Bertolt Brecht

Lebensgeschichte und literarisches Schaffen

BERTOLT BRECHT (eigentlich EUGEN BERTHOLT BRECHT) wurde am 10. Februar 1898 als Sohn des kaufmännischen Angestellten BERTOLT BRECHT und dessen Frau SOPHIE, geb. BREZING, in Augsburg geboren.

Erste Publikationen erschienen von BRECHT 1913 in der Schülerzeitschrift „Die Ernte“. Ab 1914 wurden Gedichte, Erzählungen, Rezensionen und Aufsätze im „Erzähler“, der literarischen Beilage der „Augsburger Neuesten Nachrichten“ und in der Münchner-Augsburger-Abendzeitung“ veröffentlicht.

Im Jahre 1916 machte BRECHT die Bekanntschaft mit PAULA BANHOLZER und heiratete sie. Mit ihr hatte er einen Sohn, aber die Ehe hielt nicht lange.
Wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges legte BRECHT im Jahre 1917 ein Notabitur ab und wurde noch im selben Jahr an der Universität München immatrikuliert, um Medizin und Naturwissenschaften zu studieren. Allerdings studierte er nie ernsthaft, vielmehr wollte er literarisch arbeiten.
Im Oktober 1918 wurde er als Lazarettsoldat eingezogen. Nur wenig später, im November, wurde er Mitglied des Augsburger Arbeiter- und Soldatenrates.

1922 fand die Uraufführung seines kritisch-engagierten, linksorientierten Stückes „Trommeln in der Nacht" in München statt und die Buchausgabe seines ersten Dramas „Baal“ erschien. Letzteres lag bereits zwei Jahre vor, wurde aber vom Verlag nicht gedruckt, weil ein Verbot befürchtet wurde. Während der Uraufführung der Komödie „Trommeln in der Nacht“ lernte BRECHT HELENE WEIGEL kennen.

Am 3. November 1922 heiratete BRECHT die Opernsängerin MARIANNE ZOFF. Eine Tochter wurde geboren. 1924 siedelte er nach Berlin über, wo er zusammen mit CARL ZUCKMAYER als Dramaturg für MAX REINHARDT am „Deutschen Theater“ arbeitete. Auch andere Bekanntschaften und Freundschaften nahmen in Berlin ihren Anfang, so mit dem Theaterautor ARNOLT BRONNEN, dem Autorkollegen LION FEUCHTWANGER, der lebenslangen Mitarbeiterin ELISABETH HAUPTMANN oder dem Komponisten KURT WEILL.
Ab dem Jahre 1926 wandte sich BRECHT verstärkt dem Marxismus zu. Er war auf der Suche nach einer Theorie, die das Verständnis an der Gesellschaft und der Kritik an ihr begründen sollte. In sogenannten Lehrstücken erläuterte er auf der Grundlage des Marxismus die in Deutschland herrschenden Missstände. Er sympathisierte zwar mit den revolutionären Zielen der Kommunisten und stand in Kontakt mit bedeutenden sozialistischen Theoretikern, Intellektuellen und Künstlern, trat aber Zeit seines Lebens nie in die kommunistische Partei ein.
Am 3. November 1926 wurde der Sohn von BRECHT und WEIGEL geboren. Ein Jahr später erfolgte die Scheidung von seiner Frau. So hatte er im Alter von 28 Jahren drei Kinder von drei verschiedenen Frauen: FRANK mit PAULA BANHOLZER, HANNE mit MARIANNE ZOFF und STEFAN mit HELENE WEIGEL.

Mit großem Erfolg wurde 1928 die mit KURT WEILL bearbeitete „Beggar´s Opera“ als „Dreigroschenoper“ im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin uraufgeführt. Die „Dreigroschenoper“, die BRECHT zu großer Anerkennung verhalf, wird als erstes Stück einer als „episches Theater“ bezeichneten, von BRECHT als Gegenstück zum klassischen aristotelischen Drama neu entwickelten Theaterform angesehen. BRECHT strebte nicht mehr die völlige Identifikation des Zuschauers mit den Helden seiner Stücke, sondern eine kritische Distanz an. Dies versuchte er durch einen Verfremdungseffekt („V-Effekt“) zu erreichen (z. B. durch Aneinanderreihung von Bildern anstelle einer geschlossenen Entwicklungshandlung oder durch Anreden der Schauspieler an das Publikum).
1929, am 10. April, heiratete er HELENE WEIGEL. Eine Tochter wurde 1929 als zweites Kind geboren.

Die 1930 in Leipzig uraufgeführte Oper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ wurde zu einem Theaterskandal. Im selben Jahr wurde der Film „Die Dreigroschenoper“ gezeigt. BRECHT arbeitete bereits am Drehbuch für den, die Probleme des Proletariats zeigenden Film „Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt?“. 1932 verbot die Filmprüfstelle Berlin diesen Film wegen kommunistischer Agitation. Nach großen öffentlichen Protesten kam es aber im selben Jahr zur Uraufführung einer abgeänderten Fassung.

Einen Tag nach dem Reichstagsbrand, am 28. Februar, 1933 verließ BRECHT zusammen mit seiner Familie Deutschland, um ins Exil zu gehen. Er emigrierte über Prag und Wien in die Schweiz und später nach Dänemark.
In dieser Zeit wurde BRECHT zu einem wichtigen Autor von sozialistischer, aber gleichzeitig experimenteller Exilliteratur. Den sozialistischen Realismus lehnte er als Einschränkung seiner literarischen Möglichkeiten ab. In seiner Zeit im Exil entstanden viele, dem antifaschistischen Kampf gewidmete Gedichte. Eine enge Zusammenarbeit ergab sich mit HANNS EISLER und WALTER BENJAMIN.
1935 wurde BRECHT die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Er nahm am Ersten Internationalen Schriftstellerkongress in Paris teil.
Am 16. Oktober 1937 wurde die Erzählung „Die Gewehre der Frau Carrar“, mit HELENE WEIGEL in der Hauptrolle, uraufgeführt.
In den Jahren 1939 bis 1941 war die Familie ständig auf der Flucht. Wegen der drohenden Kriegsgefahr verließ sie erst Dänemark Richtung Schweden und als auch Schweden nicht mehr sicher war, emigrierte sie über Finnland in die USA. Dort traf BRECHT mit vielen emigrierten Intellektuellen zusammen. Er wurde Mitglied beim „Council for a Democratic Germany“. 1943 fiel sein Sohn aus erster Ehe als deutscher Soldat an der Ostfront.

1945 änderte BRECHT die Konzeption für sein Werk „Galileo Galilei“. Ursache dafür war der Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki durch die USA. Es war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass er die Konzeption änderte. In der ersten, der dänischen Fassung, stellte Galilei den unabhängigen Wissenschaftler dar, in der zweiten, der amerikanischen Fassung, wird sein Forschertum durch politisches Versagen zu einem rücksichtslosen Laster und in der dritten, der Berliner Fassung von 1956, beklagt Galilei seine Verantwortungslosigkeit.

Nach der Uraufführung im amerikanischen Beverly Hills erhielt BRECHT eine Vorladung vor das Komitee für unamerikanische Tätigkeit in Washington. Kurz danach verließ er Amerika und kehrte in die Schweiz zurück. In Zürich wurde am 11. Januar 1949 die Antikriegsdichtung „Mutter Courage und ihre Kinder“ uraufgeführt. Wieder spielte HELENE WEIGEL die Hauptrolle. Im selben Jahr erfolgte die Übersiedlung nach Ost-Berlin, wo bereits am 12. November das „Berliner Ensemble“ mit der Aufführung von „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ seine Arbeit begann. BRECHT leitete als erster die künstlerische Arbeit des „Berliner Ensembles“, das er 1949 gründete und das noch heute im „Theater am Schiffbauerdamm“ residiert, das BRECHT 1954 als eigenes Schauspielhaus erhielt.

audio

Zu den beeindruckendsten kleinen Werken seiner Buckower Zeit gehört „Der Rauch“ (Audio 1). Dieses Gedicht aus den „Buckower Elegien“ hat einen profanen Hintergrund: Der Rauch war ein Signal: Er zeigte die Anwesenheit der Schauspielerin KÄTHE REICHEL an, die damals in einem kleinen Haus am See in Buckow wohnte.

1950 nahm BRECHT an der Gründung der Deutschen Akademie der Künste teil und wurde 1954 ihr Vizepräsident. 1956 nahm er am VI. Deutschen Schriftstellerkongress teil und starb im August im Alter von nur 58 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes. Noch auf dem Totenbett diktierte er:

„Schreiben Sie, dass ich unbequem war und es auch nach meinem Tod zu bleiben gedenke."

BRECHT wurde eine Vielzahl von Preisen verliehen, so u. a.:

  • der Kleist-Preis (1922, für „Trommeln in der Nacht“),
  • der Nationalpreis der DDR I. Klasse (1951) und
  • der Stalin-Preis für Frieden und Verständigung zwischen den Völkern (1954).

Werke (Auszug)

  • Baal (1919, Dramatische Biografie)
  • Trommeln in der Nacht (1919, Komödie)
  • Im Dickicht (1921, Stück)
  • Leben Eduards des Zweiten in England (1923, Historie)
  • Berlin Mann ist Mann (1924–1926, Lustspiel)
  • Bertolt Brechts Hauspostille (1927, Gedichte)
  • Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (1928, Oper)
  • Die Dreigroschenoper (1928)
  • Der Flug der Lindberghs (1929, Radiolehrstück)
  • Das Badener Lehrstück vom Einverständnis (1929, Lehrstück)
  • Der Jasager und der Neinsager (1930, Schuloper)
  • Die heilige Johanna der Schlachthöfe (1930, Stück)
  • Die Ausnahme und die Regel (1930, Lehrstück)
  • Die Maßnahme (1930, Lehrstück)
  • Aus dem Lesebuch für Städtebewohner (1930, Lyrikzyklus)
  • Geschichten vom Herrn Keuner (1930–1956, Parabeln)
  • Die Mutter (1932, Stück)
  • Die drei Soldaten (1932, Kinderbuch)
  • Dreigroschenroman (1934, Roman)
  • Furcht und Elend des Dritten Reiches (1934–1938, Stück)
  • Die Gewehre der Frau Carrar (1938, Stück)
  • Das Leben des Galilei (1938, Stück, erste Fassung)
  • Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar (1938, Roman)
  • Der gute Mensch von Sezuan (1938–1941, Stück)
  • Mutter Courage und ihre Kinder (1939, Drama)
  • Herr Puntila und sein Knecht Matti (1941, Volksstück)
  • Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui (1941, Stück)
  • Der kaukasische Kreidekreis (1944–1945, Stück)
  • Antigone des Sophokles (1947, Tragödie)
  • Kalendergeschichten (1949)
  • Die Tage der Commune (1949, Stück)
  • Die Verurteilung des Lukullus (1950, Oper)
  • Der Hofmeister (1951, Komödie nach LENZ)
  • Turandot (1953, Fragment)
  • Buckower Elegien (1953, Elegien)
  • Gesamtausgabe der „Stücke“ in zwölf Bänden (1953–1959, posthum)
  • Arbeitsjournal 1938–1955 (1973, posthum)
  • Tagebücher 1920–1922 (1975, posthum)
  • Briefe (1981, posthum)
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