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Merseburger Zaubersprüche

Die „Merseburger Zaubersprüche“ wurden im zehnten Jahrhundert niedergeschrieben. Sie sind die bis heute weltweit einzigen bekannten Schriftstücke heidnischen Inhalts, die unverändert in althochdeutscher Sprache vorliegen.

Sie wurden erst 1841 in einer theologischen Sammelschrift des 9./10. Jahrhunderts entdeckt, und zwar von dem Historiker DR. GEORG WAITZ in der Bibliothek des Merseburger Domkapitels.

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Herkunft und historische Einordnung

Die Herkunft der Merseburger Sprüche ist unbekannt. Dr. WAITZ legte das wertvolle Dokument JAKOB GRIMM, einem der Begründer der Germanistik, vor. Dieser bewertete und würdigte die Zaubersprüche 1842 vor der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin mit den Worten:

„Gelegen zwischen Leipzig, Halle, Jena ist die reichhaltige Bibliothek des Domkapitels zu Merseburg von Gelehrten oft besucht und genutzt worden. Alle sind an einem Codex vorbeigegangen, der ihnen, falls sie ihn näher zu Hand nahmen, nur bekannte kirchliche Stücke zu gewähren schien, jetzt aber, nach seinem ganzen Inhalt gewürdigt, ein Kleinod bilden wird, welchem die berühmten Bibliotheken nichts an die Seite zu setzen haben ...“

Damit wurden die zwei Sprüche oder Gedichte aus der Zeit des deutschen Heidentums schlagartig unter den Wissenschaftlern in aller Welt als „Merseburger Zaubersprüche“ bekannt.
Eine Kopie der „Merseburger Zaubersprüche“ ist in der Vorhalle des Merseburger Doms ausgestellt.

Text und Übersetzung

Der erste Spruch beinhaltet die Befreiung von Gefangenen und der zweite Spruch die Heilung eines Pferdes durch germanische Götter.

1. Beim ersten Spruch ist von Idisen (Kriegsgöttinnen, Walküren) die Rede, die sich auf dem Schlachtfeld niederließen und aufgrund ihrer besonderen Bestimmungen in das Kampfgeschehen eingriffen: Manche knüpften Fesseln (halfen, Feinde gefangen zu nehmen), andere hinderten das feindliche Heer am siegreichen Vordringen, und eine dritte Gruppe half gefangenen Kriegern, sich aus der Gefangenschaft zu befreien. Und so lautet der eigentliche Zauberspruch: Entspring den Haftbanden, entfahr den Feinden!

Althochdeutsch:

Eiris sâzun idisi,
sâzun hêra duoder.
Suma hapt heptidum, suma
heri lezidun,
suma clûbôdun
umbi cuoniouuidi:
insprinc haptbandum,
inuar uîgandun !

Übersetzung:

Einst setzten sich Idisen,
setzten sich hierher...
Manche hefteten Haft, manche
hemmten das Heer.
Einige zerrten
an den Fesseln.
Entspring den Haftbanden,
entfahr den Feinden !

2. Der zweite Zauberspruch berichtet zunächst, dass eine Gruppe von Göttern, darunter der Sonnengott Balder (Phol) und der oberste der Götter, Wodan, durchs Holz (durch den Wald) ritten. Da stolperte Balders Pferd und verrenkte (oder brach?) sich den Fuß. Schließlich gelang es Wodan (er allein konnte das!), den Schaden durch Besprechen zu heilen: So Knochenverrenkung, wie Blutverrenkung, wie Gliedverrenkung: Bein (Knochen) zu Bein, Blut zu Blut, Glied zu Gliedern, als ob geleimt sie seien!

Althochdeutsch:

Phol ende Uuôdan uuorun zi
holza.
Dû uuart demo Balderes uolon
sîn uuoz birenkit.
Thû biguol en Sinthgunt,
Sunna era suister,
thû biguol en Frîia,
Uolla era suister;
thû biguol en Uuôdan sô
hê uuola conda:
sôse bênrenkî, sôse
blutrenkî,
sôse lidirenkî: bên zi bêna,
bluot zi bluoda,
lid zi geliden, sôse
gelimida sin !

Übersetzung:

Phol und Wodan ritten ins
Holz.
Da ward dem Fohlen Balders
der Fuß verrenkt.
Da besprach ihn Sinthgunt
(und) Sunna, ihre Schwester.
Da besprach ihn Frija (und)
Volla, ihre Schwester.
Da besprach ihn Wodan, wie
(nur) er es verstand:
So Knochenrenke wie
Blutrenke
Wie Gliedrenke: Bein zu Bein,
Blut zu Blut,
Glied zu Gliedern, als ob
geleimt sie seien !

  • BWS-DEU2-0878-01.pdf (178.97 KB)
Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Merseburger Zaubersprüche." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/merseburger-zaubersprueche (Abgerufen: 08. June 2025, 14:36 UTC)

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Arten althochdeutscher Dichtung

Die althochdeutschen Schriften waren vor allem für die Menschen des Mittelalters bestimmt, die des Lateinischen nicht mächtig waren. Literatur wurde damals in erster Linie mündlich überliefert und konnte durch Vorlesen auch den Analphabeten mitgeteilt werden. So beruht der niedersächsische, zur Christianisierung der Sachsen eingesetzte, „Heliand“ sowohl auf alten germanischen Heldenvorstellungen, als auch auf der Geschichte des Heilands im Neuen Testament.

Die Periode althochdeutscher Dichtung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Stabreim als dominantes Versmaß allmählich durch den im Latein üblichen Endreim abgelöst wurde.

Der Abrogans

Das älteste deutsche Buch überhaupt ist der „Abrogans“, ein Glossar (Wörterverzeichnis, zumeist mit Erklärungen).
Es wurde in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, ungefähr um 750 in Freising (oder auch Salzburg) glossiert und umfasst etwa 3 670 volkssprachliche Wörter.

Heldendichtungen

In der Vor- und Frühgeschichte war das Heldenlied eine episch-balladeske mündlich vorgetragene Dichtung, die mit der Verschriftlichung der Literatur als kleinere Form der Heldendichtung weiter besteht und Episoden aus dem Leben der Heldengestalten erzählt. Die Verfasser der Heldendichtungen blieben zumeist anonym.

Die älteste bekannte Heldendichtung ist das „Gilgamesch-Epos“. Innerhalb der deutschen Dichtung kennen wir die Heldendichtungen um DIETRICH VON BERN, u.a.:

  • das „Hildebrandslied“,
  • das „Nibelungenlied“,
  • das „Kudrun-Lied“ oder
  • das „Eckenlied“.

Benrather Linie

Die zweite oder hochdeutsche Lautverschiebung unterscheidet vor allem die hochdeutschen Mundarten von den anderen germanischen Sprachen. Sie begann etwa 500 n.Chr. in den Alpen und breitete sich mit unregelmäßiger Konsequenz bis in den Norden aus. An einer Linie, die von Aachen über Düsseldorf, Kassel, Aschersleben, die Saalemündung, Wittenberg, Doberlug, Lübben nach Frankfurt an der Oder führt, verebbte diese sprachliche Bewegung.

Da sie bei Benrath (nahe Düsseldorf) den Rhein quert, wird sie „Benrather Linie“ genannt.
Sie ist die Hauptlinie der Lautveränderung, die den deutschen Sprachraum teilte: Nördlich dieser Linie wird Niederdeutsch (bzw. wurde Altsächsisch) gesprochen, südlich davon Hochdeutsch (bzw. Althochdeutsch). Der charakteristischen Lautverschiebung k > ch nach wird die Benrather Linie auch als „maken-machen-Linie“ bezeichnet. Die im hochdeutschen Sprachraum vollzogene Konsonantenverschiebung ist die tiefgreifendste Veränderung in der Geschichte der deutschen Sprache. Sie führte zur Herausbildung der verschiedenen deutschen Mundarten wie Friesisch, Fränkisch, Schwäbisch, Bairisch, Alemannisch.

Althochdeutsche Dichtungen

Althochdeutsche Texte waren nur zum Teil schöngeistiger Art. Es waren

  • Zaubersprüche,
  • Gebete,
  • Segenssprüche,
  • Übersetzungen von Teilen der Bibel,
  • aber auch Heldenlieder und Preisgedichte.

Einige dieser Texte können hier im Original und in einer Übersetzung gelesen werden.

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