Ballaststoffe

Bis in die 70er-Jahre hinein war man der Meinung, dass die Nahrungsbestandteile, die unverdaut durch den Magen-Darm-Trakt wandern und dann unverändert wieder ausgeschieden werden, den Körper nur belasten. Daher stammt auch der Name „Ballaststoffe“. Nach umfangreicher Forschung kam man jedoch zu völlig anderen Ergebnissen.

In unseren Nahrungsmitteln kommen Ballaststoffe vor allem in Form folgender Pflanzenfasern vor:

  • Cellulose,
  • Hemicellulose,
  • Pektin und
  • Lignin.

Eine wichtige physikalische Eigenschaft der Ballaststoffe ist das Wasserbindungsvermögen. Man unterscheidet deshalb Fasersubstanzen in Füll- und Quellstoffe. Die nicht quellfähigen Komponenten der Pflanzenfasern (= Füllstoffe) sind hauptsächlich Cellulose und in geringeren Mengen Lignin. Quellfähig dagegen sind Hemicellulose und Pektin.

Vor allem Früchte, Gemüse, Getreidearten und Getreideprodukte enthalten Ballaststoffe, allerdings in recht unterschiedlichen Mengen. Pflanzliche Zellen besitzen, im Gegensatz zu tierischen, eine stärker ausgeprägte Zellwand, die ihr die Gestalt verleiht, sie stabilisiert und für ihre Funktionsfähigkeit unentbehrlich ist. Die eigentlichen Nährsubstanzen (Zucker, Stärke, Fett, Protein) sind im Zellinneren der Pflanze gespeichert, Ballaststoffe oder Pflanzenfasern finden sich als Bausteine der Zellwände.

Wie ballaststoffreich ein pflanzliches Nahrungsmittel ist, ist abhängig vom Gewebeanteil, vom Alter und Reifegrad des Rohprodukts, aber auch von der Art der Weiterverarbeitung.

Ein Getreidekorn z.B. verliert seine wertvollen Ballaststoffe (und die meisten Vitamine und Mineralstoffe), wenn es vor dem Mahlen geschält und entkeimt wird. Daher sind Vollkornmehle ernährungsphysiologisch den feinen, weißen Weizenmehlen überlegen. Diese haben zwar hervorragende Backeigenschaften, aber ihre für den Menschen so wichtigen Bestandteile fehlen jetzt. Bei der Herstellung von „raffiniertem“ Mehl fällt die Kleie an, sie hat mit 40 bis 50 Prozent einen besonders hohen Ballaststoffanteil. Deshalb ist dieses Abfallprodukt entsprechend wertvoll.

Im Durchschnitt nehmen wir täglich ca. 15 g Ballaststoffe zu uns, durch den Verzehr von reichlich frischem Obst und Gemüse sowie Brot aus groben Mehlsorten kann diese Menge auf etwa 30 g steigen.

Einen sehr hohen Ballaststoffgehalt (über 10 %) haben:

  • ganzes Roggenkorn,
  • Weizenkleie,
  • Vollkornmehl (Roggen Type 1800),
  • Knäckebrot mit Ballaststoffzusatz,
  • weiße Bohnen,
  • getrocknete Aprikosen,
  • Pflaumen sowie
  • Feigen, Hagebutten und Passionsfrüchte.

Weizenkleie wird auch als „Diätprodukt“ verkauft. Die Situation ist kurios: Erst essen die Menschen Weißbrot und dann kaufen sie Weizenkleie, die sie in Wasser oder Milch eingeweicht zu sich nehmen, um einer Verstopfung vorzubeugen, anstatt von vornherein Vollkornprodukte zu verzehren.

Da jede pflanzliche Kost Ballaststoffe enthält, sind die Nahrungsmittel am günstigsten, die viel wiegen, aber möglichst wenig Kalorien liefern. Zum Beispiel haben 100 g gekochter Spargel 3 g Ballaststoffe, liefern jedoch nur 20 Kalorien, 100 g Haselnüsse etwa 5 g Ballaststoffe, jedoch 694 (!) Kalorien. Um mit Spargel satt zu werden, ist gut 1 kg notwendig, das dem Körper dann 30 g Ballaststoffe liefert, jedoch nur 200 Kalorien.

Aufgrund ihrer chemischen Struktur nehmen Ballaststoffe Wasser auf und binden es an sich. Dabei kann sich das Volumen des Nahrungsbreies im Magen-Darm-Trakt verzehnfachen. Dies bewirkt einen vermehrten Druck auf die Darminnenwand und die Aktivität der Darmmuskulatur nimmt zu. Der Darm zieht sich in rhythmischen Kontraktionen zusammen und schiebt auf diese Weise den Speisebrei in Richtung Enddarm.

So wird durch eine ballaststoffreiche Ernährung die Passage des Speisebreies durch den Darm beschleunigt. Die Darmmuskulatur wird regelmäßig trainiert, wodurch die Muskelspannung in der Darmwand erhalten bleibt. Das ist wichtig, um der Bildung von Ausstülpungen und „Darmtaschen“ vorzubeugen, in denen sich Nahrungsreste und aggressive Bakterien ansiedeln und entzündliche Krankheiten hervorrufen können.

Ballaststoffe binden außer Wasser auch Fette, Gallensäuren (Cholesterinvorstufen) und giftige Substanzen. Durch die kürzere Passagezeit können schädliche Substanzen, die durch Vergärung und Einwirkung von Darmbakterien entstehen, weniger stark auf die Darmwand einwirken.

Eine ballaststoffreiche Ernährung sättigt wegen des größeren Volumens mehr. Trotz dieses größeren Volumens werden wegen der Unverdaulichkeit eines Teiles der Nahrung weniger Kalorien zugeführt.

Im Allgemeinen gilt, dass die heutige Ernährung ballaststoffärmer ist als zu früheren Zeiten. Ein genauer Bedarf kann nicht angegeben werden. Die wünschenswerte Zufuhr liegt bei ca. 25 g am Tag. Bei normaler, ausgewogener Ernährung kann es auch zu keiner „Überdosierung“ von Ballaststoffen mit schädlichen Nebenwirkungen kommen. Anders dagegen können spezielle Ballaststoffpräparate wirken, wenn sie in hohen Mengen genommen werden. Sie entziehen durch die hohe Wasserbindung dem Körper das Wasser und auch die darin gelösten Mineralien. Manche Ballaststoffe verbinden sich mit Mineralien zu einem Komplex, sodass die Mineralien im Darm nicht genügend vom Körper aufgenommen werden können. Wenn man Ballaststoffpräparate verwendet, muss man auf eine hohe Flüssigkeitszufuhr achten. Lieber zu viel als zu wenig trinken, denn bei zu niedriger Wasserzufuhr können Ballaststoffe auch genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie bewirken sollen: Es kommt zur Verstopfung. Dieser Effekt kann dann wiederum bei Durchfällen genutzt werden.

Ballaststoffreiche Nahrungsmittel sind in der Regel pflanzlichen Ursprungs. Je weniger ein Nahrungsmittel be- oder verarbeitet ist, desto höher ist sein Ballaststoffanteil und desto vollwertiger ist es. Geschältes und gekochtes Obst beispielsweise besitzt einen wesentlich geringeren Ballaststoffanteil als frisches, ungeschältes.

Es ist empfehlenswert, sich au f eine frische Vollwertkost umzustellen, in der täglich Vollkornprodukte, Gemüse, Rohkost, Salate und Obst auf der Speisekarte stehen. Auf diese Weise sind die nötige Ballaststoffzufuhr und eine geregelte Verdauungstätigkeit mit den beschriebenen positiven Effekten gesichert.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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