Einsiedlerkrebse

Einordnung

Meeresbewohner, die in einem leeren Schneckenhaus leben und sich damit im Sand eingraben oder an Rifffelsen herumkrabbeln, sind der Familie Paguridae (Einsiedlerkrebse) zuzuordnen. Nach neusten Erkenntnissen gehen einige Forscher davon aus, dass es zwei Familien gibt. Sie gehören dem Stamm Arthropoda (Gliederfüßer) und dem Unterstamm Crustacea (Krebse) an. Krebstiere gibt es seit ca. 600 Millionen Jahren (Erdaltertum) und heute sind etwa 32 000 Arten bekannt. Der Einsiedlerkrebs wird, wie auch Hummer, Krabbe, Garnele und Flusskrebs, der Ordnung Decapoda (Zehnfußkrebse) zugeordnet. Ein Großteil der Einsiedlerkrebse gehört auch der Unterordnung Reptantia (Ritterkrebse) an.

Lebensweise

Die Einsiedlerkrebse leben in fast allen Meeren und zeichnen sich durch ein besonderes Merkmal aus: Sie wohnen in leeren Schneckenhäusern. Trotzdem sind sie mobil und klettern mit ihrer Last sogar auf Rifffelsen herum, auf der Suche nach Nahrung. Hauptsächlich vertilgen sie Plankton und Algen, etwas größere Arten ernähren sich auch von Kleinstlebewesen. Um sich vor Fressfeinden wie dem Tintenfisch zu schützen, verstecken sie sich unter Steinen, in Felsspalten oder vergraben sich im Sandboden.

Da ihr Hinterleib nicht von einem Panzer geschützt ist, verankern sie ihn zum Schutz vor Feinden mit einer Art „Fuß“, der sich in der Evolution ausgebildet hat, in einem leeren Schneckenhaus. Das Schneckenhaus ist vom Krebs so gewählt, dass er sich bei Gefahr in sein Haus zurückziehen kann.

Entwicklung und Bau

Die Einsiedlerkrebse durchlaufen eine Reihe planktonischer Larvenstadien. Nach der Metamorphose zum Jungkrebs leben sie auf dem Meeresboden und können nicht mehr schwimmen. Von den 550 Arten, die bis heute bekannt sind, gibt es sowohl nacht- als auch tagaktive Vertreter. Die größten Arten können
15 cm lang werden. Der risikoreichste Schritt im Leben eines Einsiedlerkrebses nach seinem Larvenstadium ist der Wechsel in ein anderes Schneckenhaus. Dies ist nötig, da der Krebs wächst und sich häutet und so regelmäßig neue, immer etwas größere Unterkünfte braucht. Auch wenn der Krebs zu diesen Schritten gezwungen ist, versucht er die schutzlose Zeit ohne Haus so kurz wie möglich zu halten. Das Häuten und der Umzug finden deshalb nur dann statt, wenn der Krebs schon eine neue passende Unterkunft gefunden hat. So kann der Krebs diesen Vorgang auf wenige Sekunden verkürzen.

Die Fortpflanzung erfolgt geschlechtlich. Das Weibchen erhält den Samenbehälter vom Männchen. Dazu muss es das Gehäuse kurz verlassen. Es heftet den Samenbehälter an ihren Hinterleib. Aus den Eiern schlüpfen dann Larven, die im freien Wasser leben. Bis zum fertigen Krebs machen diese noch mehrere Larvenstadien durch.

Der Körper des Einsiedlerkrebses ist wie bei allen Krebstieren gegliedert, jedoch sind die Segmente ungleich. Eindeutig lassen sich Kopf, Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen) unterscheiden. Die Chitin-Kutikula, die durch Einlagerung von Proteinen und Kalksalzen sehr fest ist, bildet das Außenskelett. Dieses fehlt auf dem Hinterleib des Einsiedlerkrebses. Ursprünglich trägt jedes Körpersegment ein Paar gegliederter Gliedmaßen, welche aber sehr unterschiedlich sind. So sind z. B. Scheren, Beine, Mundwerkzeuge und Antennen alles Gliedmaßen mit differenziertem Bau und Funktion. Wie alle anderen Krebsarten besitzen Einsiedlerkrebse ein segmental gegliedertes Strickleiternervensystem.

Besonderheiten

Das nützliche Zusammenleben mit Seeanemonen ist die Besonderheit einiger Einsiedlerkrebsarten. Die zur Gattung der Korallentiere gehörenden Seeanemonen sitzen auf dem Schneckenhaus und schützen den Krebs mit ihren Tentakeln vor Fressfeinden. Die sich im Wasser so anmutig bewegenden Tentakelkränze der Seeanemonen sind mit unzähligen mörderisch wirkenden Nesselkapseln bestückt, die kleineren Beutetieren den Garaus machen, aber auch Angreifer sehr effektiv abwehren. Die nicht zu eigenständiger Bewegung fähige Seeanemone wiederum profitiert von der Mobilität des Krebses, indem sie in nährstoffreichere Regionen des Wassers mitgeschleppt wird und somit ihren Aktionsradius für den Beutefang vergrößern kann. Außerdem fällt auch von der Einsiedlerkrebsmahlzeit des Öfteren mal ein Happen für sie ab. Dies ist ein klassisches Symbiose-Beispiel der Natur, welches in unterschiedlichsten Erscheinungsformen auftritt, z. B.:

  • An der englischen Küste klettert die Anemonenart Caliactis parasitica selbst auf das Schneckenhaus, ohne die Hilfe des Einsiedlerkrebses (Eupagurus bernhardus).
  • Im Mittelmeer kann die gleiche Anemonenart nur mithilfe des Krebses (Pagurus arrosor) auf die Schale des Schneckenhauses gelangen. Wenn er umzieht, wird die Seeanemone durch Beklopfen, Streicheln und Zupacken an der Fußscheibe vom alten Haus gelöst und vorsichtig an das neue angedrückt.
  • Auch andere Krebsarten pflanzen sich die Anemonen selbst auf ihr Haus und nehmen diese beim Umzug mit. Mit typischen Verhaltensmustern seiner Scherenbewegung löst der Krebs die Anemone von dem alten Haus und „pflanzt“ sie um.

Ausnahmen

Aber nicht alle Einsiedlerkrebsarten leben im Meer. In den Tropen haben einige den Sprung an Land geschafft. Nach der Larvalentwicklung im Meer reduzieren sich die Kiemen zu einer Kiemenhöhle, welche als eine Art Lunge genutzt wird. Der Carapax (Hautschild, das, vom Segment der 2. Maxillen ausgehend, an den Körperseiten und nach hinten auswächst und so eine Art Schutzschild oder Schale bildet) schützt die Kiemenhöhle vor dem Austrocknen, sodass ein Leben an Land, jedoch in feuchter Umgebung, möglich ist.

Bestes Beispiel dafür ist der „Palmendieb“ (Birgus latro). Der Palmendieb, auch als Diebskrabbe oder Kokoskrebs bezeichnet, ist der größte Vertreter der Landeinsiedlerkrebse und vermutlich auch der am besten ans Landleben angepasste. Er wird bis zu
30 cm lang und lebt auf den Inseln des westindopazifischen Raums. Sind die Inseln menschenleer, ist der Palmendieb tagaktiv. Wenn Menschen auf den Inseln leben und stören, geht er erst nachts auf Beutesuche. Er ist ein echter Allesfresser, der Aas verzehrt, andere Landkrabben jagt und Früchte einschließlich denen der Kokospalme aufsammelt oder aber selbst von den Bäumen holt. Die Tiere sind tatsächlich in der Lage bis zu 20 m hoch zu klettern, aber nur die ganz großen Vertreter sind dazu fähig, die Kokosnüsse zu öffnen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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