktionsteilung. Männliche und weibliche Kerne verschmelzen in der Oocyste zu Zygoten. Zu dieser Gruppe gehört der Falsche Mehltau des Weines (Plasmopora viticola) oder die Krautfäule der Kartoffel und der Tomate (Phytophthora infestans). Genetisch bestehen relativ enge Beziehungen zu den Heterokontobionta (s. u.).

Die dritte große Gruppe der Protista wird normalerweise als Algen („Phycophyta“) bezeichnet. Kennzeichnendes Merkmal ist die Fähigkeit zur Fotosynthese von organischen Kohlenstoffverbindungen. Algen bilden die wichtigsten Primärproduzenten in aquatischen Lebensräumen, insbesondere im Meer, wo sie als Phytoplankton oder als fest gewachsene oder flutende Makroalgen vorkommen.
Abteilungen, in denen nur einzellige Arten vorkommen, sind die Augengeißler (Euglenobionta), die Panzergeißler (Dinobionta), die Haftfadengeißler (Haptobionta), die Schlundgeißler (Cryptobionta) und die Blaugrünen Geißler (Glaucobionta).

Vor allem aufgrund ihres Pigmentgehaltes unterscheidet man drei große Gruppen vorwiegend mehrzelliger Algen:

  • Die Gelbbraunen Algen (Chrysobionta oder Heterocontobionta) mit zwei unterschiedlich gestalteten Geißeln kommen im Meer und im Süßwasser vor. Zu den einzelligen Formen gehören z. B. die sehr artenreichen Kieselalgen (Diatomeen). Die Schlauchalge Vaucheria findet sich auf feuchter Erde, auch in Blumentöpfen. Zu den Braunalgen gehören die großen Meerestange (Fucus, Laminaria, Macrocystis und viele andere).
  • Die immer geißellosen Roten Algen (Rhodobionta) sind typische Vertreter wärmerer Meere. Wenige Arten kommen im Süßwasser vor. Beispiele nördlicher Meere sind der Porphyrtang (Porphyra), der Horntang (Ceramium) und der Meerampfer (Delesseria).
  • Die Grünen Algen (Chlorobionta) stellen neben Einzellern auch Kolonie bildende, fädige und Gewebe bildende Arten. Fotosynthesepigmente, Reservestoffe und Zellwandaufbau stimmen weitgehend mit dem Reich Plantae überein. Man nimmt an, dass die ersten Landpflanzen aus Grünen Algen aus der Verwandtschaft der heutigen Gattung Coleochaete (Schildgrünalge) entstanden sind.

Die verschiedenen Algengruppen lassen sich biochemisch unterscheiden. Ihre Chloroplasten gehen auf Endosymbiose zurück, und zwar handelt es sich dabei nicht nur um endosymbiontische Prokaryota, sondern auch um endosymbiontische Eukaryota, woraus man schließt, dass es zu Mehrfachendosymbiosen gekommen ist (mindestens vier-, eventuell sechs- oder achtfach). Dies kann man z. B. aus der Zahl der Membranen, mit denen die Chloroplasten umschlossen werden, und aus teilweise noch vorhandenen Kernresten erkennen. Typisch für den Lebenszyklus vieler Algen ist ein Generationswechsel.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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