- Lexikon
- Chemie Abitur
- 8 Anorganische und Komplexchemie
- 8.2 Eigenschaften der Nebengruppenelemente
- 8.2.3 Nanotechnologie
- Der Hochofenprozess – Herstellung von Eisen und Stahl
Eisen kommt auf der Erde nicht elementar vor, sondern nur in Form seiner Oxide und Sulfide in den Eisenerzen. Lange Zeit war es den Menschen nur aus Meteoriten bekannt, in denen es elementar enthalten ist. Man geht davon aus, dass Meteoriteneisen genutzt wurde, lange bevor Eisen aus seinen Erzen gewonnen werden konnte, was sich anhand von Grabbeigaben belegen lässt.
Im Folgenden sind einige wichtige Daten angegeben, die einen Überblick über die Nutzung von Eisen geben:
um 4000 v. Chr. | Eisen aus Meteoriten wird in Ägypten zu Schmuck verarbeitet. |
um 2200 v. Chr. | Beigaben von Eisengegenständen in einem Fürstengrab in der Türkei |
1400 v. Chr. | Die Hethiter in Kleinasien entwickeln die Eisenverhüttung und gewinnen erstmals Eisen aus Eisenerzen. |
ab 1200 v. Chr. | Kenntnisse der Eisenverarbeitung verbreiten sich von Kleinasien aus. |
ca. 800 v. Chr. | Beginn der Eisenzeit in Europa |
Ausgangsstoffe für die technische Roheisengewinnung im Hochofen sind Eisenerze (Bild 2), und zwar hauptsächlich diejenigen, die Eisenoxide enthalten. Sulfidische Erze müssen vor dem Verhütten im Hochofen erst geröstet werden.
Um die Eisenoxide zu reduzieren, wird ein Reduktionsmittel benötigt, das in größeren Mengen zur Verfügung steht oder preiswert erzeugt werden kann. Ein Reduktionsmittel, das hohe Kosten verursacht, ist für die großtechnische Anwendung nicht geeignet.
Die erforderlichen Kriterien werden von Kohlenstoff bzw. Kohlenstoffmonooxid erfüllt, weswegen Koks eingesetzt wird. Der darin enthaltene Kohlenstoff wirkt reduzierend, und außerdem entsteht im Hochofen aus Koks Kohlenstoffmonooxid, das im Wesentlichen die Eisenoxide reduziert, also als Reduktionsmittel wirkt.
Das Eisenerz enthält u.a. silicatische Gesteine als Begleitstoff (Gangart). Um diese gut aus dem Hochofen ausschleusen zu können, werden Zuschläge (z. B. Kalkstein) beigemischt, die dann dünnflüssige Calciumsilicate als Schlacke bilden.
Wichtige Eisenerze
Der Hochofen (Bild 3) wird von oben mit Eisenerz, Koks und Zuschlägen (u.a. Kalkstein) so beschickt, dass sich im Hochofen Schichten von Koks und Eisenerz abwechseln. Die Luft, die den ebenfalls notwendigen Sauerstoff enthält, wird vorgewärmt und von unten eingeblasen. Sie steigt nach oben, während die oben eingefüllten Feststoffe nach unten sinken, es entsteht also ein stofflicher Gegenstrom, der für eine gute Durchmischung der Ausgangsstoffe sorgt. Im Zusammenhang damit steht der thermische Gegenstrom.
Der Hochofen lässt sich in mehrere Abschnitte einteilen, in denen bei unterschiedlichen Temperaturen unterschiedliche Reaktionen ablaufen (Bild 4).
Die Temperatur im Hochofen nimmt von oben nach unten zu, weil der unten eingeblasene Luftsauerstoff mit Koks in einer stark exothermen Reaktion zu Kohlenstoffdioxid reagiert. Diese Reaktion liefert die notwendige thermische Energie für den Ablauf des Hochofenprozesses. Unten im Hochofen entstehen Temperaturen von ca. 2000 °C.
Für den Ablauf des Hochofenprozesses sind hohe Temperaturen erforderlich. Die hierfür notwendige Energie muss im Ofen selbst erzeugt werden, da er aufgrund seiner Größe nicht von außen beheizt werden kann. Die Reaktion von Koks mit Sauerstoff liefert diese Energie, die benötigt wird, damit Schlacke und Eisen schmelzen und die Reduktion des Eisens stattfinden kann.
Das entstandene Kohlenstoffdioxid reagiert sofort in einer endothermen chemischen Reaktion mit weiterem Kohlenstoff aus dem Koks zu Kohlenstoffmonooxid. Es handelt sich dabei um eine Komproportionierung, d. h. Kohlenstoffmonooxid ist bei der Reaktion sowohl Produkt einer Oxidation als auch einer Reduktion.
Aufbau eines Hochofens
Übersicht über die Vorgänge im Hochofen
Diese Reaktion ist eine Gleichgewichtsreaktion, an der sich die Temperaturabhängigkeit gut zeigen lässt. Bei niedrigen Temperaturen (bis ca. 800 °C) liegt das Gleichgewicht auf der linken Seite, bei höheren Temperaturen auf der rechten Seite. Nach ihrem Entdecker wird sie Boudouard-Gleichgewicht genannt.
Kohlenstoffmonooxid ist das wesentliche Reduktionsmittel im Hochofenprozess. Es reduziert in einer schwach exothermen chemischen Reaktion die Eisenoxide, wobei Roheisen entsteht. Das entstehende Kohlenstoffdioxid reagiert gemäß dem Boudouard-Gleichgewicht mit Koks zu Kohlenstoffmonooxid.
Neben Kohlenstoffmonooxid wirkt an den Schichtgrenzen auch Kohlenstoff als Reduktionsmittel.
Das entstehende Roheisen ist flüssig und sammelt sich unten im Hochofen, wo es in regelmäßigen Abständen abgestochen wird. Oberhalb des Abstichs für das Roheisen liegt der Abstich für die ebenfalls flüssige Hochofenschlacke. Diese besteht hauptsächlich aus Calciumsilicaten, die aus der Gangart und den Zuschlägen entstanden sind. Die Schlacke schwimmt auf dem Roheisen, da sie eine geringere Dichte hat und verhindert somit die Oxidation des Roheisens durch die eingeblasene Luft. Sie wird kontinuierlich abgestochen.
Der Abstich des Roheisens erfolgt diskontinuierlich in regelmäßigen Abständen, der Hochofen selbst arbeitet hingegen in kontinuierlicher Arbeitsweise, d. h. ohne Unterbrechungen.
Die gasförmigen Produkte des Hochofenprozesses werden Gichtgas genannt und entweichen über die Gicht am oberen Ende des Hochofens. Es handelt sich um ein Stoffgemisch aus ca. 55 % Stickstoff, ca. 15 % Kohlenstoffdioxid, ca. 30 % Kohlenstoffmonooxid und bis zu 4 % Wasserstoff. Genutzt wird es zur Erzeugung von thermischer Energie.
Das Roheisen besteht zu 90 % aus Eisen und enthält bis zu 4 % Kohlenstoff sowie Phosphor, Schwefel, Mangan und Silicium.
Entsprechend seiner Zusammensetzung wird zwischen grauem und weißem Roheisen unterschieden (Bild 6).
Die Begleitelemente setzen den Schmelzpunkt des Eisens von 1539 auf etwa 1200 °C herab und erleichtern dadurch den Hochofenbetrieb. Weiterhin beeinflussen die Begleitelemente die Produkteigenschaften des Roheisens.
Durch den Gehalt an Kohlenstoff wird die Festigkeit erhöht, die Härte gesteigert, die Schmelztemperatur erniedrigt und die Dehnbarkeit vermindert. Schwefel macht Roheisen dickflüssig, es ist im erhitzten Zustand leicht brüchig. Phosphorhaltiges Roheisen ist in der Schmelze dünnflüssig, in der Kälte besonders brüchig und hart. Durch Silicium wird die Gießbarkeit erhöht und das Abscheiden des Kohlenstoffs als Grafit begünstigt. Der Mangangehalt beeinflusst die Festigkeit, Zähigkeit und Härtbarkeit des Eisens.
Zusammensetzung von grauem und weißem Roheisen
Durch den niedrigen Schmelzpunkt von 1200 °C lässt sich Roheisen als Gusseisen verarbeiten. Dieses ist aber sehr spröde und nicht schmiedbar, weil es 2-4 % Kohlenstoff und andere Beimengungen enthält. Erst wenn ein Teil von ihnen aus dem Eisen entfernt ist, wird es als Stahl elastisch und schmiedbar.
Unlegierter Stahl ist Eisen, das andere Elemente nur in Spuren enthält. Wesentlich ist, dass Stahl einen Kohlenstoffanteil von maximal 2,1 % enthält. Dadurch wird er hart, elastisch und schlagfest. Er lässt sich gießen, schmieden, pressen und walzen. Durch Zusatz von Mangan, Nickel, Chrom, Wolfram und anderen Stoffen können die Eigenschaften beeinflusst werden, es entstehen legierte Stähle. Heute sind über 1000 verschiedene Arten von Stahl bekannt.
Die Verminderung des Gehalts an Begleitelementen wird in der Technik als Frischen bezeichnet. Beim Frischen des Roheisens findet die Oxidation der Begleitelemente statt. Der dazu erforderliche Sauerstoff stammt aus der Luft und aus Schrott, der zum Roheisen hinzugefügt wird, bzw. wird reiner Sauerstoff, der durch Luftverflüssigung gewonnen wird, zugeführt.
Die Stahlherstellung erfolgt im Konverter nach dem Sauerstoff-Aufblasverfahren (Linz-Donawitz-Verfahren) und im Elektroofen nach dem Elektrostahl-Verfahren.
Beim Sauerstoff-Aufblasverfahren wird im Konverter Luft oder reiner Sauerstoff durch eine Blaslanze auf die Schmelze aufgeblasen. Der Sauerstoff im Roheisen führt zur schnellen Oxidation der Begleitelemente. Zur Kühlung des Reaktionsgemisches wird Schrott hinzugegeben, der auf diese Weise recycelt wird.
Es laufen u. a. folgende Vorgänge ab:
Die Oxide der Begleitelemente sind als Gase entweder Bestandteil der Abgase oder sie bilden als Feststoffe zusammen mit den Zuschlägen die Schlacke. Der Konverter liefert unlegierten Stahl.
Beim Elektrostahl-Verfahren, das im Elektroofen durchgeführt wird, ist es möglich, durch Zusätze Legierungen bestimmter Zusammensetzung zu gewinnen und dadurch hochwertige Spezialstähle herzustellen. Hierbei wird als Ausgangsmaterial häufig nicht Roheisen, sondern Schrott oder eine Mischung von beidem eingesetzt. Das Metall wird durch einen Lichtbogen, der zwischen Grafitelektroden und dem Metall erzeugt wird, geschmolzen. Anschließend werden verschiedene andere Metalle, z. B. Chrom, Nickel, Mangan, Titan, Zirkonium oder Vanadium als Legierungsbestandteile hinzugefügt. Der beim Zusammenschmelzen entstehende Stahl wird als legierter Stahl bezeichnet, wenn die Legierungsbestandteile maximal 5 % ausmachen, liegen sie darüber, heißt er hochlegierter Stahl.
Im Elektroofen lassen sich Edelstähle höchster Qualität für verschiedenste spezielle Einsatzgebiete herstellen, u. a. rostsichere Stähle.
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