Sanctorius Santorio

Leben und Wirken von Santorio Santorio

SANTORIO SANTORIO (SANCTUARIUS) war der Sohn eines hohen venezianischen Beamten. Geboren wurde er 1561 in Cap d'Istria (heute Koper in Kroatien), das damals zur reichen Handels- und Seemacht Venedig gehörte. In der Lagunenstadt genoss er zunächst eine Ausbildung in alten Sprachen und klassischer Literatur, danach wechselte er nach Padua und studierte dort Medizin.

Die Universität Padua galt zu SANTORIOs Zeiten als Hochburg fortschrittlicher Medizin. Hier hatte der flämische Anatom und Chirurg ANDREAS VESAL (1514/15-1564) unterrichtet und HIERONYMUS FABRICIUS AB AQUAPENDENTE (1537-1619) im Jahr 1594 das berühmte anatomische Theater gegründet, in dem öffentliche Sektionen (Leichenöffnungen) durchgeführt wurden. Viele der später führenden Mediziner und Naturforscher zog es nach Padua, so auch WILLIAM HARVEY (1578-1657), den Entdecker des großen Blutkreislaufs.

Nach der Promotion 1582 kehrte SANTORIO an die kroatische Adriaküste zurück, praktizierte hier vierzehn Jahre als Arzt, bevor er sich 1599 mit eigener Praxis in Venedig niederließ. Sein erstes Buch erschien 1602. Es behandelt ärztliche Fehler und stellt Methoden vor, mit deren Hilfe sie vermieden werden können. Aufsehen erregte SANTORIO dabei durch seine eigens entwickelten Instrumente zur Messung physiologischer Größen des Körpers.

SANTORIO war ein Freund und Schüler GALILEO GALILEIs (1564-1642) und bekannt mit den großen Gelehrten seiner Zeit. 1615 berichtete er GALILEI brieflich von seinem Plan, mittels geeigneter Apparate mechanistische Erklärungen für Krankheitszustände zu gewinnen. An diesem Vorhaben arbeitete SANTORIO über 30 Jahre. Er konstruierte u.a. ein Pulszählgerät mit Pendel, verschiedene Thermoskope, später Thermometer sowie eine Stoffwechselwaage. Mit diesen gelangen ihm anerkannte, reproduzierbare Versuche zur Messung von Pulsfrequenz und Körpertemperatur sowie zum Nachweis „unmerklicher Ausdünstungen“ über Haut und Lunge.

Von 1611 bis 1624 unterrichtete SANTORIO als Professor für theoretische Medizin an der Universität Padua. Seine neuer quantifizierender Ansatz und die Ergebnisse seiner Arbeit wurden von seinen Schülern begeistert aufgenommen und in ganz Europa verbreitet. 1614 veröffentlichte er die Schrift „De statica medicina“, in der er seine Experimente und die daraus gewonnenen Erkenntnisse beschrieb. Das Buch wurde in Fachkreisen hoch gelobt und blieb über ein Jahrhundert ein medizinischer Bestseller. 1624 kehrte er nach Venedig zurück, um sich ganz seinen wissenschaftlichen Versuchen zu widmen. Hoch geachtet starb er hier 1636. Sein Schädel wird im Museum der Universität Padua aufbewahrt.

Wissenschaftliche Arbeit - Bedeutung für Medizin und Biologie

Kennzeichnend für die Medizin und Naturforschung der Renaissance war die Hinwendung zu Experimenten und empirischen Untersuchungen, mit denen die im Mittelalter tradierten Lehrsysteme überprüft und korrigiert wurden. Ausgehend von Beobachtung und alltäglicher Erfahrung gewannen dabei induktive Verfahren sowie Versuche an Bedeutung.

Dabei nutzten die biologischen Disziplinen die Erkenntnisse der Mathematik und Physik und versuchten diese auf die belebte Natur anzuwenden. SANTORIOs großes Ziel war es, mittels physikalischer Mittel wie Pendel, Hygro- und Thermometer krankhafte physiologische Vorgänge im Körper zu messen und diagnostisch zu nutzen. Durch seine in der „De statica medicina“ veröffentlichten Versuchsreihen wurde er zum Begründer der Biometrie.

Schon in seinen „Kommentaren zu GALEN“ (1612) erwähnte er ein Glasinstrument, mit dem man die Kälte und Wärme aller Körperteile (...) messen könne. Bis heute ist strittig, ob GALILEI oder SANTORIO das erste Thermometer erfanden. Fest steht allerdings, dass SANTORIO in späteren Schriften eine ganze Kollektion von Thermometern vorstellte. Am bekanntesten ist ein s-förmiges Luftthermometer mit einer Skalierung. Es wurde in den Mund des Patienten eingeführt und diente zum Testen der Fiebergrade beim Menschen.

Auch bei dem von ihm entwickelten Pulszählgerät standen physikalische Erkenntnisse Pate, diesmal die von GALILEI durchgeführten Pendelbeobachtungen (1583). SANTORIOs Pulsilogium bestand aus einem Pendel mit einer Bleikugel. Beim Messen wurde das verlängerbare Pendel auf die Pulsfrequenz des Patienten abgestimmt und dann anhand einer Skala die Pulszahl abgelesen.

Mit seiner „Stoffwechselwaage“ ermittelte er die Differenz zwischen der eingenommenen Nahrungsmenge und der Menge der ausgeschiedenen festen und flüssigen Stoffe. Dabei erkannte er, dass der Körper zusätzlich zu den sichtbaren Stoffen wie Stuhl und Urin einen erheblichen Teil „unmerklicher Ausdünstungen“ über Haut und Lunge abgibt. Diese „unsichtbaren“ Ausscheidungen sah er in ihrer Größe abhängig von verschiedenen Faktoren, so von Klima, Schlaf, Bewegung und auch Alter.

Nicht nur in diesen Zuschreibungen blieb SANTORIO der alten Humoralpathologie (Säftelehre) verbunden, nach der eine körperliche Erkrankung immer auf einem Ungleichgewicht der Körpersäfte beruht. SANTORIO war kein Revolutionär, sondern ein gewissenhafter Mediziner, der nach Möglichkeiten einer genaueren Diagnose suchte und damit ärztliche Fehler ausschließen wollte. Nichtsdestoweniger waren seine Forschungen bahnbrechend für die künftigen Biowissenschaften.

Von den späteren Iatrophysikern, die den Menschen als zwar kompliziertes, aber letztlich mechanisch erklärbares Uhrwerk ansahen, wurde er als Vorläufer verehrt. Seine Leistungen für die Medizin wurden denen WILLIAM HARVEYs (1578-1657) gleichgestellt, der mit seiner Entdeckung des doppelten Blutkreislaufs die alte Blutbewegungslehre GALENs (ca. 129-199 n. Chr.) widerlegte.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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