- Lexikon
- Chemie Abitur
- 1 Die Chemie eine Naturwissenschaft
- 1.2 Denk- und Arbeitsweisen in der Chemie
- 1.2.3 Erkenntnisgewinn in der Chemie
- Geistige Tätigkeiten in der Chemie
In der Wissenschaft Chemie und im Chemieunterricht gibt es eine Reihe von Tätigkeiten, die immer wieder durchgeführt werden und die für die Chemie charakteristisch sind. Dazu gehören:
Chemische Begriffe und Größen als spezielle Begriffe sind erforderlich, um Sachverhalte fachsprachlich angemessen beschreiben und quantitativ charakterisieren zu können. Wenn man z. B. die Temperatur eines Körpers beschreiben will, so reicht es nicht aus anzugeben, ob er warm, lauwarm, kalt oder sehr kalt ist. Man muss die Temperatur schon exakt quantitativ angeben können, um den Zustand des Körpers zu beschreiben.
Das Erkennen von Gesetzen in der Natur ist eines der wichtigsten Ziele chemischer Forschung. Es ist ein äußerst komplexer und in der Regel langwieriger Prozess, der häufig von Irrtümern begleitet war und ist. Trotzdem lassen sich charakteristische Schritte nennen, die dabei gegangen werden.
Das Anwenden von Gesetzen zum Lösen von Aufgaben, zum Erklären von Naturerscheinungen und zum Voraussagen von Ereignissen sowie zum Konstruieren technischer Geräte und Anlagen ist ebenfalls durch bestimmte Schritte charakterisiert, die durchlaufen werden müssen.
Vor allem im Zusammenhang mit dem Erkennen und Anwenden von Gesetzen, mit dem Festlegen von Begriffen, dem Arbeiten mit Größen und dem Lösen von Aufgaben und Problemen treten eine Reihe von Tätigkeiten auf, die immer wieder durchzuführen sind. Zu diesen für die Chemie charakteristische Tätigkeiten gehören das Beobachten, Beschreiben, Vergleichen, Klassifizieren, Experimentieren, Messen, Erklären, Voraussagen, Erläutern, Begründen und Interpretieren.
Diese Tätigkeiten bedingen sich meist gegenseitig.
Das Beobachten ist eine Erkenntnistätigkeit und wird systematisch unter Berücksichtigung des Forschungsvorhabens geplant. Dabei werden sinnliche Wahrnehmungen erfasst, gedeutet und festgehalten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ablaufen. So können Erkenntnisse über unsere Umwelt gewonnen werden. Die während der Beobachtung aufgezeichneten Ergebnisse werden hinterher ausgewertet.
Auch das Beschreiben ist eine Erkenntnistätigkeit. Beim Beschreiben wird mit sprachlichen Mitteln zusammenhängend, umfassend und logisch geordnet möglichst klar dargestellt, wie ein Objekt, ein Phänomen oder ein Prozess in der Natur beschaffen ist oder abläuft. Z. B. welche Merkmale ein chemisches Element aufweist, wie ein chemischer Vorgang verläuft. Dabei werden in der Regel äußerlich wahrnehmbare Merkmale dargestellt. Man beschränkt sich meist nur auf Aussagen über die wesentlichen Eigenschaften eines Objekts oder einer Erscheinung. In der Homologieforschung wird hauptsächlich Beschreibend gearbeitet. Eine reine Beschreibung darf keine Vermutungen, Erklärungen oder emotionale Begriffe enthalten. Die Beschreibung kann durch grafische Darstellungen anschaulich gemacht werden. Beim wissenschaftlichen Zeichnen müssen die Dinge in einfachen Strukturen so gezeichnet werden wie sie wirklich gesehen wurden, d. h. die Form, die Lage- und die Größenverhältnisse müssen richtig darstellt werden. Ausschmückungen sind nicht erlaubt.
Vergleichen ist ebenfalls eine Erkenntnistätigkeit. Dabei werden Gemeinsamkeiten oder Unterschiede bzw. Ähnlichkeiten von zwei oder mehreren Vergleichsobjekten, Erscheinungen, Aussagen oder chemischen Vorgängen ermittelt und dargestellt. Das Vergleichen erfolgt immer unter einem vorher bestimmten Aspekt mit der Wahl geeigneter Kriterien und mit dem Ziel Folgerungen daraus zu formulieren.
Klassifizieren ist eine Erkenntnistätigkeit, wobei verschiedene Objekte und Vorgänge aufgrund gemeinsamer und unterscheidender Eigenschaften geordnet, zusammengefasst und beschrieben werden. Alle Objekte oder Vorgänge, die gemeinsame Merkmale besitzen, werden zu einer Gruppe zusammengefasst. Dazu ist ein Vergleich dieser hinsichtlich der betrachteten Eigenschaften erforderlich. Die Gruppen werden benannt und mit bestimmten Begriffen gekennzeichnet. Es entstehen Begriffssysteme.
Eine der häufigsten Tätigkeiten in der Chemie ist das Experimentieren . Experimentieren ist eine sehr komplexe Tätigkeit, die viele Einzeltätigkeiten umfasst. Experimente werden mit dem Ziel durchgeführt, Zusammenhänge und naturwissenschaftliche Gesetze zu erkennen bzw. theoretische Überlegungen und Voraussagen unter ausgewählten, kontrollierten, wiederholbaren und veränderbaren Bedingungen zu überprüfen. Das Ziel eines Experimentes besteht somit darin, eine Frage an die Natur zu beantworten. In der Chemie werden Experimente häufig durchgeführt, um Stoffumwandlungen zu untersuchen und dabei bestimmte Stoffe zu gewinnen und nachzuweisen (z. B. mit speziellen Nachweisreaktionen). Außerdem werden häufig energetische Erscheinungen bei chemischen Reaktionen untersucht. Mit Experimenten werden außerdem Zusammenhänge zwischen Größen untersucht oder Natur- und Stoffkonstanten bestimmt.
Im Versuchsprotokoll werden auch exakte Beschreibungen von Geräten, Methoden, Techniken und Vorgängen gemacht, zudem enthält es jedoch auch noch die Formulierung von Überlegungen, Interpretationen und Schlussfolgerungen.
Um Eigenschaften von Stoffen oder Reaktionsbedingungen quantitativ genau beschreiben zu können, müssen Messwerte genommen werden. Dazu werden bestimmete Größen wie Temperatur und Gewicht verwendet. Gewonnene Ergebnisse, Messdaten und Erkenntnisse werden berechnet, dargestellt, und interpretiert. Dabei muss man auch mögliche Fehler (Fehlerberechnung bei Messwerten, Fehlerbetrachtung) berücksichtigen, die sich aus der Versuchsanordnung oder den Umständen der Messung ergeben können. Durch Extrapolieren (Fortführung einer linearen Messreihe) können weitere Werte ermittelt werden. Beim Extrapolieren nutzt man eine aus gewonnenen Daten erlangte Regel, um weiter Werte vorauszusagen. Diese Regel sollte aber genau überprüft und beurteilt werden. Ziel der Auswertung ist die Formulierung von Schlussfolgerungen in Bezug auf die aufgestellte Hypothese.
Interpretieren ist eine Tätigkeit, die eng mit der Auswertung von Beobachtungen und Experimenten verbunden ist. Beim Interpretieren wird einem Ergebnis oder einer neu gewonnenen Erkenntnis eine auf die Natur bezogene inhaltliche Bedeutung gegeben. Dabei werden die Ergebnisse eines Sachverhaltes in einem bestimmten Zusammenhang betrachtet, analysiert und gedeutet. In der Chemie gemessene Werte werden häufig in Form von Diagrammen dargestellt und deren Inhalte durch Interpretation gedeutet.
Erklären ist eine Tätigkeit, die eng mit Gesetzen und Modellen verbunden ist. Beim Erklären wird geordnet und zusammenhängend dargestellt, warum eine Erscheinung in der Natur so und nicht anders auftritt. Die Erscheinung wird auf das Wirken von Gesetzen zurückgeführt, indem man darstellt, dass die Wirkungsbedingungen bestimmter Gesetze in der Erscheinung vorliegen. Dabei werden Ursachen der zugrunde liegenden Gesetze und Zusammenhänge aufgedeckt. Die Frage nach dem „Warum“ und „Wozu“ wird beantwortet.
Erklären darf nicht mit dem Begründen verwechselt werden. Erklärt werden Sachverhalte, begründet werden Aussagen. Während beim Erklären immer auf Gesetze und Modelle zurückgegriffen wird, können Begründungen objektiv oder subjektiv sein.
Voraussagen ist eine Tätigkeit, die eng mit der Anwendung von Gesetzen und Modellen verbunden ist. Beim Voraussagen wird auf der Grundlage von Gesetzen oder Modellen unter Berücksichtigung der gegebenen Bedingungen eine Folgerung in Bezug auf eine Erscheinung abgeleitet und zusammenhängend dargestellt.
Eine wissenschaftliche Voraussage oder Prognose stützt sich immer auf Gesetze oder Modelle und hat nichts mit Spekulationen zu tun. Der Wahrheitswert einer Voraussage kann trotzdem unterschiedlich sein. Wird die Voraussage auf der Grundlage eines vielfach bestätigten Gesetzes getroffen und sind alle Wirkungsbedingungen bekannt, so ist die Voraussage mit hoher Wahrscheinlichkeit wahr. Sind dagegen die zugrunde liegenden Gesetze komplex und nicht alle Wirkungsbedingungen und Einflussfaktoren bekannt, so kann die Voraussage auch unsicher sein.
Grundlage des chemischen Forschungsprozesses ist die Entwicklung von Hypothesen , die durch geistige oder praktische Tätigkeiten (Vergleichen, Experimentieren, usw.) bewiesen oder widerlegt werden und damit zu neuen Erkenntnissen führen.
Eine Hypothese ist eine Annahme, die auf wissenschaftlichen Regeln, Gesetzen, bestehenden Erkenntnissen oder Modellen begründet ist.
Wissenschaftliche Hypothesen sind stets so formuliert, dass Folgerungen aus ihnen durch Beobachtungen oder Experimente sinnvoll, überprüfbar und auch widerlegbar sind.
Definieren ist eine Tätigkeit, die eng mit chemischen Fachbegriffen und naturwissenschaftlichen Größen verbunden ist. Durch Definieren wird ein Begriff durch die Festlegung wesentlicher, gemeinsamer Merkmale eindeutig bestimmt und von anderen Begriffen unterschieden. Dazu werden meist ein Oberbegriff und die dazugehörigen Merkmale angegeben. Wichtig ist dabei, dass eine Definition eindeutig und zweckmäßig sein muss und nicht im Widerspruch zu anderen Festlegungen stehen darf. Dies ist Grundlage für die wissenschaftliche Kommunikation und vermeidet Missverständnisse.
Beim Erläutern wird versucht einer anderen Person einen naturwissenschaftlichen Sachverhalt, z. B. Vorgänge, Begriffe, Gesetze oder Arbeits- und Denkweisen, meist an Beispielen verständlich und anschaulich oder begreifbar zu machen.
Begründen ist eine sprachlich-kommunikativ orientierte Tätigkeit, wobei Ursache und Wirkung eines chemischen Phänomens zueinander in Beziehung gebracht wird. Beim Begründen wird ein Nachweis geführt, das eine Aussage richtig oder zweckmäßig ist. Dazu müssen Argumente, z. B. Beobachtungen, Gesetze und Eigenschaften von Objekten angeführt werden.
Im Unterschied zum Erklären werden stets Aussagen begründet. Während beim Erklären immer auf Gesetze oder Modelle zurückgegriffen wird, kann Begründen objektiv (gestützt auf Gesetze, Modelle oder wissenschaftliche Fakten) oder subjektiv (Meinung der begründenden Person) sein.
Die Darstellung ist eine umfassende und eingehende Wiedergabe eines Sachverhaltes mithilfe von Texten, Diagrammen, Skizzen, Schemata und Tabellen. Die Art der Darstellung muss die Aufgabenstellung wiederspiegeln und den Sachverhalt klar und anschaulich ausführen. Daher ist die richtige Wahl der Darstellungsform sehr wichtig. Darstellungen werden meist genutzt um Sachverhalte anderen Personen ausdrucksvoll und gut erkennbar vorzustellen. Die Präsentation von Sachverhalten kann in schriftlicher (z. B. Publikation) oder mündlicher (z. B. Vortrag, Referat) Form erfolgen. Sie dient der allgemeinen Wissenserweiterung.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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