Oskar Maria Graf

Lebensgeschichte

OSKAR MARIA GRAF wurde am 22.07.1894 als neuntes Kind des Bäckermeisters MAX GRAF und der Bauerntochter THERESE, geb. HEIMRATH in Berg (Landkreis Starnberg) geboren. 1906 starb der Vater, OSKAR musste nun beim Bruder Max in der väterlichen Bäckerei arbeiten. 1911 gelang es ihm, sich nach München abzusetzen. Er hoffte dort auf ein Dasein als Dichter, fand Eingang in die Schwabinger Bohème und einen anarchistischen Kreis um GUSTAV LANDAUER, FRANZ JUNG und ERNST TOLLER. In München hielten sich damals viele später weltberühmt gewordene Schriftsteller und Maler auf: BERTOLT BRECHT, RAINER MARIA RILKE, THOMAS MANN, LION FEUCHTWANGER WASSILY KANDINSKY, PAUL KLEE und WALTER GROPIUS.

Im Dezember 1914 wurde GRAF zum Kriegsdienst eingezogen. Hier nahm er von Anfang an eine zutiefst pazifistische Haltung ein. Nach erfolgreicher Befehlsverweigerung wurde er zunächst in eine Anstalt überwiesen und 1916 aus dem Militärdienst entlassen. OSKAR MARIA GRAF gehörte während der Novemberrevolution und der Münchener Räterepublik zur Münchener Gruppe um KURT EISNER(1867–1919), vom 14.–26. Mai 1919 wurde er vorübergehend verhaftet.
Seit 1920 lebte er als freier Schriftsteller in München und arbeitete als Dramaturg am Arbeitertheater „Die neue Bühne“. Mit seinem autobiographischen Roman „Wir sind Gefangene“. Ein Bekenntnis aus diesem Jahrzehnt“ (1927), in dem sich GRAF mit dem Scheitern der Revolution in München und dem Aufkommen der Nationalsozialisten gleichermaßen kritisch auseinandersetzt, gelang ihm der literarische Durchbruch.

Am 17.2.1933, anlässlich einer Vortragsreise nach Wien, emigrierte der Schriftsteller aus dem nationalsozialistischen Deutschland.

Sein Protestbrief „Verbrennt mich!“, den er in der „Wiener Arbeiter-Zeitung“ veröffentlichte und mit dem er gegen die Vereinnahmung der meisten seiner Bücher als „bodenständige“ Literatur protestierte, erregte Aufsehen. BERTOLT BRECHT schrieb darauf hin sein Gedicht „Die Bücherverbrennung“.

Mit seiner Ausreise gehörte GRAF zu den ersten der vielen Literaten, Künstler und Wissenschaftler, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 Deutschland verließen.
In der Tschechoslowakei gab er gemeinsam mit ANNA SEGHERS und WIELAND HERZFELDE die Prager „Neuen Deutschen Blätter“ heraus. 1934 nahm GRAF am I. Unionskongress der Sowjetschriftsteller teil. In seinem Fragment gebliebenen Buch „Reise in die Sowjetunion“ (entst. 1934, veröff. posthum 1974) beschreibt er die sich daran anschließende Reise durch das Land.

1938 war GRAF Delegierter der deutschen Gruppe beim P.E.N.-Club-Kongress in Prag. Mitte Juli floh er vor den Nazis nach New York. Dort war er u. a. Präsident der „German American Writers Association“ (bis 1940).
GRAF nahm 1958 die USA-Staatsbürgerschaft an. Das Verhältnis zwischen den Literaten, die ins Exil gegangen waren, und denen, die in innerer Emigration das Ende der Diktatur abgewartet oder gar kollaboriert hatten, war nach Kriegsende über Jahre belastet. THOMAS MANN stellte 1945 fest, „dass der Emigrant in Deutschland wenig gilt“. Und doch wäre GRAF gerne heimgekehrt, ihm fehlte jedoch bis 1958 das Re-enter-Permit (Wiedereinreiseerlaubnis) in die USA. 1960 erhielt der Autor die Ehrendoktorwürde von der Wayne State University Of Detroit. Im selben Jahr unternahm er den zweiten von vier Deutschlandbesuchen. GRAF starb am 28.06. 1967 in New York. Seine Urne wurde auf dem Friedhof München-Bogenhausen beigesetzt.

Literarisches Werk

GRAF wird häufig als bayerischer Volks- oder Heimatschriftsteller bezeichnet. Dies trifft in Bezug auf seine Themen zwar zu, ist aber im Hinblick auf den politischen und sozialkritischen Gehalt seiner Werke unangemessen, zumal sich der Autor selbst gegen seine Bajuwarisierung wehrte. „Mit der Literatur hab' ich's nicht“, äußerte der Autor einmal. Damit wollte er sich abheben von Überhöhung und „Literarisierung“ seiner Werke.

Den frühen Gedichten „Die Revolutionäre“ (1918) folgten das autobiografische Zeitdokument „Wir sind Gefangene“ (1927) und sozialkritische Novellen und Romane („Die Chronik von Flechting“, Roman, 1925; „Das bayerische Dekameron“, Erzählung, 1928; „Die Heimsuchung“, Roman, 1928; „Bolwieser“, Roman, 1931, 1964 unter dem Titel „Die Ehe des Herrn Bolwieser“; „Der Abgrund“, Roman, 1936; „Der große Bauernspiegel“, Erzählung, 1962).

GRAFs Erzählweise ist volkstümlich-realistisch, mitunter derb-humorvoll; seine Geschichten werden zumeist aus einer Perspektive „von unten“ her aufgerollt. Oft greift er unter Zuhilfenahme seiner Autobiografie die Problematik des werdenden Künstlers wie die Sensibilität sogenannter „einfacher Leute“ auf.

Zu seinem eigentlichen Stoff fand er in Dorf- und Kleinstadtromanen. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges entstand der utopische Roman „Die Eroberung der Welt“ (1949, 1959 unter dem Titel „Die Erben des Untergangs“). Zu seinen berühmtesten Werken gehören die im Exil entstandenen Romane „Das Leben meiner Mutter“, „Der Abgrund“ und „Unruhe um einen Friedfertigen“.

Werke (Auswahl)

  • „Die Revolutionäre“, Gedichtband, (1918)
  • „Die Chronik von Flechting“ (1925)
  • „Wunderbare Menschen. Heitere Chronik einer Arbeiterbühne nebst meinen drolligen und traurigen Erlebnissen dortselbst“ (1927)
  • „Bolwieser“ (1928)
  • „Bayrisches Lesebücherl. Weißblaue Kulturbilder“ (1924)
  • „Das bayrische Dekameron“ (1928)
  • „Kalendergeschichten“ (1929)
  • „Das Leben meiner Mutter“ (1940)
  • „Gelächter von außen. Aus meinem Leben 1918–1933“ (1966)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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