LORD BYRON galt als ebenso charmante wie zwiespältige Persönlichkeit. Er vereinte in sich hingebungsvolle Liebe und ausschweifende Sinnlichkeit, die Pose des Weltschmerzes und echt empfundenes Leid, Begeisterungsfähigkeit und schroffe Ablehnung. BYRON verlor früh seinen Vater und wurde von seiner zu Hysterie neigenden Mutter erzogen. Im Jahr 1798 erbte er Titel und Vermögen seines Großonkels, die ihm eine Ausbildung in Harrow und Cambridge ermöglichten.
Schulden, seine Ehescheidung und das inzestuöse Verhältnis zu seiner Halbschwester führten dazu, dass BYRON von der englischen Gesellschaft geächtet wurde und sich ins Ausland zurückzog. 1816 reiste er zunächst in die Schweiz, wo er sich mit seinem Dichterkollegen PERCY BYSSHE SHELLEY befreundete, und dann weiter nach Italien. Von Ruhelosigkeit getrieben siedelte er nach einem längeren Aufenthalt in Ravenna (1819–1821) zu SHELLEY nach Pisa über. 1824 entschloss er sich zur Fahrt nach Griechenland, um die Griechen in ihrem Freiheitskampf gegen die Türken zu unterstützen. Jedoch starb er bereits kurz nach der Landung in Mesolongion an Fieber.
In BYRONs Dichtung spiegelt sich sein bewegtes Leben. Nach weniger erfolgreichen Frühwerken schrieb er 1812 die beiden ersten Cantos von „Childe Harold's Pilgrimage“ (dt.; „Junker Harolds Pilgerreise“), die ihn über Nacht berühmt machten. Darin verarbeitete er die Eindrücke seiner 1809 –1811 unternommenen Mittelmeer- und Orientreise. In rascher Folge veröffentlichte er mehrere romantische Verserzählungen aus dem Orient, unter anderem „The Giauor“ (1813, dt. „Der Giaur“, siehe PDF "George Gordon Byron – Der Giaur"), „The Corsair“ (1814) und „Lara“ (1814). Trotz ihrer oft laxen Formung war den Gedichten dank der sprachlichen Virtuosität und exotischen Thematik ein großer Erfolg beschieden.
Seine großen Werke schuf BYRON während seines Italien-Aufenthalts. Dazu zählen:
LORD BYRON verkörpert selbst den Prototyp des lebenshungrigen, abenteuerlustigen, amoralischen byronschen Helden, den er im dramatischen Gedicht „Manfred“ und im Versepos „Childe Harold's Pilgrimage“ entwarf. Sein Versroman „Don Juan“ (1819–1824) stellt die bürgerliche Vorstellung einer Liebesehe, die sich seit Mitte des 18. Jahrhunderts durchsetzte, als Quelle unablässiger Enttäuschungen dar. BYRON, der sein Außenseitertum effektvoll zu inszenieren wusste, wurde zu einer Kultfigur. Seine erotischen Eskapaden und sein politischer Radikalismus fesselten das sensationslüsterne Publikum durch den Reiz des Verbotenen.
BYRONs Werk war zwar, wie sich an den Tragödien „The Two Foscari“ (1821), „Marino Faliero“ (1821) und „Sardanapalus“ (1821) zeigen lässt, noch vom Klassizismus beeinflusst, zählt aber zu wichtigsten Beiträgen der englischen Romantik.
Seine Dichtung hinterließ auch eine nachhaltige Wirkung auf die europäische Literatur. Französische, deutsche und russische Lyriker, Komponisten und Philosophen fühlten sich von ihm inspiriert, darunter auch GOETHE und ROBERT SCHUMANN. BYRON war in Deutschland sogar lange Zeit der nach SHAKESPEARE berühmteste englische Dichter. GOETHE hat ihm im zweiten Teil des „Faust“ (1832) in der Gestalt des Euphorion ein Denkmal gesetzt.
BYRONs Leben und Werk war Vorbild für den Byronismus, einer nach ihm benannten Stil- und Lebenshaltung, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufkam. Das Leben und Dichten der Byroniden war gekennzeichnet durch die demonstrative Betonung der Kulturmüdigkeit und des Lebensüberdrusses. Der schrankenlose Individualismus wurde verherrlicht; und man gab sich stolz der Heimatlosigkeit und Einsamkeit hin.
Stand: 2010
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