Pharmazeutische Analytik

Die pharmazeutische Analytik ist die erste wichtige Prüfung eines Wirkstoffes nach seiner Herstellung im Rahmen der umfangreichen Qualitätssicherung von Arzneimitteln. Sie untersucht nicht nur die Reinheit, die Qualität und den Gehalt der Wirkstoffe sondern auch die aller Verbindungen, die an der Herstellung eines Arzneimittels beteiligt sind. Dazu gehören alle Hilfsstoffe, die sowohl die Wirkung eines Arzneimittels unterstützen, als auch die, die für die unterschiedlichen Verabreichungsformen und für das Verpackungs- material eingesetzt werden. Ebenso unterliegen die verschiedenen Verfahrensschritte innerhalb der Herstellungsprozesse, die benutzten Geräte und das nahe Umfeld der analytischen Prüfung.

Auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes werden bei der pharmazeutisch-chemischen Analytik die gängigen qualitativen Tests im Sinne der Erkennung und Ausschließung von Elementen, Atomen und funktionellen Gruppen durchgeführt. Die in diesem Stadium ermittelten Ergebnisse werden während der pharmazeutisch-instrumentelle Analytik auf hohem, international einheitlichem Standard detailliert nochmals überprüft und in Abhängigkeit der jeweiligen Fragestellungen (Quantität, Stereochemie) weiteren analytischen Verfahren ausgesetzt. Es handelt sich hierbei um Präzisionsuntersuchungen mit modernster Technik und hochspezifischen Nachweisreagenzien.
Voraussetzung für den Zugang der nächsten, gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung ist das erfolgreiche Bestehen aller analytischen Anforderungen.

Zulassung

Unter dem Begriff Arzneimittel werden sowohl Wirkstoffe zur Heilung, Linderung oder Vorbeugung von Krankheiten (Medikamente) als auch die Nachweisstoffe zu ihrer Erkennung,
die Diagnostika, erfasst.
Auf dem Weg zur Zulassung eines Arzneimittels in Deutschland müssen viele Prüfungen auf den gesetzlichen Grundlagen des Arzneimittelgesetzes durchgeführt und nachweisbar dokumentiert werden. Mit Erteilung der Zulassung darf ein Arzneimittel in den Handel gelangen. Die Zulassung erfolgt durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, einer selbständigen Bundesoberbehörde des Ministeriums für Gesundheit und Soziales.

Die pharmazeutische Analytik unterteilt sich in die pharmazeutisch-chemische Analytik und in die pharmazeutisch-instrumentelle Analytik.

Die pharmazeutisch-chemische Analytik

Die pharmazeutisch-chemischen Analytik gliedert sich in die qualitative und die quantitative Analyse. Die qualitative Analyse untersucht die Reinheit von Stoffen (chemische Verbindungen, Elemente) und Gemischen (z. B. Lösungen, Emulsionen) ohne auf die jeweiligen Mengen einzugehen. Mit gängigen chemischen und pharmazeutischen Trenn- und Messverfahren werden sowohl Kristallformen, die Farben, die Beschaffenheit als auch charakteristische physikalische Eigenschaften wie die Schmelz-, Siede-, Flamm- und Gefrierpunkte, die Löslichkeit und der Dampfdruck geprüft.
Außerdem ist es bei Wirkstoffen wichtig, den Erhalt von funktionellen Gruppen zu kontrollieren, da diese sehr oft wirkungsrelevant sind. Beispielsweise kann eine Aldehydgruppe im Wirkstoffmolekül durch Tollens- Reagenz (ammoniakalische Silbernitratlösung) oder Nylanders-Reagenz (Bismut(III)-nitrat) auf einfache Art nachgewiesen werden. Sind Aldehyde vorhanden, setzen diese als starke Reduktionsmittel elementares Silber und Bismut frei. Unabhängig von ihrer Redunktionswirkung kann der Nachweis auf Aldehyde aber auch durch Violettfärbung von fuchsinschwefliger Lösung (Schiffs-Reagenz) erfolgen.

In Voruntersuchungen zeigt sich bereits das Vorhandensein von Schadstoffen, wie z. B. von Schwermetallen.

Die quantitative Analyse gibt Auskunft über die vorhandenen Mengen der verschiedenen Stoffe eines Wirkstoffes. Dafür eignen sich die Volumetrie und Gravimetrie. Die physikalische Verfahren zur Messung der Konzentrationen oder Massen sind die Kolorimetrie, die Polarografie sowie die Messung von absorbiertem Licht und der elektrischen Ladung von Ionen.

Die pharmazeutische- instrumentelle Analytik

Eine wesentlich größere Bedeutung wird aber heute der pharmazeutisch-instrumentellen Analytik beigemessen. Sie ist im letzten Jahrzehnt zu dem wesentlichen Meilenstein der pharmazeutischen Analytik geworden. Weltweit wurden hochspezifische Reagenzien, Verfahren und Feingeräte entwickelt, die eine international einheitliche Expertise aller chemischen Verbindungen über alle Konzentrationsbereiche bis hin zur Spurenanalyse ermöglichen. Innerhalb des Prozesses werden die Summenformeln, detaillierte Strukturaufklärungen, die Stereochemie, die optische Aktivität, die biologischen, biochemischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften, die Stabilität im sauren und alkalischen Milieu, das Auffinden von unerwünschten Nebenreaktionen innerhalb eines Moleküls oder in Wechselwirkung mit einem oder mehreren Hilfsstoffen oder mit einem äußeren Medium, gegebenenfalls unter Bildung toxischer Verbindungen und Lösungsmittelrückständen und die Art und Konzentration von Fremd- und Schadstoffen ermittelt.

Methoden

Für diese Untersuchungen werden physikalische, chemische, biophysikalische, elektrochemische, chromatografische und spektroskopische Methoden von höchstem Standard eingesetzt.
Zu den physikalischen Prüfungen zählen beispielsweise die Prüfung des pH-Wertes und dessen Stabilität, die spezifische Dichte, der Brechungsindex und die optische Drehung. Zu den physikalischen Untersuchungsmethoden zählen die Atomspektrometrie und diverse Röntgentechniken, mit deren Hilfe präzise Aussagen über die vorhandenen Elemente und die genaue Struktur des Wirkstoffs erhalten werden. Für die chemisch- pharmazeutischen Prüfungen werden im Schwerpunkt moderne Chromatografiemethoden eingesetzt. Mit Hilfe der Gas-, Dünnschicht- und HPLC- Chromatografie werden der Gehalt, die Identität und die Reinheit aller beteiligten Komponenten ermittelt. Zudem werden die Gleichförmigkeit der Massen, die Konsistenz, die Freisetzungsrate und der Zerfall und die Resistenz unter den verschiedensten Bedingungen untersucht. Werden toxische oder unerwünschte Verbindungen, Zersetzungsprodukte, Elemente oder Lösungsmittelreste nachgewiesen, müssen alle vorgängigen Schritte innerhalb der Forschung überprüft und gegebenenfalls neu konzipiert werden. Es ist auch wichtig, dass lokal bedingte unerwünschte Interaktionen innerhalb der jeweiligen Fertigungsstätten erkannt und abgestellt werden. Zur Minimierung der Gefahrenquellen erfolgen deshalb in pharmazeutischen Betrieben seit Jahren die Synthese und die Fertigstellung in getrennten Gebäuden und unter hohen Sicherheitsauflagen.

Die medizinisch-chemische Analytik

Zu den Aufgaben der pharmazeutisch-instrumentellen Analytik zählen auch Teilgebiete der medizinisch-chemischen Prüfung. Dazu gehören spezifische toxikologische Untersuchungen, die Gefahrstoff- und Umweltanalytik, das Auffinden unerwünschter Reaktionen oder Wechselwirkungen zwischen Wirkstoffen und Hilfsstoffen bei der Herstellung von Impfstoffen und anderen Darreichungsformen.

Ein weiteres wichtiges Gebiet ist die Metabolitenanalytik: die Wirkstoffe werden im Organismus enzymatisch zu anderen Verbindungen umgewandelt. Diese Verbindungen nennt man Metaboliten. Manchmal ist erst der gebildete Metabolit der eigentliche Wirkstoff. Metaboliten können bessere Eigenschaften als der Wirkstoff besitzen und somit eine bessere Ausscheidung oder eine geringere Toxizität bedingen. Sie müssen deshalb ebenso im Hinblick auf Struktur und Menge präzise abgeklärt werden.

Blutprodukte, gentechnisch hergestellte Arzneimittel, Zytostatika zur Behandlung von Krebs, Steroide und radioaktive Produkte für die Diagnostik unterliegen gesonderten gesetzlichen Prüfauflagen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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